Canyon Speedmax CF Di2: Innovative Profile und integrierte Geometrie für noch mehr Speed

von Stefan Drexl für tri2b.com | 10.09.2013 um 18:01
Seit dem Frühjahr 2013 liefert Canyon endlich seine neueste Kreation aus, das Speedmax CF. Mehrmals musste die Auslieferung aufgrund von Problemen in der Lieferkette verschoben werden. Doch all das ist vergessen, hat man die neue Zeitfahrmaschine aus der Koblenzer Bike-Schmiede endlich zwischen den Beinen. Schneller, leichter und steifer als sein Vorgänger soll es sein, besonders aber mit einer außergewöhnlichen Stabilität und vielseitiger Einstellbarkeit. An dem neuen Design hat ein 10-köpfiges Team vier Jahre gearbeitet, dass einzigartige Rohrformen mit einer integrativen, fast schon nahtlosen Rahmengeometrie kombiniert, wie es bisher nur selten an einem Zeitfahrrad zu sehen war.

Das neue Canyon Speedmax ist mit seinem Vorgänger einzig im Namen identisch. Es ist ein völlig neues Konzept, was man schon an der umfangreichen Verwendung der neu entwickelten, wie die Koblenzer es nennen, Trident Rohrprofile erkennt. Die neue Version soll dadurch selbst bei geringen Geschwindigkeiten kaum Luftwiderstand und Verwirbelungen erzeugen. Die Trident-Profile variieren ein wenig am gesamten Rahmen, je nach Bauteil, aber alle Rohre haben eine gewölbte Stirnseite, die dann in eine winkelförmige Schräge übergeht und an der Rückseite abgeschnitten ist. Canyon verwendet diese Formgebung an der Gabel, an Unter- und Sitzrohr, an der Sattelstütze und den Sitzstreben - also an den meisten vertikalen Elementen des Rahmens. 

Das Rahmenprofil – mehr Stabilität plus mehr Leistung


Canyon hat die Trident-Profile am Computer mit Hilfe der Computational Fluid Dynamics (CFD), einer etablierten Methode der numerischen Strömungsmechanik entwickelt und anschließend im Mercedes GP Windkanal in Silverstone zusammen mit den Aerodynamik-Spezialisten von Drag 2 Zero weiter ausgefeilt. Simon Smart von Drag 2 Zero war in den vergangenen Jahren an zahlreichen bedeutenden aerodynamischen Entwicklungen beteiligt, wie auch am Giant Trinity SL und einer Laufrad-Serie von Enve. Laut Canyon ist mit dem neuen Trident-Designs der Luftwiderstand noch einmal um bis zu 10% geringer, die Steifigkeit des Rahmen dabei aber um 20% erhöht und die Anfälligkeit auf Seitenwind im Vergleich zu tropfenförmigen Profilen deutlich niedriger. 

Das Trident-Profil hat auch eine relativ geringe Querschnittsfläche betrachtet man es von der Seite und dies, obwohl die Rohre im Grunde sehr tief sind. Jedoch sind sie längst nicht so tief, wie die vieler anderer Zeitfahrräder. Dadurch bleibt das Speedmax gerade bei starkem Seitenwind sehr stabil, wie die Koblenzer betonen. Für mehr Stabilität sorgen sicher auch die längeren Kettenstreben von 42 cm – im Vergleich 39cm beim Vorgängermodell. Aufgrund des geringeren Energieaufwands, um das Fahrrad bei Seitenwind zu kontrollieren, bleibt mehr Kraft, die für den Vortrieb genutzt werden kann. Und weil sämtliche Bauteile zudem ähnlich aufgebaut sind, hilft eine geringere Querschnittsfläche auch das Gewicht des Rahmens möglichst gering zu halten. 



Die Integration – Nahtlose Übergänge


Canyon hat sehr viel Zeit und Arbeit in den nahtlosen Übergang der verschiedenen Elemente ihres neuen Speedmax gesteckt, um den Luftwiderstand und Verwirbelungen weitestgehend zu minimieren. Es wurde eine Kraftersparnis von 21 Watt errechnet, wie die Messungen an einem Prototypen im Windtunnel bei 50 km/h ergaben. 
Ein entscheidendes Kernelement ist die Gestaltung des gesamten Vorderbaus mit Gabel, Lenker und Vorbau, der alleine schon 8 Watt einspart. Die Gabel ist über eine Strebe vor dem Steuerrohr mit dem Vorbau verbunden, der nahtlos auf dem Schaft sitzt und schließlich in einen aerodynamischen geformten Basislenker übergeht. Die Front des Speedmax wirkt wie aus einem Guss, vor allem die Version mit dem flachen Vorbau, der bündig in Verlängerung des Oberrohrs sitzt. Die von uns getestete Triathlon-Version hat den gekröpften Vorbau, der mehr Komfort bietet. 

Energiesparende Infrastruktur


Die Schaltzüge laufen aus den hinteren Enden des Aero-Aufsatzes und verschwinden dann unmittelbar unter der Lenkerkopfabdeckung wieder, von wo aus sie im Rahmeninnern zu Schaltung und Umwerfer geführt werden. Somit sind nur 12 cm Kabel außerhalb und dem Wind ausgesetzt, welche die Aerodynamik beeinflussen könnten. Das spart erneut 4 Watt gegenüber einer Außenverlegung. Das Speedmax CF gibt es ausschließlich mit der Shimano Di2 Gruppe, mit Ultegra oder Dura Ace Komponenten, und der Batterie im Inneren des Rahmens versteckt, damit die Kabel für sämtliche elektronischen Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Ebenso wie die gesamte Elektronik verlaufen die Bremszüge vollständig intern. 

Die von Canyon entwickelte vordere Mittelzugbremse ist 60 g leichter als herkömmliche Felgenbremsen. Sie ist in die Rückseite der Gabel integriert und durch eine eigene kleine Abdeckung geschützt. Nach Angaben von Canyon spart dies weitere 5 Watt. Die Hinterradbremse sitzt, wie schon oft gesehen, unmittelbar an der Unterseite hinter dem Tretlager und auch hier sorgt eine Abdeckung für weitere 4 Watt Energieersparnis. 

Mehr Steifigkeit bei weniger Gewicht


Canyon schätzt, dass besonders die winkeligen Ecken des Trident-Profils ihrem neuen Speedmax CF ungefähr 15% mehr Torsionssteifigkeit gegenüber dem Vorgängermodell verleihen. Der Rahmen selbst hat dadurch auch mit eine geringeren Oberfläche und eine wesentlich geringeres Gewicht. Während der Vorgängerrahmen noch 1550 g auf die Waage brachte, sind es bei dem neuen Modell nur 1280 g – eine Gewichtseinsparung von immerhin 17%. 

Geometrie und Passform


Das 2013er Speedmax gibt es in drei verschiedenen Größen, in S (53,9 cm Sitzrohr), M (56 cm) und L (58,1 cm) und jeweils mit 73,25/73,5 Grad Sitzwinkel. Damit bleibt es wohl ausschließlich den männlichen Triathleten vorbehalten und auf ein kleineres Damenmodell muss weiterhin gehofft werden. Dennoch ist Canyon mit ihrer neu entwickelten Zeitfahr- und Triathlonmaschine sehr daran interessiert, viele individuelle Einstellungen zu ermöglichen, um eine große Anzahl an Athleten mit dem neuen Speedmax anzusprechen. Daher gibt es die Sattelstütze in zwei verschiedenen Versionen: Eine Version verfügt über das Monolink-System, welches ausschließlich eine UCI-konforme Sattelverstellung erlaubt und die Zweite gibt es speziell für Triathleten. Diese Sattelstütze besitzt ein Schienensystem mit drehbarem Sattelkopf wodurch man den Sattel noch weiter nach vorne schieben kann und sich der Sitzwinkel steiler auf 76,5 Grad stellen lässt. Beiden gemeinsam ist der integrierte neue Akku der Di2. Sicherlich schick, dass er nicht wie bisher klobig außen am Rahmen sondern jetzt in der Aero-Sattelstütze verbaut ist – jedoch wäre eine externe Auflademöglichkeit hier sicher wünschenswert. 

Die Cockpit-Konfiguration


Noch mehr Optionen gibt es mit der Konfiguration des Cockpits, um es genau zu sagen 7560 verschiedene Einstellungen, wie Canyon vorrechnet. Das beginnt bereits bei der Auswahl des Basislenkers, den es einerseits waagrecht flach oder nach unten geneigt gibt. Ebenso gibt es verschiedene Längen und Winkel des integrierten Vorbaus. Zudem kann man zwischen geraden, L- und S-förmig gebogenen Aero-Aufsätzen wählen, sowie unterschiedliche Höhen und Breiten montieren. 

Das Speedmax im Test


Für den Test habe ich entsprechend der Vermessung im Radlabor München ein Canyon Speedmax CF in Größe S mit einen geneigten S Vorbau und einem L-Bend Aeroaufsatz gewählt. Als Sattelstütze habe ich mich natürlich für die Triathlon-Version entschieden, denn einerseits kommen UCI Rennen für mich eher nicht in Frage und andererseits möchte ich je nach Renneinsatz verschiedene Einstellungen testen. Leider konnte Shimano bis zum Testbeginn die neue Ultegra Di2 nicht liefern, so dass am Speedmax, wie auch am Specialized Shiv im Vorjahr, erneut die elektronische Dura Ace Di2 verbaut war. Die noch einmal einen Tick präziser schaltet, ergonomischer und leichter ist. Eine wahrlich professionelle Ausstattung wie sie auch für das Katusha-Team während der Tour de France zum Einsatz kam. 

Als Basis-Laufradsatz für das Training fahre ich Reynolds Assault Strike Carbon Clincher mit einer Profilhöhe von 46 / 66 mm. Für den Renneinsatz habe ich das Speedmax CF mit den neuen Mavic CXR 80 Tubeless ausgestattet, dem derzeit aerodynamisch schnellsten Laufradsatz. Das ist in der Tat ein spektakuläres Setup, was Canyon mit dem neuen Speedmax CF hier serviert, dass auch durchaus seinen Preis hat. Bedenkt man jedoch was man hier an High-Tech präsentiert bekommt. So ist das Basismodell sicherlich eine Überlegung wert. Ob Canyon auch hält was es verspricht kann ich erst beurteilen, sobald ich das optisch sehr gelungen Bike im Training und Triathlon gefahren bin.