Ein Einblick ins Barfuß-Training – mit und ohne Minimalschuh laufen

von tri2b.com | 05.11.2020 um 10:57
Über die optimale Ausrüstung für die Disziplin Laufen scheiden sich die Geister. Während die einen auf Hightech-Materialien setzen, gehen andere neue Wege und folgen dem Motto „Weniger ist mehr“. Barfußlaufen liegt im Trend und überzeugt beim Training immer mehr Triathleten von den Vorteilen. Dabei stellt sich die Frage, ob der Fuß uneingeschränkte Freiheit genießen sollte oder ein Mindestmaß an Schutz durch das Tragen von Minimalschuhen bevorzugt wird. Ein Einblick in das Barfuß-Training mit und ohne Zubehör.

Nachteile von Schuhen – die Muskulatur verkümmert

 

Auch die modernsten Laufschuhe schränken die Füße in gewisser Form ein. Es besteht kein direkter Kontakt zum Untergrund, was langfristig dazu führen kann, dass die Fußmuskulatur abbaut und die Füße zunehmend unbeweglich werden. Auch Trittsicherheit und Balance leiden, weil sich die Füße nicht optimal an den Boden anpassen können. Hinzu kommt, dass das ständige Tragen von Schuhen – nicht nur in Wettkampf und Training – die Effizienz beim Laufen einschränkt und das Risiko für Verletzungen erhöhen kann.

 

Vorteile des Barfuß-Trainings

 

Barfuß-Trainingseinheiten können den Nachteilen des Laufens mit Schuhen entgegenwirken und die Fußmuskulatur nachhaltig stärken:

Sensibilisierung: Regelmäßiges Barfuß-Training sensibilisiert die Füße auf unterschiedliche Untergründe, fördert die Koordination und trägt zur Optimierung der persönlichen Lauftechnik bei. Barfußlaufen verändert die gesamte Körperposition beim Laufen für eine agilere Fortbewegung.

Dynamik: Der Aufbau der menschlichen Füße lässt sich mit einer Sprungfeder vergleichen. Korrektes Abdrücken will jedoch gelernt sein und erfordert das perfekte Zusammenspiel der Muskulatur. Beim Barfuß-Laufen werden die mehr als zwei Dutzend Muskeln im Fuß trainiert und damit die natürliche Stützfunktion.

Tempo: Das hat wiederum positiven Einfluss auf die Laufgeschwindigkeit. Starke Füße optimieren den Lauf und steigern das Tempo.

Warum dämpfende Laufschuhe nicht unbedingt vor Verletzungen schützen, wie es die Werbung gerne suggeriert, verdeutlicht die wissenschaftliche Sendung Quarks:

 

Der Gang im Wandel

 

Diejenigen, die auch abseits ihrer Triathlon-Aktivitäten nur selten oder nie barfußgehen, werden den Effekt besonders deutlich spüren. Barfußlaufen aktiviert Muskeln, die beim Gehen in herkömmlichen Schuhen kaum oder gar nicht beansprucht werden. Viele, die sich nach Jahren die ersten Minimalschuhe gönnen, stellen bereits nach dem ersten Spaziergang Veränderungen fest. Muskelkater macht auf Muskeln aufmerksam, die sich zuvor nie bemerkbar gemacht haben.

Unter anderem ist dies der Veränderung bei der Gangart geschuldet. Während beim Gehen mit Schuhen das Abrollen beziehungsweise der Fersenlauf typisch ist, passt sich der Bewegungsapparat beim Barfuß-Training selbstständig an – es kommt zur Verlagerung auf Mittel- beziehungsweise Vorfuß. Das gewohnte Abrollen würde ohne Laufschuhe ansonsten schnell zu Rückenbeschwerden führen. Nicht zu vergessen die Schmerzen direkt an der Ferse. Um das harte Aufsetzen im Fersenbereich zu meiden und stattdessen ausreichend Dämpfung zu genießen, verlagert sich die Gangart automatisch nach vorne hin zur natürlichen Laufbewegung.

Gut zu wissen: Marathon-Läufer Abebe Bikila holte 1960 die erste olympische Goldmedaille für Äthiopien – als einziger Athlet lief er die Strecke barfuß.

 

 

Barfuß-Training mit Minimalschuh

 

Um die Füße beim Barfuß-Training vor Verletzungen – beispielsweise durch Scherben oder spitze und scharfe Steine, zu schützen, kommen Minimalschuhe zum Einsatz. Wie der Name bereits vermuten lässt, zeichnen sie sich durch einen minimalen Materialeinsatz aus. Der Fuß soll größtmögliche Freiheit genießen und in seinen natürlichen Bewegungen nicht eingeschränkt werden. Hauchdünne Sohlen sind ein Muss.

Generell wird zwischen Zehenschuhen und Minimalschuhen ohne Zehentrennung unterschieden. Bei Zehenschuhen ist die Passform besonders wichtig. „Die Zehenschuhe passen, wenn der längste Zeh die für ihn vorgesehene Tasche vollständig ausfüllt“, lautet die Empfehlung der Redaktion der VGL Verlagsgesellschaft aus Berlin, die im Test die individuellen Eigenschaften der zehn besten Zehenschuhe verglichen hat. Als Vergleichssieger geht hier der FiveFingers® V-Alpha hervor ­– ein Modell des italienischen Herstellers Vibram®, welches für den Outdoor-Bereich konzipiert wurde. Durch die Zehentrennung erzeugen Zehenschuhe ein einzigartiges Laufgefühl. Allerdings sollte auf möglichst dünnes Material geachtet werden, damit es nicht zu unnötiger Reibung kommt. Viele minderwertige Zehenschuhe schmälern das Laufgefühl, weil die Zehen durch den Stoff unnatürlich gespreizt werden. Diejenigen mit besonders breiten, langen oder gekrümmten Zehen, sind mit Minimalschuhen ohne einzelne Zehenkammern besser beraten.

 

Ohne Minimalschuhe trainieren

 

Für das Lauftraining im Gelände oder auf Asphalt sind Minimalschuhe ideal. Die zarte Sohle schützt die Haut vor dem Untergrund und macht das Training insgesamt angenehmer. Für das Barfußtraining mit direktem Bodenkontakt ohne Schuhwerk eignen sich gepflegte Rasenflächen auf Sportplätzen hervorragend. Der weiche Untergrund ist nachgiebig und frei von gefährlichen Kleinteilen.

Um Bänder, Sehnen und Muskeln schonend an das Barfuß-Training zu gewöhnen, sollten Zeit und Intensität langsam gesteigert werden. Für die entsprechende Vorbereitung der Füße ist es beim ersten Training empfehlenswert, mit den gewohnten Laufschuhen zu starten. Eine Viertelstunde lockeres Warmlaufen genügt in der Regel. Anschließend werden Schuhe und Socken ausgezogen, um kurze Übungen des Lauf-ABCs barfuß zu absolvieren. Crossing Steps zum Training der Hüftbeweglichkeit und der Kniehebelauf eignen sich hervorragend. Eine kurze Laufeinheit von rund 50 Meter rundet die Lauf-ABC-Übungen ab. Dies genügt für das erste Barfuß-Training, worauf die nächsten Einheiten mit mäßigen Steigerungen aufbauen.

Tipp: Sprünge sind bei den ersten Trainingseinheiten ohne Schuhe zu meiden. Die Füße müssen sich erst an die neue Beanspruchung der Muskulatur gewöhnen.

 

 

Fazit:

 

Ob Lauftraining mit oder ohne Minimalschuh: Eine Übergansphase ist elementar, um Schäden an den Füßen vorzubeugen. Läufer, die von heute auf morgen vollständig auf das reine Barfußlaufen umsteigen, müssen mit negativen Auswirkungen rechnen. Die Füße benötigen Zeit zur Umgewöhnung. Im Idealfall erfolgt der Übergang von festen Laufschuhen über minimalistische Barfußschuhe hin zum reinen Barfußlaufen. Dies kann mehrere Wochen oder gar Monate in Anspruch nehmen. Grundsätzlich ist das Barfuß-Training eine ausgezeichnete Ergänzung zum Laufen in Laufschuhen, um die Lauftechnik zu perfektionieren und die Muskulatur für mehr Tempo zu stärken.

 

Weiterführendes

 

RATGEBER Effektives Lauftraining: Ran an die Schwelle

RATGEBER Lauftechnik im Gefühl: Teil 3 Ökonomie

RATGEBER Laufathletik: Übungen zur Movement Preparation

 

Bildquelle: Wokandapix (Barfuß)/Alexas_Fotos (Laufschuhe)/Pixabay