Ironman 70.3 WM: Sebastian Kienle holt Titel vor Alexander und Docherty

von A. Thomma für tri2b.com für tri2b.com | 09.09.2012 um 19:33
Sebastian Kienle ist der zweite deutsche Weltmeister auf der Ironman 70.3-Distanz. In 3:54:36 Stunden holte er sich in der Wüste Nevadas den Streckenrekord. Als Führender hielt Kienle auf der Laufstrecke den Angriffen von Craig Alexander (AUS) und Bevan Docherty (NZL) stand. Leanda Cave siegt vor Kelly Williamson und Heater Jackson ...

Sebastian Kienle ist der zweite deutsche Weltmeister auf der Ironman 70.3-Distanz. In 3:54:36 Stunden holte sich der Knittlinger in der Wüste Nevadas neben dem Sieg auch noch den Streckenrekord. In einem unglaublichen Rennen übernahm Kienle nach großem Schwimmrückstand auf der Radstrecke das Kommando und hielt auf der Laufstrecke den Angriffen des Australiers Craig Alexander und Bevan Docherty aus Neuseeland stand. Bei den Frauen setzte sich die Britin Leanda Cave ebenfalls auf dem Rad vom Feld ab und siegte vor einer stark laufenden Kelly Williamson und Heater Jackson (beide USA). Beim Schwimmauftakt im Lake Las Vegas waren es die Spezialisten Andy Potts, Josh Amberger und Clayton Fettell, die das Tempo bestimmten. Es folgte eine große Gruppe, u.a. mit Michael Raelert, Bevan Docherty, Richie Cunningham und Titelverteidiger Craig Alexander. Amberger schwamm in 23:16 Minuten die schnellste Zeit vor Potts, Michael Raelert kam als Sechster aus dem Wasser. Kienle musste auf den 1,9 km drei Minuten Rückstand auf die Tagesbestzeit hinnehmen.

Vier schmerzhafte Minuten beim Radfahren
Auf dem Rad bestimmte die Spitzengruppe nach dem Schwimmen zuerst das Tempo. Alexander hatte die Lücke von 30 Sekunden schnell geschlossen und diktierte zusammen mit Michael Raelert das Tempo. Faris Al-Sultan war nur wenige Sekunden nach Alexander aus dem Lake Las Vegas gestiegen, aber verpasste den direkten Anschluss und lag in einer kleinen Verfolgergruppe rund eine Minute zurück. Tim O’Donnell, Filip Osaply, Bevan Docherty und auch Greg Bennett passten sich der bequemen Rennsituation an. Sie waren die schnellen Läufer im Feld und wollten den Kontakt zur Spitze halten. Aber das Tempo war nicht hoch genug, Sebastian Kienle hatte nach rund 40 Kilometern seinen Rückstand vom Schwimmen aufgeholt. Im Spitzenfeld kassierte Raelert als Einziger eine 4-minütige Zeitstrafe, die er noch auf der Radstrecke absaß. Diese Zeit war im leistungsstarken Feld nicht wieder aufzuholen. Während somit die Chancen des Doppelweltmeisters in der Hitze Nevadas dahin schmolzen, machte sich Kienle auf den Weg seine Stärke auszuspielen.
Radturbo Kienle: Drei Minuten Vorsprung nach dem Radfahren
Nach einem kurzen Moment der Analyse und Erholung attackierte der 28-jährige und keiner konnte ihm folgen. US-Boy Tim O’Donnell und Alexander bemühten sich um die Verfolgung, trotzdem konnte Kienle innerhalb von zehn Kilometer ein Lücke von 40 Sekunden reißen. Dieser achtete auch besonders auf seine Verpflegung und ärgerte sich unterwegs, dass er in einer Verpflegungsstation keine zweite Flasche erfolgreich greifen konnte. Deshalb ging er bei der nächsten Möglichkeit auf Nummer sicher und hatte beim vierten Versuch auch Erfolg. Trotz dieses Missgeschicks konnte der Knittlinger bis zum zweiten Wechsel fast drei Minuten Vorsprung heraus fahren. Im Verfolgerfeld sprengte Alexander auf den letzten Kilometern noch die Gruppe und konnte sich etwas nach vorne absetzen.
Gegenwehr auf drei Laufrunden
Schon beim Wechsel zeigte Kienle, dass er keine Sekunde seines Vorsprungs verschenken wird. Er schnitt die Kurven und lief die ersten eineinhalb Kilometer bis zum ersten Wendepunkt kraftvoll und mit langen Schritten bergab. Er lief, als hätte er nur fünf Kilometer bei 37 Grad Lufttemperatur unter der sengenden Sonne zu absolvieren. Titelverteidiger Alexander übernahm das Kommando in der Verfolgung und nur Tim O’Donnell konnte ihm folgen. Der zweifache Olympiamedaillengewinner Docherty konnte noch zu den Verfolgern aufschließen. Aber der Rückstand auf Kienle wuchs zwischenzeitlich sogar auf etwas mehr als drei Minuten. In der zweiten Runde setzte sich Alexander von Docherty und O’Donnell ab, konnte aber den Rückstand auf den Deutschen bis ins Ziel nur auf eine Minuten verkürzen. So lief Sebastian Kienle mit einer deutschen Fahne die letzten 100 Meter im Zielkanal zu seinem ersten Weltmeistertitel und einem neuen Streckenrekord. Craig Alexander wurde in 3:55:36 Stunden zweiter vor Bevan Docherty, der 10 Sekunden auf einen wieder erstarkten Tim O’Donnell rettete. Michael Raelert ließ sich von seinen sieben Minuten Rückstand beim zweiten Wechsel nicht entmutigen und kämpfe sich bis ins Ziel. Er überholte mit seinem Halbmarathon in 1:17-Stunden noch einige Konkurrenten und wurde am Ende Achter. Knapp vor dem 2005er Ironman-Weltmeister Faris Al-Sultan, der sich in 4:03:27 Stunden den neunten Platz sicherte und dabei ein starkes Rennen auf der Mitteldistanz zeigte.
Sebastian Kienle freute sich im Ziel über seine erfolgreiche Taktik und seinen Erfolg
„Ich glaube ich hatte eine ein-prozentige Chance dieses Rennen zu gewinnen. Und jetzt bin ich im Himmel. Es hat immer etwas von einem Glücksspiel. Ich musste nach dem Schwimmen eine Lücke schließen. Vor zwei Jahren wurde mir gesagt: Wenn ich mich nicht beim Schwimmen entwickle und nur mit einer Minute Rückstand aus dem Wasser komme, dann werde ich nicht gewinnen. Ich habe heute gezeigt, dass ich Rennen auf dem Rad entscheiden kann. Alle hinter mir sind unglaublich schnelle Läufer. Ich habe es heute riskiert und ich wurde belohnt“.
Cave zog auf dem Rad davon
Die Britin Jodie Swallow knüpfte beim Schwimmen an ihren Sieg von 2010 an und setzte sich alleine an die Spitze des Frauenfeldes. Sie verließ nach 25:26 Minuten das rund 27 Grad warme Wasser. Die ersten Verfolgerinnen waren Kelly Williams (USA) und Leanda Cave. Julia Gajer kam mit der Favoritin Mirinda Carfrae nach 28:35 Minuten aus dem Wasser . Yvonne Van Vlerken (NED) konnte den Anschluss an die schnellen Schwimmerinnen nicht halten und lag drei Minuten hinter Gajer. Cave zögerte auf der welligen Radstrecke nicht lange und egalisierte bis Kilometer 25 die 30 Sekunden Vorsprung von Swallow, die 2010 einen Start-Ziel-Sieg bei der Ironman 70.3 WM in Clearwarter feierte. Bei den Verfolgerinnen schoben sich Angela Naeth und Vorjahressiegerin Melissa Hauschildt an die Positionen vier und fünf. Naeth wurde später von einem Platten zurück geworfen. Für Carfrae war das Rennen mit Magenproblemen frühzeitig auf der Radstrecke beendet. „Ich habe mit meiner Verpflegung experimentiert. In Kona gibt es bewährtes.“ Bis Kilometer 40 konnte Swallow den Kontakt zu Cave halten, danach setzte sich Cave von der Konkurrenz ab. Gajer befand sich in einer Verfolgergruppe mit Heather Wurtele und Joanna Lawn mit 6:10 Minuten Rückstand bei Hälfte der Radstrecke. Cave erarbeitete sich ähnlich wie Kienle bis zum zweiten Wechsel einen Vorsprung von 2:08 Minuten auf ihre Verfolgerinnen.
Kelly Williamson flog bis auf 41 Sekunden heran
Auf der Laufstrecke verteidigt Cave ihren Vorsprung auf Jackson und Hauschildt. Die Britin hatte vor einer Woche noch einen enttäuschenden 15. Platz beim hochdotierten Hy-Vee Triathlon in Des Moines verkraften müssen. Eine Woche Erholung mit Anreise und viel Schlaf zeigte positive Wirkung und auf der Laufstrecke konnte nur die Kalifornierin Kelly Williamson den Rückstand verringern. Insgesamt sollte die Amerikanerin 6:34 Minuten schneller laufen und zwischenzeitlich fast 30 Sekunden pro Kilometer gutmachen, aber am Ende war die Laufstrecke wohl zwei Kilometer zu kurz. So feierte Leanda Cave in 4:28:05 Stunden ihren Ironman 70.3-Weltmeistertitel. Kelly Williamson holte sich Platz zwei (4:29:24) und Heater Jackson komplettierte das Podium in 4:32:32. Julia Gajer sicherte sich mit einem soliden Halbmarathon Platz acht (4:37:15).