Praxisfahrtest: Scott Foil Team Issue

von H. Eggebrecht für tri2b.com | 19.10.2011 um 18:09
Nachdem der Leichtbau im Rennradbereich nahezu ausgereizt ist, heißt die neue Herausforderung im Rahmenbau, die Rahmenformen aerodynamisch zu optimieren. Letztendlich ist der Luftwiderstand der größte Gegner auf dem Triathlon- bzw. Rennrad. Scott, seinerzeit Vorreiter mit dem CR1 bzw. Addict-Rahmen in Punkto Leichtbau bei Carbonrahmen, bringt für die Saison 2012 mit der Foil-Serie eine Rahmenkollektion auf den Markt, die die Eigenschaften guter Aerodynamik, Leichtbau und Steifigkeit in optimaler Weise verbinden soll. Wir sind eines der Topmodelle, das Foil Team Issue (mit konventioneller Schaltung; es gibt noch die Premium-Variante mit Shimano DI2) schon Probe gefahren und haben es auch auf seine Eignung für den Triathlon-Wettkampfeinsatz hin untersucht.
Das Setup:


Das Foil Team Issue (Gr. L) sind wir exakt mit der Ausstattung des für die Saison angebotenen Komplettrades gefahren. 

Die Testfahrten:


Insgesamt wurde das Rad gut 300 km getestet. Jeweils bei Trainingsfahrten zwischen 50 bis 80 km im welligen Terrain. 

Die Fahreindrücke:


Als erstes stechen beim Foil die wuchtigen und teils kantigen Rohrformen von Steuerrohr und Unterrohr ins Auge. Ungewollt assoziiert man diese Optik mit mehr Gewicht. Doch schon beim ersten Anlupfen des Rades bzw. ersten Antritt wird man eines besseren belehrt. Knapp sieben Kilo inklusive Pedalen bringt die Team-Issue-Variante des Scott Foil mit SRAM Red-Komponenten und Zipp-404-Laufrädern in Drahtreifen-Version auf die Waage und ist so nur unwesentlich schwerer als auf Gewichtsreduktion optimierte Räder. Demensprechend leicht ist auch das Handling beim Antritt. Besonders hat uns bei den Testfahrten die Laufruhe begeistert. Die Scott-Konstrukteure haben hier nicht zu viel versprochen – in Punkto Steifigkeit und Fahrstabilität kann man gefühlt die volle Punktzahl vergeben. Dass das Foil in erster Linie ein Rad zum schnell fahren ist, wird bei Thema Komfort deutlich – der als „sportlich“ zu bezeichnen ist. Schalt- und Bremsverhalten der SRAM Red waren für eine Topgruppe auf höchstem Niveau. Die vom Scott Plasma übernommene im Rahmen integrierte Sattelstützenklemmung war übrigens kinderleicht einzustellen. 

Bleibt noch die Frage nach den beschriebenen aerodynamischen Vorteilen der neuen Rahmenkonstruktion: Neue Bestzeiten gab es auf der klassischen Feierabend-Trainingsrunde (noch) keine zu feiern, dies hängt ganz klar in erster Linie vom Trainingszustand ab. Aber eines konnte man auf jeden Fall erfühlen: gerade im wirklich hohen Tempo mit Seitenwind und in Abfahrten schien das Foil richtig gut und kräftesparend zu rollen. 

Das tri2b.com-Fazit:


Wir sind bisher selten ein Rad gefahren, das auf Anhieb mit nur wenigen Handgriffen bei der Einstellung so perfekt gepasst hat. Die neue Rahmenform des Scott Foil hebt sich optisch eindeutig von den altbekannten auf dem Markt befindlichen runden Rahmenformen ab und macht das Rad auch zum Hingucker – neben den beschriebenen absolut überzeugenden Fahreindrücken. Sicher eine nicht unwesentliche Überlegung, wenn man das mühsam Ersparte in ein neues Rad anlegt. Trotz allem Hype um futuristische Zeitfahrmaschinen ist das Foil eine sehr interessante Alternative für den Einsatz im Triathlon. Einerseits als Rad für Rennen mit Windschattenfreigabe; andererseits als Allroundrad in jeglichem Terrain und Wettkampfformat – in der einen Woche einen Halb-Ironman, in der nächsten Woche ein Radmarathon – kein Problem. Mit wenigen Handgriffen ist ein Aeroaufsatz montiert. Dazu kann optional auch eine gerade Sattelstütze verwendet werden, die so auch eine bessere aerodynamische Sitzposition ermöglicht. 

Erfreulich ist, dass die innovative Rahmenform nicht nur im hochpreisigen Premium-Segment erhältlich ist. Neben dem gefahrenen Team Issue stehen vom Foil Premium bis zum Foil 40 insgesamt zehn Rahmen- bzw. Ausstattungsvarianten zur Wahl, ab einer Einstiegspreislage von 2.300 Euro für das Komplettrad. 

Die FO1-Technologie: 
Über 60 verschiedene Rohr- und Rahmenformen haben die Entwickler von Scott im Windkanal getestet, bis aus dem Projekt F01 der Foil Rahmen wurde. Herausgekommen ist eine schiffsbugartige Rohrform (bzw. Tropfenform), die in Richtung dem spitz zulaufenden Ende abgeschnitten ist. Dadurch wird die wuchtig wirkende Rahmenform erstaunlich leicht und auch weniger seitenwindanfällig. Die bestimmenden Rahmenteile sind das Steuer- und Unterrohr, da hier der Erstkontakt mit dem Wind stattfindet. Im Vergleich zu runden Rohrformen (z.B. Scott Addict) werden laut Windkanaltests bei 45 km/h im Durchschnitt circa 15 Watt an Leistung eingespart, was im Schnitt zu einem 4-5 prozentigen geringeren Geschwindigkeitsverlust führt. Bei der Konstruktion wurde insbesondere auch die Tatsache berücksichtigt, dass der Wind nur in den seltensten Fällen ganz von vorne kommt. Deshalb wurde die Aerodynamik für unterschiedliche Seitenwinde (Yaw-Winkel 0-15 Grad) optimiert.