Sechs Tage nach dem Fund einer Wasserleiche am Langener Waldsee haben Polizei und Veranstalter des IRONMAN GERMANY Teile einer Tragödie rekonstruiert. Nach ihren Ermittlungen handelt es sich bei dem Opfer mit allergrößter Wahrscheinlichkeit um den Triathleten Dr. Sándor Vincze aus Ungarn. Er war den Organisatoren des IRONMAN persönlich bekannt – im Vorjahr hatte er das Rennen vorzeitig aufgegeben und von Renndirektor Kai Walter für den 11. Juli 2004 einen Freistart erhalten.
Damals sei Vincze dem Anschein nach sehr schlecht trainiert nach Frankfurt gekommen und nach dem Rad fahren aus dem IRONMAN-Wettbewerb ausgestiegen, erinnert sich Walter. Bereits beim 3,8 Kilometer-Schwimmen im Langener Waldsee, das besagen Aufzeichnungen der DLRG-Streckensicherung vom 13. Juli 2003, habe ein Sportler aus Ungarn mit großen Problemen gekämpft und die erste Disziplin vielleicht nicht regulär beendet. Dieser Athlet könnte Herr Vincze gewesen sein. Er hat mich nach dem Rennen im Ziel angesprochen und um einen Freistart für 2004 gebeten, weil er einen sehr schlechten Tag gehabt habe. In den Monaten danach haben wir mit dem Sportler noch mehrmals eMail-Kontakt gehabt. Die Aufzeichnungen der Athleten-Akkreditierung ergeben, dass Sándor Vincze in diesem Jahr einige Tage vor dem IRONMAN tatsächlich seine Startunterlagen abgeholt hat, so der Renndirektor.
Besonders hoher Sicherheitstandard
Zu diesen Unterlagen habe auch das so genannte Athletenbändchen und der Transponder-Chip zur Zeiterfassung gehört. Ab diesem Zeitpunkt haben wir Herrn Vincze aber nirgends mehr registriert, nicht beim Check-in der Fahrräder am Vorabend, auch nicht am Renntag auf den elektronischen Erfassungsmatten am Schwimmstart, sagt Walter. Der Sicherheitsstandard auf der Schwimmstrecke des IRONMAN sei sehr hoch und liege mit dem Einsatz von neun DLRG-Booten, rund 20 Surfbrettern, 20 Kanuten und etwa 30 Tauchern deutlich über dem geforderten Standard. Niemandem, auch nicht den Begleitern im Boot am Ende des Feldes, sei irgendetwas aufgefallen. Nach dem Schwimmen ist auch kein Fahrrad in der Wechselzone am Langener Waldsee übrig geblieben.
Nur ein kurzärmliger Tauchanzug
Möglicherweise war Vincze zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr am Leben. Ermittlungen der Kriminalpolizei Offenbach deuten darauf hin, dass der für einen IRONMAN-Wettkampf offenbar schlecht ausgerüstete Sportler bereits an den Tagen vor dem Rennen ums Leben gekommen ist. Ein Arbeiter des auf der anderen Seeseite dem Startbereich gegenüber liegenden Kieswerks hatte den Leichnam am vergangenen Dienstag an der Oberfläche treiben sehen und sofort die Polizei informiert. Deren Bericht schildert, der Tote habe einen eher für Tauchzwecke denn für einen Langstreckentriathlon geeigneten, kurzärmligen Kälteschutzanzug, Badehose und Schwimmbrille getragen. Das Athletenbändchen am Handgelenk gab erste Hinweise auf einen Zusammenhang mit dem IRONMAN Triathlon. Der Fundort weit entfernt vom Startareal, so die Einschätzung der Polizei, könne bedeuten, dass Sándor Vincze den See an dieser Stelle zu einem Training betreten habe. Persönliche Gegenstände, ein zurückgelassenes Fahrrad oder ein Auto fand die Polizei noch nicht. Das Ganze ist eine unfassbare Tragödie, so Kai Walter
Auch in Ungarn nicht vermisst
Bisher ist den Behörden über den Triathleten Sándor Vincze wenig bekannt. Der Informationsfluss aus Ungarn, schildert Georg Grebner von der Offenbacher Polizei im Gespräch mit tri2b.com, sei äußerst stockend. Der 1958 geborene Informatiker habe wahrscheinlich in Budapest Computerkurse angeboten, einziger Angehöriger sei ein Großvater, der im ländlichen Bereich lebt und vielleicht keinen engen Kontakt zum Opfer gepflegt habe. Eine Vermisstenmeldung habe es auch in Ungarn nicht gegeben. Ein abschließendes Ergebnis der Ermittlungen sei daher erst in einigen Tagen zu erwarten, so Grebner.