Für eine heiße Schokolade durch den Golden Gate Park

von Sven Weidner für tri2b.com | 09.01.2018 um 17:14
Manchmal frage ich mich tatsächlich, was nur mit mir los ist!? Letzten Sonntag und Montag erst habe ich unglaublich gelitten und diesen Sonntag stehe ich schon wieder an der Startlinie eines 15 km-Laufs durch den Golden Gate Park. Letzten Sonntag war ich auf der Jagd nach einer äußerst kitschigen Gürtelschnalle und heute war es doch tatsächlich eine Finishermedaille in Form einer Schokolade gepaart mit einer heißen Schokolade im Ziel. Passend zu dieser trägt der Lauf auch den Namen „Hot Chocolate Run“.

Doch fangen wir zu Beginn der Woche an. Nach dem 24-Stunden-Lauf waren meine Beine total geschrottet, so dass der 10-15-minütige Fußmarsch zur Arbeit mehr weh tat als die meisten 5 km-Läufe in meinem Leben. Das hat mich aber nicht abgehalten schon am Dienstag wieder fleißig Kilometer auf dem Fahrradergometer zu sammeln, auch wenn der realisierte Widerstand gegen Leerlauf ging :D Naja was soll’s ... den Beinen tat es mehr als gut, sodass ich Freitag schon wieder normal gehen konnte. 

 

10.000 Starter auf der Jagd nach Süßem

 

Da der Hot Chocolate Run eine relativ große Veranstaltung mit ca. 10.000 Startern über 5 und 15 km ist, mussten die Startunterlagen auf der Runner’s Expo im Süden der Stadt abgeholt werden. Natürlich geht der Amerikaner hier davon aus, dass jeder Mensch ein Auto besitzt und hat deshalb einen Ort gewählt hat, der mit den Oeffis gelinde gesagt bescheiden zu erreichen ist. 

Naja sei’s drum, so erwander’ ich mir am Samstag halt meinen Prep-Lauf -  habe ich mir gedacht. Nach ca. 90 min. zu Fuß und via BART habe ich dann mein Goodie Bag samt Startnummer in der Hand gehabt. Auf der Expo waren dann auch jede Menge free samples, so dass ich schon mal testen konnte welche Leckereien mich denn morgen im Ziel erwarten. Hier habe ich dann auch so richtig zu gelangt und wahrscheinlich den Zuckerbedarf für zwei Wochen gedeckt. Zum Glück habe ich mir gedacht, dass ich ja eh nur locker die Medaille samt Snacks erlaufe morgen. Als ich am späten Nachmittag meine Wohnung erreicht habe, war ich dann auch ziemlich platt, doch an Schlaf war leider noch nicht zu denken, da wir einen Spieleabend vom Laborteam geplant hatten. Hier habe ich dann auch ein oder zwei belgische Bierchen getrunken und als ich um halb Zwei ins Bettchen bin, war ich eher genervt, dass ich nicht ausschlafen kann, als das dies keine optimale Vorbereitung auf einen Lauf war. Es geht ja um nix...oder doch? 

Das Aufstehen war eine richtige Qual heute Morgen, aber bezahlt ist bezahlt. Es ging nach einem kurzen Frühstück mal wieder mit dem Bus durch die halbe Stadt zum Start. Hier konnte ich mich dann auch direkt warmlaufen, da ich mal wieder getrödelt hatte. Herzlichen Glückwunsch Sven... So wirklich toll hat sich das alles leider nicht angefühlt. Ich habe mich dann wieder und wieder damit beruhigt, dass es heute um nichts geht und einfach den Tag genießen sollte. Im Startbereich dann die ersten angenehmen Überraschungen: a) der Golden Gate Park ist definitiv hübscher als gedacht b) eine Stadt aus Dixietoiletten. Ich glaube ich habe noch nie so stressfrei mehr als einmal vor einem Rennen das stille Örtchen aufsuchen können. Hier könnten sich einige deutsche Rennen mal eine Scheibe abschneiden (ich denke da z.B. an den Berlin Marathon, für den man eine enorme Summe bezahlt und im Endeffekt nichts an Leistung bekommt...). Ich war ca. 50 min. vor meinem Start da, also habe ich mich entschlossen den 5 km-Läufern bei ihrem Start zuzuschauen. Als diese dann unterwegs waren ging es zum Zelt, um meine Bekleidung abzugeben. Noch 20 min. bis zum Start. Okay jetzt aber flott zum Start bevor das ganz große Gedränge beginnt. Aaaaaaa sind die Beine schwer und dazu drückt die linke Wade ganz schön...war das wirklich eine gute Idee???

 

Bekannt wie ein "bunter Hund"

 

Dann die Überraschung und zwar eine nach der Anderen: Ich bin in der ersten Startgruppe und darf von ganz vorne starten... Verdammt das sieht jetzt ja blöd aus, wenn ich dann den sterbenden Schwan mache und im Schritttempo durch die Gegend schleiche. Dann viel mir plötzlich auf, dass so viel Platz war, dass ich hätte umfallen können, ohne auch nur im geringsten Gefahr zu laufen irgendjemand zu touchieren. Das nenne ich doch auch mal eine angenehme Orga. Darüber hinaus haben die Amerikaner nicht die nervigste aller deutschen Läufereigenschaften...na wer errät es? Richtig, dass der langsamste Opa und das kleinste Kind in die erste Startreihe muss, um auf das Zeitungsfoto zu kommen. Hier stellt sich der nach vorne, der auch wirklich schnell laufen möchte! Und ich war mittendrin :D Allerdings kam dann wohl die größte Überraschung des Tages...Auf einmal werde ich von hinten angetickt und noch während ich mich umdrehte kam die Frage: „Bist du Deutscher?“. Okay habe ich mir gedacht, mein Hintermann hat wohl die Werbung auf dem Teamsuit gelesen. Als er dann aber nachgelegt hat mit den Worten: „Hey, ich kenne doch dein Gesicht!“, war ich erst einmal völlig von der Rolle. Wie groß ist bitte die Wahrscheinlichkeit ca. 9000 km Luftlinie von zuhause erkannt zu werden? Und tatsächlich nach kurzem Gespräch hat sich herausgestellt, dass Hans-Christian und ich aus der gleichen Region Brandenburgs (so nebenbei das schönste Bundesland von allen) kommen und schon einige Male am gleichen Triathlon teilgenommen haben. Ein hoch auf die Kyritzer!

 

Eine 17er Angangszeit - 6 Tage nach dem 24-Stunden-Lauf

 

Dann war es soweit und der Startschuss ist gefallen. Ich habe gedacht erstmal schnell los und ein bisschen Luft verschaffen, um dann raus zu nehmen und das Ding so halbwegs zu genießen. Hat mal so gar nicht geklappt :D Denn als die 5 km-Marke erreicht war stand auf einmal eine 17:3X auf der Uhr und ich war an 15. Position. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir gerade den Park verlassen und sind auf den Grand Highway eingebogen. Besagter verläuft genau an dem Strand, welchen ich in meinem ersten Beitrag fotografiert habe. Mit anderen Worten man kann meilenweit sehen und was man sieht ist traumhaft! So habe ich mich direkt mal dran gemacht auf meine Vorderleute aufzulaufen. Aber zugegebenermaßen tat mir zu dem Zeitpunkt schon so alles weh. Aber egal einfach reinhängen und möglichst lange mitlaufen. Dies hat dann auch ganz gut geklappt bis etwa Kilometer 10,5, wo es zurück in den Park ging. Jetzt standen die beiden Höchstschwierigkeiten des Tages auf dem Plan (den ich mir glücklicherweise vorher nicht angeguckt habe). Hier musste ich dann leider reißen lassen. Aber mit dem Gedanken im Kopf, dass es gar nicht mehr so weit ins Ziel ist, war mir das eigentlich ziemlich egal. Die letzten 2 km waren die Beine schon ziemlich krumm vom Tempodrücken (oder dem Versuch davon). Dennoch hat die Kraft im Ziel noch für einen Sebastian Kienle-Gedenksprung gereicht, von dem ich euch hoffentlich ein Foto nachliefern kann J 

Doch erst jetzt sollte meine große Stunde kommen. Denn ein 14. Gesamtplatz plus Altersklassensieg in 55:55 min. über 15 km ist zwar ganz ordentlich, aber es war vermutlich niemand im 15 km-Feld schneller nach seinem Zieleinlauf am Finisher-Buffet, um sich seinen Süßigkeiten-Cup abzuholen. So kam es zu der kuriosen Szene, dass mir mehrfach zum Streckenrekord gratuliert wurde :D

Ich hoffe jetzt, dass Harald (bester Coach) jetzt nicht zu geschockt ist, nachdem er mir Samstag noch eine Mail geschrieben hat, dass ich ja hoffentlich noch ein paar Tage mit dem Lauftraining pausiere. Das mache ich jetzt wirklich! Ich schwöre! Mit den Worten und einem nahezu perfekten Renntag verabschiede ich mich jetzt in mein Bett!  Gute Nacht nach Deutschland.