Das ist Van Rysel
Van Rysel ist eine noch sehr junge Eigenmarke des französischen Sportartikel-Giganten Decathlon. Erst im Jahr 2019 wurde Van Rysel gegründet, dessen Firmensitz im französischen Lille, unweit der belgischen Grenze liegt. Der Name Van Rysel hat seinen Ursprung in der flämischen Sprache und bedeutet übersetzt „kommt aus Lille“. Radsport-Fans dürften dabei hellhörig werden, denn Lille liegt nur wenige Kilometer von Roubaix entfernt, wo alljährlich im Velodrom das Radsport Monument Paris-Roubaix mit seinen unbarmherzigen Kopfsteinpflaster-Sektoren zu Ende geht.
Van Rysel ist in der Saison 2024 der Ausrüster des UCI-Protour Teams DECATHLON AG2R LA MONDIALE geworden. Im Triathlon wurde die junge Radmarke bisher vor allem durch die Erfolge des Franzosen Denis Chevrot bekannt, der 2022 den Ironman Frankfurt und 2023 den Ironman Hamburg gewann. 2024 siegte Chevrot mit einem Prototyp des XCR Tri beim Ironman Austria in Klagenfurt.
Der Vertrieb der Van Rysel-Räder findet ausschließlich über die Decathlon-Filialen und des Decathlon Online-Shops statt.
Das sagt Van Rysel zu seinem XCR Tri Ultegra Di2
36 Monate Entwicklungsarbeit steckt in der neuen XCR-Baureihe von Van Rysel. Nachdem zunächst Anfang des Jahres das UCI-konforme XCR UCI Ultegra Di2 auf den Markt kam und in der Saison als Arbeitsgerät des Decathlon AG2R La Mondiale Protour-Teams um Ben O’Connor schon einige Erfolge einfuhr, kommen nun zwei Triathlon-Ausführungen auf den Markt. Hier flossen u.a. die Erfahrungen des zweimaligen Ironman-Europameisters Denis Chevrot mit ein.
Ziel der Neuentwicklung war es ein Triathlonrad zu bauen, dass in den fünf Schlüsselfaktoren eine ultimative Performance erzielt:
- bestmögliche Reduktion des Windwiderstands für maximale Geschwindigkeit
- gute Eignung für welliges und bergiges Terrain
- optimierte Einstellungsmöglichkeiten, damit die Fahrer ihre ideale Position finden können
- sicheres Handling bei hohen Geschwindigkeiten, in Kurven und bei windigen Bedingungen
- optimierte Langdistanz-Eignung – einfache Aufnahme der Verpflegung und Mitnahme eines Reparaturkits
Das Herzstück ist der XCR-Rahmen, dessen finale Form in einem Prozess mit 14 Prototypen zustande kam. Van Rysel griff dabei auf die Aero-Expertise von Swiss Side zurück. In CDF-Simulationen am Computer und im GST-Windkanal in Immenstaad am Bodensee wurde der Rahmen bis zur Serienreife optimiert. Viel Wert wurde auf die Carbon-Struktur und den Fertigungsprozess gelegt. So besteht der Rahmen auf 586 Teilen, die per Hand in die Molding-Form gelegt werden.
Sehr viel Detailarbeit wurde auch in die komplette Cockpit-Eigenentwicklung gesteckt, das eine einfache individuelle Anpassung an die gewünschte Position ermöglicht.
Bei den Komponenten setzt Van Rysel, wie es der Modell-Name verrät, auf Shimano Ultegra. Allerdings ist auch etwas Dura Ace mit dabei. Neben den Dura Ace TT-Bremshebeln und den Dura Ace TT-Satelliten-Shiftern ist Shimanos Profigruppe auch bei den Bremsen verbaut. Bei den Laufrädern kommen im Rahmen der Swiss Side-Kooperation die schnellsten Aero-Wheels der Schweizer zum Einsatz. Vorn, wo der Seitenwind stärker angreifen kann, ein 625 Hadron Ultimate, hinten das hohe 800er Hadron Ultimate. In Serie ist auch ein Wattmess-System verbaut. Ein Inpeak Powermeter ist in der linken Kurbel integriert.
Für das Mitführen der festen Verpflegung gibt es eine Bento-Box am Oberrohr und zudem eine kleine Waste-Box, um Littering-Penaltys zu verhindern. Für die flüssige Verpflegung ist eine Flaschenhalter am Cockpit und hinter dem Sattel vorgesehen. Ein komplettes Reparatur-Set, bestehend aus Schlauch, CO2-Inflator und -Kartusche, Ventilverlängerung sowie Reifenhebern befindet sich in der in das Tretlagerdreieck integrierten Toolbox, die auch den Hauptunterschied zur UCI-konformen Ausführung darstellt.
Das Gewicht des Van Rysel XCR Tri Ultegra Di2 ist mit 8,9 kg (ohne Zubehör) angegeben. Der VK-Preis liegt bei 7.700 EUR.
Die zweite Triathlon-Variante ist das Van Rysel XCR Rival AXS, aufgebaut mit Sram Komponenten und Fulcrum Laufrädern bringt es solo 9,65 kg auf die Waage. Der Preis liegt bei 6.200 EUR.
Bestellbar sind die beiden Van Rysel Tri-Bikes europaweit (ohne GBR) ab dem 3. Dezember 2024. Die Auslieferung soll Anfang 2025 erfolgen.
Unser Test
Wir durften das Van Rysel XCR Tri Ultegra Di2 in der Raceweek des Ironman Hawaii in Kona auf dem Queen Kaahumanu Highway unter die Lupe nehmen. Das Test-Bike in Größe M (bei 181 cm Körpergröße) war vom Van Rysel-Team um Chef-Produktmanager Jeremie Debeuf vorab perfekt auf die Körpermaße angepasst worden. Somit entfiel das selbstständige Einstellen von Sitzhöhe und Cockpit. Allerdings konnten wir uns bei der Einweisung davon überzeugen, dass Van Rysel die Hausaufgaben in punkto einfacher Anpassung und Feinjustierung gemacht hat.
Bei der Testausfahrt gab es den ersten Aha-Effekt schon nach dem ersten Einklicken in die Pedale. Das für ein modernes Triathlon-TT-Bike in dieser Preislage sehr gemäßigte Gewicht wird beim Beschleunigen und von Handling sofort spürbar. Es fällt leicht, das Bike auf Touren zu bekommen und versprüht ein äußerst agiles Fahrverhalten. Davon konnten wir uns zum Beginn des Testrides durch Kailua-Kona gleich mehrmals überzeugen, da der Traffic-Jam der Raceweek auf dem Weg hinaus in Richtung Highway 19 für so einige Stop and Go´s sorgte.
Richtiges Highspeed-Feeling war dann hinter dem Airport angesagt. Der seitliche Rückenwind schob uns in Richtung Lookout. Die Di2-Schaltzentrale an den Extensions ließen an den Rolling Hills spielerische Schaltmanöver zu, ohne die Aeroposition verlassen zu müssen. Wer die Bedingungen auf dem Queen K-Highway kennt, wenn die großen Trucks beim Überholvorgang einen kurzzeitig wie ein Staubsauger von der Bike-Shoulder mitziehen wollen, der weiß auch, dass es durchaus etwas Überwindung kostet, hier bei einem Tempo jenseits der 50 km/h in der Aeroposition zu bleiben. Mit dem XCR Tri war dies definitiv möglich. Es zeigte sich dabei auch, dass es vom Laufrad-Setup eine gute und durchdachte Wahl ist, beim Vorderrad auf ein Swiss Side Hadron Ultimate 625 zu gehen. Im Vergleich zu einem 800er ist das Lenkmoment in den allermeisten Fällen gut und sicher beherrschbar.
Beim Rückweg in Richtung Kona war dann „hard work“ im Gegenwind angesagt und nun kam auch Shimanos „Synchro Shift“ zum Einsatz, wenn an den kraftsaugenden Wellen vor dem Airport die Kette beim Runterschalten automatisch aufs kleine Blatt und wieder zurück auf die große „Scheibe“ wechselte.
Sehr gut gefallen hat uns außerdem der standardmäßig im Cockpit angebrachte Flaschenhalter, mit dem man sowohl aerodynamisch voll dabei ist und die Flasche auch sofort griffbereit hat. Etwas mehr Fingerfertigkeit ist für die Flasche hinter dem Sattel gefragt (Übung macht den Meister).
Unser Testfazit: in einer Liga mit den arivierten Triathlon-Radmarken
Ehrlich gesagt hatte Van Rysel durch seinen Vertrieb über die Decathlon-Sportfachmärkte vorab bei uns den Stempel der Discounter-Radmarke. Nach unserem Praxistest können wir sagen: Ein komplettes Hirngespinst. Das Van Rysel XCR Tri Ultegra Di2 spielt als Newcomer definitiv in einer Liga mit den bekannten Radmarken im Triathlon TT-Bike Segment. Neben dem formschönen voll integrierten Rahmen-Set, überzeugte insbesondere die gut zu justierende Eigenlösung des Cockpits. Gleiches gilt für die hochwertige Ausstattung: Shimano Ultegra Di2 im Mix mit Dura Ace und Swiss Side Aerolaufrädern auf Profiniveau, was in Summe dann auch zu einem Gesamtgewicht von nur 8,9 kg führt. Und das alles für äußerst fair anmutende 7.600 EUR VK-Preis. Van Rysel, die Radmarke aus der „Hölle des Nordens“, dürfte mit ihren neuen Triathlon-Bikes in Zukunft der Konkurrenz durchaus die „Hölle heiß machen“.