Ironman Hawaii 2014: Euro-Rookies im Blickpunkt

von H. Eggebrecht für tri2b.com | 10.10.2014 um 23:14
Die Dramaturgie des Ironman Hawaii kann ganz einfach erklärt werden. Es gibt Jäger und Gejagte, Hasardeure und Taktiker, Kona-Rookies und Kona-Veterans. Wer am Ende als Erster den Zielstrich am Alii Drive überquert, hat den weltweit wichtigsten Triathlon-Event gewonnen und darf sich eines Eintrags in die Geschichtsbücher sicher sein. In diesem Jahr stehen vor allem einige Rookies, also Athleten die erstmals den Ironman Hawaii in Angriff nehmen, im Blickpunkt. Aus deutscher Sicht ist das ganz klar Jan Frodeno.

Dem Olympiasieger von 2008 trauen nicht nur die deutschen Triathlonfans großes zu. "Frodo" ist dieser Tage überall in Kona im Gespräch, wenn es um die Rennfavoriten geht. Und das, obwohl der 32-Jährige noch kein einziges Mal die mystischen Strecken zwischen Kailua-Kona und Hawi bewältigt hat. Selbst Craig Alexander hat Frodeno auf der Rechnung. Auf der Prerace-PK lobte der dreifache Hawaii-Sieger den Deutschen in den höchsten Tönen. Und Hawaii-Firsttimer haben in der Tat, wenn man sich die Statistik anschaut, gute Chancen auf eine Platz ganz weit vorne. Prominente Beispiele: Luc van Lierde rannte 1996 gleich beim ersten Start zum Sieg und sogar zum Streckenrekord. Chrissie Wellington startete 2007 als Kona-Novizin ihre Siegesserie.

Und auch die Germans haben in der Vergangenheit bei ihrem ersten Kona-Auftritten Erstaunliches geleistet. Thomas Hellriegel und Reiner Müller-Hörner waren 1995 Zweite und Dritte. Andreas Raelert 2009 ebenfalls Dritter. Ähnliches ist Jan Frodeno am Samstag zuzutrauen. Der große Vorteil der Rookies? Sie können (fast) völlig unbelastet ins Rennen gehen. Klappt es, dann werden sie als neue Ironman-Stars an der Finishline gefeiert. Klappt es nicht und sie müssen bei den unbarmherzigen Hawaii-Bedingungen ihr Lehrgeld bezahlen, dann ist dies wiederum eine Bestätigung, dass gerade in Kona reichlich Erfahrung viel wert ist. Auf den Punkt hat es dieser Tage im Interview bei uns Rookie Boris Stein gebracht: "Ich weiß nicht was im Marathon drin ist. Zwischen unter drei Stunden und bis vier Stunden ist alles möglich".

Alles möglich könnte auch für Nils Frommhold sein. Der Potsdamer wird, anders als Frodeno, nur bei den Germans als Anwärter auf die Top Five genannt. International ist der Challenge Roth-Zweite noch ein "Dark Horse". Und die Kona-Arrivierten? Die Raelerts, Kienles oder zum Beispiel McKenzies. Sebastian Kienle hat sich durch seine beiden tollen Auftritte in den Vorjahren in die Herzen der Fans geschwommen, geradelt und gelaufen. Nun gehört er auch international zu den Topfavoriten und nimmt diese Rolle an. "Mein Ziel ist es, das Rennen hier zu gewinnen", sagte er uns beim Interviewtermin. Auf der offiziellen Pressekonferenz setzte "Sebi" dann ein echtes Pokerface auf. Gefragt nach den möglichen Rennbedingungen (die PK fand am späten Vormittag im Luau Garden des King Kam-Hotels statt, mit Blick auf einen heute extrem welligen Pazifik) antwortete Kienle mit einem Gleichnis: "Aussagen über den Wind zu machen ist so wie das Ergebnis des Pro-Rennens vorherzusagen. Wenn die Vorhersagen aber stimmen, dann soll es so werden, dass Einige da draußen Probleme bekommen werden. Gut für die starken Radfahrer."

Ebenso bedeckt hielten sich die andern Podiumsplatzierten des Vorjahres. Frederik van Lierde, der es in der abgelaufenen Saison als Ehre empfand, als Weltmeister zu starten und Luke McKenzie, der vom Lieblingsrennen sprach und "heiß" auf den Samstag ist. Anders sieht es bei Andreas Raelert aus. Der beste deutsche Hawaii-Starter der vergangenen fünf Jahre kommt nach einer Phase von Verletzungen und für ihn eher durchschnittlichen Ergebnissen als Außenseiter nach Kona. Trotzdem wünscht sich so mancher deutscher Fan, dass "Raeli" der Überraschungsmann des Tages wird. Er selbst will vor allem sein schmerzliches DNF aus dem Vorjahr vergessen machen und wieder als Finisher am Alii Drive einlaufen Bei den Frauen verhält es sich ähnlich.

Mit Julia Gajer hat eine Rookie-Athletin die aus deutscher Sicht wohl besten Erfolgsaussichten. Gerade Gajer hatte 2011 in Roth selbst die Fachwelt überrascht, als sie in Roth als Rookie Zweite wurde. Für die große internationale Wahrnehmung reicht dies aber in Kona nur bedingt. Dazu müssen vor allem Ironman-Titel im Palmares stehen. Die Schweizerin Daniela Ryf hat diese im Sommer im Akkordtempo gesammelt. Ironman Switzerland, Ironman Kopenhagen und dann noch der Weltmeister-Titel über die halbe Ironman-Distanz rücken die ehemalige Kurzdistanz-Spezialisten in den Mittelpunkt des Interesses. Was wird Ryf ausrichten können gegen die "Grand Dames" des Ironman Triathlon? "Ich weiß, dass ich auf dem Rad alles geben muss, um eine Chance auf den Sieg zu haben. Im Laufen wird man dann sehen was noch geht."

Mirinda Carfrae, die von Business as usal sprach, Rachel Joyce, Leanda Cave und Caroline Steffen sind die eigentlichen Favoritinnen und müssen den Ansprüchen ihrer Fans und erst recht den eigenen gerecht werden.Und die Rookies? Die können gewinnen, müssen aber nicht, um trotzdem irgendwann vielleicht in den Ironman Geschichtsbüchern zu stehen, wie man am Beispiel Mark Allen sieht.