tri2b.com

Natascha Badmann: „Nina wird sich bei jedem Einkauf schämen“

Beliebteste Artikel

Nach ihrem Doping-Geständnis ist die Deutsche Nina Kraft von der Ergebnisliste des IRONMAN Hawaii verschwunden. Nutznießerin ist die Schweizerin Natascha Badmann, die aber lieber Zweite geblieben wäre ...

Die Deutsche Nina Kraft wurde nach ihrem Erfolg beim IRONMAN Hawaii hochgejubelt. Verfrüht, denn sie war mit dem Ausdauer-Hormon EPO gedopt und ist nach ihrem Geständnis von der Ergebnisliste des Rennens verschwunden. Nutznießerin ist die nun fünffache Siegerin Natascha Badmann, die aber lieber Zweite geblieben wäre. In einem Interview mit dem Zofinger Tagblatt äußert sich die Schweizerin zum Dopingfall Nina Kraft und ihrem «geschenkten» Sieg beim Ironman Hawaii 2004.

Zofinger Tagblatt (ZT): Wie geht es ihnen, nachdem sie über Nacht 50.000 US Dollar reicher wurden und einen weiteren IRONMAN-Titel errungen haben?
Natascha Badmann (N. B.): Ich durchlebte seit dem Bekanntwerden drei Phasen: Zuerst war ich sprachlos. Später dachte ich, dass es besser gewesen wäre, wenn ich Zweite geblieben wäre, dafür der Dopingskandal nicht stattgefunden hätte und nun zum Schluss bin ich enttäuscht. Nina hat mich um einen gigantischen Auftritt gebracht, hat mir etwas gestohlen, das man auch mit Geld nicht wieder gutmachen kann.

ZT: Wie sehr können sie sich über diesen nachträglichen Sieg freuen?
N. B.: Die Freude kommt langsam zurück. Es ist ein schönes Gefühl, dass ich nun doch noch gewonnen habe, so ohne Schmerzen, aber leider auch ohne Siegeskranz, Medaille und ohne Zuschauer.

ZT: Haben sie einen Groll auf Nina Kraft?
N. B.: Es ist nicht Groll, ich fühle mich einfach betrogen und bin sehr enttäuscht.

ZT: Ist ihnen an Nina Kraft in letzter Zeit etwas aufgefallen, oder hat sie sich ihnen gegenüber speziell verhalten?
N. B.: Ja! Sie und ihr Trainer haben sich uns gegenüber (meinem Trainer Toni Hasler und mir) sehr aggressiv verhalten. Ich habe dem keine Bedeutung zugemessen, obwohl sie mir das Gefühl gab, als wäre ich ihr Feindbild.

ZT: Haben sie während des IRONMAN Hawaii jemals gedacht, dass Ninas riesiger Vorsprung auf Doping zurückzuführen wäre?
N. B.: Nein, nie! Erst als es nach dem Wettkampf zwischen Toni Hasler und Nina Kraft zu einem Vorfall kam, wurden wir nachdenklich.

ZT: Was ist da vorgefallen?
N. B.: Kraft unterstellte Toni, er habe gesagt, dass jede Athletin die Natascha besiege, gedopt sei. Dem sei nicht so, wollte Kraft richtiggestellt haben, sie sei der Beweis dafür.

ZT: Was würden sie Nina Kraft sagen, wenn sie ihr zufällig beim Training begegnen würden?
N. B.: Nichts, ich glaube meine Blicke würden mehr sagen als tauschend Worte.

ZT: Nina Kraft hat «immensen Druck von Außen» als Grund für ihren Doping-Konsum geltend gemacht. Welches Verständnis haben sie für diese Aussage?
N. B.: Ich habe kein Verständnis. Wir alle stehen unter Druck. Es ist die Weltmeisterschaft und wer hier schon einmal gewonnen hat, möchte es wieder tun.

ZT: Wie gehen sie mit dem Druck um, schließlich erwarten wir ja auch jedes Jahr einen Sieg von ihnen beim Ironman auf Hawaii?
N. B.: Mein Ziel ist nicht der Sieg, sondern der optimale Wettkampf. Da kann das Umfeld noch so viel Siegesdruck auferlegen. Zudem mache ich sehr viel Mentaltraining, das ist die vierte, inoffizielle Disziplin beim Triathlon auf der Langdistanz. Damit bin ich bis jetzt sehr gut gefahren.

ZT: Standen sie auch schon an dem Punkt, an dem sie glaubten, dass es leistungsmäßig nicht mehr weiter geht?
N. B.: Ja natürlich. Vor dem Ironman habe auch ich jeweils schlaflose Nächte und zwischendurch kommen Zweifel auf, ob ich die im Training erbrachten Leistungen auch im für mich wichtigsten Wettkampf umsetzen kann.

ZT: Was ist denn ihr Doping?
N. B.: Es tönt banal, aber es ist die Freude an der Bewegung und die Liebe zum Sport. Dem habe ich viel zu verdanken und würde meine Gesundheit nie durch verbotene Substanzen aufs Spiel setzen.

ZT: Hat der Triathlon ein Dopingproblem?
N. B.: Ich bin ja nicht blauäugig und sage, dass unser Sport besser ist als alle anderen. Trotzdem glaube ich, dass Doping bei uns nicht so verbreitet ist wie in anderen Sportarten, obwohl in diesem Jahr einige Spitzenathleten erwischt wurden.

ZT: Ist das hohe Preisgeld (100.000 US Dollar für den Sieg) mit schuld?
N. B.: Es kann für gewisse Athleten verlockend sein. Für mich wäre Geld nie ein Grund, die Gesundheit aufs Spiel zu setzen.

ZT: Welche Strafen sollten für Nina Kraft und ihren Trainer ausgesprochen werden?
N. B.: Das möchte ich nicht kommentieren. Ich denke, die beiden sind gestraft genug und können sich ja kaum noch in der Öffentlichkeit zeigen. Nina wird sich bei jedem Einkauf schämen müssen.

ZT: Welchen Schaden haben Nina Kraft und ihr Trainer dem Triathlon und dem IRONMAN zugefügt?
N. B.: Der Schaden ist noch nicht absehbar, aber mit Sicherheit immens. Lobenswert finde ich, dass die IRONMAN-Verantwortlichen diesen Fall publik machten, ganz im Wissen dass sie dadurch auch Sponsoren und den bis dahin sauberen Ruf verlieren können.

ZT: Welches sind ihre Vorschläge zur Bekämpfung des Dopings?
N. B.: Ich fordere – und das habe ich bereits vor dem Ironman 2004 getan – Blutkontrollen vor dem Wettkampf. Dazu müssen alle Profis auch vermehrt im Training kontrolliert werden. Ich wurde in diesem Jahr mehrfach zu Hause getestet und auch im Trainingslager im Ausland.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors

Beliebteste Artikel