DATEV Challenge Roth: Souveräner Sieg für Lokalmatadorin Anne Haug

von Markus Kaiser für tri2b.com | 05.09.2021 um 17:33
Aus dem Wasser des Main-Donau-Kanals kam Anne Haug noch zwei Sekunden nach der Britin Fenella Langridge. Doch ab dann dominierte die amtierende Hawaii-Siegerin die Langdistanz beim DATEV Challenge Roth und kam mit über einer halben Stunde Vorsprung vor Laura Siddall (Großbritannien) und Langridge ins Ziel.

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Trotz ihres souveränen beinahe Start-Ziel-Siegs war die 38-jährige Teilnehmerin an den Olympischen Spielen 2016 in Brasilien im Zielbereich mit ihren Kräften so stark am Ende wie kaum eine Triathletin zuvor in Roth. Direkt nachdem sie in 7:53:48 Stunden die Zielllinie im mit der Hälfte der möglichen Zuschauer gefüllten Rother Stadion überschritten hatte, legte sie sich im Zielbereich hin. Challenge-Geschäftsführerin Kathrin Walchshöfer kam zu ihr, reichte ihr die Hand. Doch Anne Haug war zu erschöpft zum Stehen und für ein Fernsehinterview. Sie legte sich zunächst noch eine Weile hin. Aufgrund ihres großen Vorsprungs musste sie sich ohnehin bis zur Siegerehrung noch eine Weile gedulden und konnte sich so etwas erholen.

Erst als Siddall und Langridge ebenfalls im Ziel angekommen waren, hockte sich Haug auf das Siegertreppchen und gab das erste Interview, mischte sich danach auch unter die weiteren Journalisten. "Das Laufen war hart. Ab Kilometer 10 habe ich gedacht, ich muss sterben. Ich musste schon richtig tief graben. Aber ich stehe wieder: alles gut." Mit ihrem Rennen zeigte sie sich komplett zufrieden: "Es ist schon eine ganz komfortable Ausgangssituation, wenn man das Rennen unter Kontrolle hat. Agieren ist immer besser als reagieren."

 

"Ich hatte das Publikum auf meiner Seite"

 

Obwohl Anne Haug aus Bayreuth stammt und wegen des Mythos Roth zum Triathlon kam, war es ihr erster Start beim DATEV Challenge Roth. "So ein Heimrennen ist natürlich immer etwas Besonderes. Auch wenn es in diesem Jahr kaum Zuschauer gab, war doch das Publikum auf meiner Seite." In Zeiten von Covid sei es ein "mega, mega Rennen" gewesen. "Ich hatte heute gute Füße." Die Siegerzeit hatte für sie weniger eine Rolle gespielt: "Ich schaue während des Rennens nicht auf die Zeiten." Auch nach den sensationell klingenden 7:53:48 Stunden lohnt sich allerdings nicht der Vergleich mit der Weltbestzeit und den Zeiten von Chrissie Wellington, Yvonne van Vlerken & Co. aus den Vorjahren, da die Radstrecke aufgrund von Bauarbeiten um über zehn Kilometer verkürzt worden war.

Frühzeitig hatte Anne Haug am Sonntag ihre Gegnerinnen abgeschüttelt. Auf dem leicht fallenden Streckenabschnitt in Richtung Greding hatte sie richtig dick gekettet, Fenella Langridge war bereits nicht mehr zu sehen, die Tacho-Nadel eines Spotter-Fahrzeugs hatte beim Begleiten von Anne Haug 50 km/h angezeigt. Die nächsten Verfolgerinnen mit den Australierinnen Chloe Lane (spätere Vierte) und Sarah Crowley (am Ende Fünfte) lagen bereits über zweieinhalb Minuten zurück. Die 170 Radkilometer hat sie in 4:14:14 Stunden zurückgelegt und sich dabei einen komfortablen Vorsprung von über zehn Minuten herausgefahren, den die Laufspezialistin auf der Marathonstrecke sukzessive ausgebaut hatte.

 

Kampf um Platz 2

 

Spannend wurde es hingegen noch einmal um Platz zwei zwischen den beiden Britinnen Laura Siddall und Fenella Langridge. "Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen um Platz 2", analysierte die Zweitplatzierte Siddall. "Am Ende war vor allem mein Kopf einen Tick stärker. Die Beine waren gleich schwer." Sie sei sehr zufrieden. "An Anne Haug gab es heute ja kein Vorbeikommen." Siddall lief smart und nutzte im Wald vor allem die schattige, linke Seite der Laufstrecke, um sich vor der Spätsommer-Sonne zu schützen. Bei Kilometer 37 zog sie auf Platz zwei vor und verteidigte diesen bis ins Ziel (8:25:24 Stunden und damit rund eineinhalb Minuten vor Langridge).

Anne Haug hatte bereits für das Jahr 2020 ihren ersten Start in Roth angekündigt, der wegen der Corona-Pandemie allerdings komplett ausgefallen war. Damals hatte sie noch damit gerechnet, das bekannte Flair von Roth erstmals als Teilnehmerin erleben zu dürfen. Nachdem das Rennen 2020 abgesagt, 2021 von Juli auf September verschoben worden war und nur im Zielbereich Zuschauer nach der 3G-Regel und mit FFP2-Maske erlaubt waren, hatte der Challenge Roth in diesem Jahr ein komplett anderes Setting, keine Hotspots und auch nur im Zielbereich lautstarke Musik.

Die Teilnehmerzahl war mit gut 1400 Einzelstarterinnen und -startern etwas mehr als halbiert worden, der Solarer Berg als bekanntester Hotspot war aufgrund von Straßenbauarbeiten kein Bestandteil der Radstrecke und auch so gab es eher kleine Gruppen an Zuschauern, aber keine Massenansammlungen. Insgesamt scheint das Hygienekonzept aufgegangen und von den Zuschauern akzeptiert worden zu sein. Während in den vergangenen Jahren weit über 200.000 Besucher den Streckenrand gesäumt hatten, gab es in diesem Jahr sogar noch freie Plätze im Stadion im Zielbereich. Dies war von den Veranstaltern aber auch so gewünscht gewesen. "Wenn Ihr uns etwas Gutes tun wollt, dann bleibt zu Hause und schaut Euch das Rennen im Bayerischen Fernsehen an", hatte Challenge-Geschäftsführerin Kathrin Walchshöfer gesagt. Vielleicht ist dies für Anne Haug ja ein Ansporn, im Jahr 2022 das bekannte Roth-Flair tatsächlich einmal zu erleben und zu versuchen, ihren Titel zu verteidigen.