Kristian Blummenfelt neuer Ironman 70.3-Weltmeister, Mika Noodt Vierter, Frederic Funk Fünfter

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 29.10.2022 um 19:40
Der Norweger Kristian Blummenfelt hat nun auch den Ironman 70.3-Weltmeistertitel in der Tasche. Der 28-Jährige siegte in St. George/Utah über die 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21,1 km Laufen in 3:37:12 Stunden vor dem Überraschungszweiten Ben Kanute (3:38:01) aus den USA. Der Däne Magnus Ditlev (3:39:52) wurde Dritter vor dem Wolfsburger Mika Noodt (3:40:51 und Frederic Funk (3:42:34). Der norwegische Titelverteidiger und amtierende Hawaii-Sieger Gustav Iden verlor schon beim Radfahren den Anschluss an die Spitze und stieg beim Laufen aus.

Auch die Männer wurden an ihrem 70.3 WM-Raceday mit äußerst kühlen Morgentemperaturen empfangen. Das Wasser des Sand Hollow Reservoirs war mit 17 Grad im Vergleich fast schon warm. Schnell zog sich das Feld der Männer in die Länge, wobei auf dem Hinweg zu den beiden Wendebojen noch keine echten Lücken aufgingen. Das änderte sich auf dem Rückweg zum Wasserausstieg. Nach und nach taten sich jetzt erste Lücken auf. Ganz vorne sorgte der Austrailer Aron Royle für das Tempo, dem nur noch die beiden US-Amerikaner Marc Dubrick und Ben Kanute folgen konnten. Auf den letzten 300 m konnte dann auch Kanute die Beine von Dubrick nicht mehr halten und so kam der US-Amerikaner zusammen mit Royle nach 22:20 min an der Spitze aus dem Wasser. Dahinter folgten Kanute (+0:13 min), Eric Lagerstrom (USA/+0:21) und auch schon Jan Stratmann (+0:22). Ebenfalls top dabei waren Frederic Funk (9./+0:28) und Mika Noodt (11./+0:29), dem Kristian Blummenfelt (12./+0:31) an den Beinen hin. Gustav Iden kam zusammen mit Magnus Ditlev aus dem Wasser und verlor 45 Sekunden auf die Spitze. Mit satten 2:40 min Rückstand wechselte US-Boy Sam Long auf die Radstrecke.

Kristian Blummenfelt mit Blitzwechsel – Magnus Ditlev vergisst seinen Helm

Den größten Sprung in der Wechselzone vollzog allerdings Blummenfelt, der komplett auf wärmende Bekleidungsutensilien verzichtete und als Fünfter hinter Dubrick, Kanute, Royle und dem Dänen Miki Tagholt auf die Radstrecke ging. Einen absoluten Anfängerfehler leistete sich Ditlev, der vergaß den Radhelm aufzusetzen und dies erst an der Aufstiegslinie bemerkte. Der Challenge Roth-Sieger sprintete ohne Rad zurück und korrigierte so seinen Wechselzonen-Blackout.

Frederic Funk vorne dabei – Penalty für Sam Long

Auf den ersten 10 Radkilometern formierte sich dann eine fünfköpfige Spitzengruppe, in der Blummenfelt mit einem äußerst aggressiven Fahrstil für das Tempo sorgte und Kanute, Royle, Taagholt und Funk hinter sich herzog. Das massive „Pack“, angeführt von Iden (+0:30 min) und den beiden Deutschen Stratmann und Noodt umfasste zu diesem Zeitpunkt 20 Athleten, die innerhalb einer Dreiviertel-Minute zusammenhingen. Dort hatte sich nach 20 Radkilometern Ditlev wieder nach vorne gearbeitet und setzte sich an die Spitze des Packs, direkt vor Titelverteidiger Iden.

Große Aufregung gab es zeitgleich eine Gruppe weiter hinten. Sam Long wollte im Highspeed-Tempo an mehreren Athleten vorbeifahren, als er seinerseits vom Kanadier Jackson Laundry wieder überholt wurde. Der mitfahrende Kampfrichter sah beim jungen US-Amerikaner einen Regelverstoß und verhängte eine 5-Minuten-Penalty.

Nach gut 30 gefahrenen Kilometern fiel Royle aus der Spitzengruppe heraus, der dort direkt von Ditlev abgelöst wurde. Der schlaksige Däne war allein aus der Verfolgergruppe nach vorne gefahren und schickte sich nun an auch ganz vorne für Betrieb zu sorgen. Allerdings bliebt dort zunächst Blummenfelt am Drücker. Auf den Kilometern durch St. George sorgte der Hawaii-Dritte weiter für hohes Tempo, mit dem Ergebnis, dass die nächsten Verfolger Mika Noodt und Gustav Iden an der 54 km-Marke schon 1:40 min zurücklagen. Dahinter dauerte es eine gute weitere Minute, bis eine siebenköpfige Gruppe mit Jan Stratmann folgte.

Magnus Ditlev versucht es – der Anfang vom Ende für Gustav Iden

Eingangs des Snow Canyon-Anstiegs setzte sich dann Ditlev an die Spitze, wobei Blummenfelt seinerseits kontern sollte. Dieses Spiel setzte sich dann fort. Der Däne forcierte im steilsten Teil des Anstiegs mit wuchtigen Wiegetritten nochmals die Wattzahl. Erstes Opfer war Miki Taagholt, der nun regelrecht platzte und am höchsten Punkt schon fast eine Minute hinter der Spitze lag. Noch härter erwischte es dort Gustav Iden. Der Titelverteidiger und frischgekürte Hawaii-Sieger musste erst Noodt ziehen lassen und wurde dann sogar von den nächsten Verfolgern um den Dänen Thor Bendix Madsen eingeholt.

Auch beim zweiten Wechsel war Blummenfelt eine Klasse für sich. Ganze 20 Sekunden machte er in der T2 auf Ditlev gut und ging als Leader in den schweren Halbmarathon. Gut weg kam auch Ben Kanute, während Funk schon nach drei Kilometern fast eine Minute Rückstand auf die Spitze hatte. Allerdings hatte der gebürtige Oberbayer noch eineinhalb Minuten Vorsprung auf die an Position fünf und sechs laufenden Taagholt und Noodt. Raus aus dem Titelrennen war bereits endgültig Gustav Iden, der mit über sechs Minuten Rückstand in den schweren Anstieg in Richtung Golfplatz ging.

Entfesselter Ben Kanute – schneller Mika Noodt und enttäuschter Gustav Iden

Wer nun einen Alleingang von Blummenfelt zum Sieg erwartete, der wurde enttäuscht. Ein entfesselnd laufender Ben Kanute setzte sich zunächst an die Fersen des Norwegers und in der Folge dann sogar an die Spitze. Die finale Laufrunde sollte die Entscheidung bringen, die ohne den Titelverteidiger stattfinden sollte. Ein völlig entkräfteter Gustav Iden saß mit Tränen in den Augen am Ironman-Monument in der Tabernacle Street – DNF für den King of Kona.

Mit einer Minute Rückstand ging Ditlev als Dritter in die finalen 10 Laufkilometer. Dahinter hatte der erst 22-jährige Noodt (+2:53) bereits Funk (+3:15) überholt und schickte sich an wie im Vorjahr für die beste deutsche Platzierung in St. George zu sorgen.

 

Kristian Blummenfelt attackiert bergab

 

Vorne machte Kanute über die komplette erste Hälfte der finalen Laufrunde das Tempo, wobei Blummenfelt ohne sichtbare Probleme folgen konnte. Als es dann nach der Golfplatz-Passage bergab ging, sorgte der 28-jährige Norweger für eine überraschende Attacke. Schnell legte er einige Meter zwischen sich und dem US-Amerikaner. Der Olympiasieger und Gewinner des Ironman WM-Titels 2021 war nun nicht mehr zu halten und setzte zum Triumphlauf durch die Straßen von St. George an.

Die Plätze 1 bis 4 waren an Blummenfelt (1.), Kanute (2.), Ditlev (3.) und Noodt (4.) vergeben. Dahinter trumpfte Frederic Funk mit einem extrem starken Lauffinale auf. Auf dem letzten Kilometer schnappte sich der 25-Jährige noch den Dänen Miki Taagholt und sicherte sich so doch noch die Top Five-Platzierung. Jan Stratmann verpasste als Elfter ganz knapp die Top Ten.