Ironman Austria 2002 tastet sich an die Grenzen

von Jens Richter für tri2b.com für tri2b.com | 05.07.2002 um 22:22
Am kommenden Wochenende rückt Kärnten ein weiteres Mal ganz dicht an Hawaii. Seit Mark Allen vor einigen Jahren ins Boot geholt wurde, ist der Ironman am Wörthersee in jedem Jahr besser geworden und hat sehr viel vom Ambiente der Ironman-Mutter übernommen. Im Konzert der vier europäischen Qualifier spielt Klagenfurt mit nur 50 Slots, aber 1.850 gemeldeten Athleten, deshalb auch eine herausragende Rolle ...

Welch eine Steigerung hat der Ironman Austria in Kärntens Landeshauptstadt in den letzten fünf Jahren erlebt! Die ursprünglich anvisierte Obergrenze von 1500 Athleten, soviel wie beim Mutterwettkampf auf Big Island, wurde mit dem letzten Meldestand um gut 350 überschritten – viele Starter sind leidenschaftliche Wiederholungstäter auf den schnellen Strecken am Wörthersee. Das hat sich auch nach der letztjährigen Hitzeschlacht mit Temperaturen um 35 Grad Celsius nicht geändert. Nun – Klagenfurt liegt ja nahe der Adria und nur einen kräftigen Steinwurf von der italienischen und slowenischen Grenze entfernt - auch in diesem Jahr könnte es also wieder heiß hergehen. Wer Kraft hat, kann eigene Bestmarken jagen Mit einem Marathon von 2:36 Stunden und einer Gesamtzeit von gerade über 7:50 Stunden fast im Alleingang ließ Peter Reid 1999 ernsthafte Zweifel an der korrekten Abmessung der Marathonstrecke aufkommen – zurecht! Im Folgejahr wurde die Strecke neu designed und ist jetzt exakt, trotzdem gehört der Ironman Austria zu den wenigen bestzeitverdächtigen Kursen weltweit. Trotz erheblicher Steigungsgrade auf der dreimal zu fahrenden Radrunde werden auch in diesem Jahr wieder mehr als hundert Athleten die Fünf-Stunden-Marke unterbieten, denn mit seinen fast geraden und langgezogenen Abfahrten gibt Klagenfurt zumindest den kraftvollen Athleten zurück, was sie in den Rampen von St. Egyden und Rupertiberg investieren. Schwimmen im Wörthersee – ein idyllischer Stress Geradezu idyllisch ist aber der Schwimmauftakt im meist grünblau scheinenden Wasser des Wörthersee – zumindest für die Zuschauer. In einem einzigen Massenstart zwischen zwei Landungsstegen und Sonnendecks dicht zusammengepfercht, werden das die Athleten vielleicht etwas anders sehen. Und auch an der ersten Wendeboje bei etwa 800 Schwimmmetern dürfte es noch einmal richtig eng werden. Reizvoll und besonders zuschauerfreundlich sind der Landgang am Startbereich nach der halben Distanz und die letzten 800 Meter der Strecke im engen Kanal zur ersten Wechselzone. Auf dem "Track of Shame" könnte es diesmal rund gehen Die Steigungen des Radkurses beginnen erst nach etwa 30 Kilometern, vorher geht es leicht wellig und pfeilschnell am südlichen Seeufer und hier lauert auch einer der großen Spaßverderber auf seine willenlosen Opfer: Der Windschatten gewinnt ja gemeinhin in dem Maße an Bedeutung, wie verfügbare Qualifikationsquoten abnehmen. Im vergangenen Jahr nahmen die Wettkampfrichter mehrmals allen Mut zusammen, und stoppten am Fuße der ersten Anstiege ganze Pelotons. Fast ohne Ansehen der Person wurde jedem eine 800 Meter lange Bedenkzeit in der "Track Of Shame" verordnet. Sicher eine noch bessere Regelung als die Strafminuten auf Hawaii, denn vor allem in der Gluthitze tut jeder zusätzliche Meter weh. Reife Organisation in vielen Details Aber auch so werden die mehreren Dutzend eingesetzten Rennärzte sicher wieder gut ausgelastet sein. Die medizinische Überwachung auf der Strecke ist in Klagenfurt fast perfekt. So werden nicht nur Athleten versorgt, die ganz offensichtlich Hilfe benötigen, sondern auch jene beraten oder sogar aus dem Rennen genommen, die den Überblick über die eigenen Belastungsgrenzen zu verlieren drohen. Klagenfurt ist in vielen dieser feinen Details hervorragend organisiert und trägt gaz eindeutig die Handschrift des sechsfachen Hawaii-Siegers Mark Allen, der nach seinem Besuch beim IM France auch in Klagenfurt wieder höchstselbst die Finisher-Medaillen überreichen wird. Bowden fordern heißt im Marathon fliegen Klare Favoritin für den Sieg bei den Damen ist sicher die überragende Vorjahressiegerin und Hawaii-Zweite Lori Bowden. Da sie durchaus in der Lage ist, deutlich unter sechs Stunden Rennzeit auf ihre Paradestrecke, den Marathonlauf aufzubrechen, dürfte sie auch zu Überraschungs-Konkurrentinnen zu diesem Zeitpunkt fast noch Sichtkontakt haben. Ob jedoch Maryellen Powers (USA), die Vorjahresfünfte Manuela Ianesi (Ita), Ariane Schumacher aus Zofingen oder sogar Wenke Kujala (in diesem Jahr für das Corpus Team Hilpoltstein unterwegs) ebenfalls zu einem flachen Dreistunden-Marathon in der Lage sind, ist mehr als fraglich. Im Vorjahr lag Bowden als Siegerin in 8:59:41 Stunden 20 Minuten vor Wendy Ingraham. Viele Favoriten im Rennen der Männer Bei den Männern scheint alles ein wenig offener: Zwar ist Rainer Müller-Hörner nach einer phantastischen Leistung als Vorjahreszweiter auch in diesem Jahr ein wenig mehr als ein Mitfavorit, doch sind Vielstarter Petr Vabrousek (CZE), Kyrill Litoutsenko (EST) und vor allem der marathonstarke Olaf Sabatschus sehr ernsthafte Konkurrenten. Nicht zu vergessen der "Local Hero" Alexander Frühwirth, ebenfalls ein 2:50er-Kandidat im Marathon. Es muss schon alles perfekt laufen bei Dr. Müller-Hörner, um da nicht im Finish noch ernsthaft unter Druck zu geraten. Und mit den anderen Deutschen Alex Lang, Thomas Braun, Andreas Benstein und dem gerade noch nachgemeldeten Harald Feierabend ist das Feld auch ohne ganz große Stars recht vielversprechend besetzt. Nach den anspruchsvollen und doch ein wenig kleiner dimensionierten Ironman-Rennen auf Lanzarote und in Gérardmer läutet die fünfte Ausgabe des Rennens im österreichischen Süden nun die ganz heiße Phase der europäischen Langstrecken-Rennen ein und testet dabei die Leistungsgrenzen von Teilnehmern und Organisation gleichermaßen.