Tipps für Langdistanz-Einsteiger von Timo Bracht: Der eigentliche Ironman passiert schon vor dem Ironman

von tri2b.com | 01.03.2009 um 00:00
tri2b.com Welches Rennen würdest du einem Einsteiger, der sich das erste Mal an den magischen 226 Wettkampfkilometern versucht, besonders empfehlen? T.B. Ich bin jetzt natürlich als Profi ein Athlet der bei den großen Rennen wie Roth und Frankfurt am Start ist. Es gibt aber auch kleinere Rennen die sehr reizvoll sind, wie zum Beispiel Glücksburg. Ich würde schon empfehlen, ein großes Rennen zu machen, auch wegen dem Mythos.

tri2b.comUnd für die lange Vorbereitungszeit. Eine besondere Empfehlung?
T.B. Man muss im Vorfeld gut planen. Sich im Vorfeld genug Freiräume schaffen, damit man nicht mit Beruf und Familie kollidiert. Man könnte also klare Absprachen mit der Familie und dem Arbeitgeber treffen und sich klar machen, das dass halbe oder dreiviertel Jahr vor einem Langtriathlon eine Zeit wird, wo man sich gegenseitig arrangieren muss. Der eigentliche Ironman passiert also schon vor dem Ironman. Es gibt eigentlich zwei Finish-Lines. Das eine ist die Startlinie und das andere die Ziellinie. Wenn man über die Startlinie geht, hat man schon die erste wirklich ganz große Etappe geschafft.

tri2b.com Und in der Trainingsumsetzung. Wo liegt deiner Meinung der Schlüssel zum Erfolg für Hobbyathleten?
T.B. Das sind bestimmt die langen, sehr langen Grundlageneinheiten auf dem Rad. Hier wird die Basis für den ganzen Stoffwechsel gelegt. Man braucht genügend, damit meine ich mindestens 6-8 Radeinheiten, die sechs Stunden und länger sind in den Beinen.

tri2b.com Wie schaut es mit den Intensitäten aus. Soll ein Rookie nur ruhig Grundlage machen oder zum Ende der Vorbereitung auch intensiver trainieren?
T.B. Man muss sich natürlich zuerst auch steigern in der Stundenzahl. Man kann ja nicht gleich mit 6-Stunden Ausfahrten beginnen. Da muss schon 2-3 Monate aufgebaut werden. Bei den Intensitäten muss man meiner Meinung im Training gar nicht soviel machen. Ab und zu ein kleinerer Wettkampf, ein Volkslauf in der Nähe oder ein Kurztriathlon, ist eine sehr gute Intensitätsspitze. Der Rest läuft eigentlich doch über das Grundlagenausdauertraining.

tri2b.com Ein Frühjahrsmarathon vor der Triathlonsaison ist bei vielen Hobbyathleten sehr beliebt. Es wird dabei auch oft die psychische Komponente – „ich hab die 42,2 km jetzt zumindest solo schon mal geschafft“ – als Teilnahmegrund angegeben. Profiathleten machen das eigentlich so gut wie nie. Was hältst du davon?
T.B. Ich bin froh für jeden Marathon, den ich nicht laufen muss (lacht). Von einem Frühjahrsmarathon würde ich eigentlich abraten. Für die Psyche wäre es vielleicht besser, wenn man sich mal an einem Tag an die Gesamtbelastungszeit des Ironman heran tastet. Man würde früh morgens eine Stunde zum Schwimmen gehen. Dann eine lange Radausfahrt über 6 bis 7 Stunden machen. Sich dann 2 Stunden gut verpflegt und etwas ausruht und am Abend kurz vor dem Dunkel werden noch 45 min. zum Laufen geht. Entscheidend ist die Trainingsdauer nicht die zurückgelegte Trainingsstrecke.

tri2b.com Wenn du dich an deine erste Langdistanz zurück erinnerst. Fällt dir spontan ein typischer Anfängerfehler ein, den du gemacht hast?
T.B. Das war im Jahr 2000, Ironman Roth. Lothar Leder hat gewonnen und es war eiskaltes Wetter. Was ich richtig gemacht hab, ich war auf jeden Fall gut bekleidet und warm angezogen. Der Fehler war einfach der, dass ich im Marathon dann zu schnell losgelaufen bin und mir im Training vorher die Grundlagen etwas gefehlt haben, vor allem läuferisch. Wobei man natürlich unterscheiden muss. Ich hab auch damals schon unter 9-Stunden gemacht, Hobbyathleten peilen vielleicht 12-14 Stunden an. Ich bin dann beim Laufen fürchterlich geplatzt. An der Lände, ab km 24, bin ich von so vielen Athleten überholt worden, wie nie zuvor in meinem Leben. Und bis heute ist mir so was nicht mehr passiert. Trotzdem hat es damals großen Spaß gemacht. Und wie so oft, ist der erste Ironman auch der Ironman, der am meisten in Erinnerung bleibt.

tri2b.com Wie viel Regeneration hast du nach diesem Niederschlag damals benötigt?


T.B. Das war gar nicht so arg. Das Finisher-Gefühl hat da vieles wettgemacht. Im jugendlichen Leitsinn habe ich zwei Wochen später gleich einen Kurztriathlon bei uns im Ort gemacht. Als echter Ironman wollte man sich natürlich auch dem heimischen Publikum zeigen. Das ging auch sehr gut damals. Jetzt bin ich da vorsichtiger geworden, da ich in den Rennen jedes Mal extrem an die Grenzen ran gehe. Ich höre jetzt mehr in meinen Körper hinein und gebe ihm mehr Ruhe nach den harten Rennen.