Ironman Hawaii: Iden rennt Konkurrenten im Marathon nieder, Kienle wird starker Sechster

von Sven Weidner für tri2b.com | 09.10.2022 um 02:20
Selten war ein Ironman WM-Rennen so spannend wie dieser Showdown zwischen Sam Laidlow, Gustav Iden und Kristian Blummenfelt. Schlussendlich konnte sich der norwegische Kona-Rookie Gustav Iden nach 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195 km Laufen mit einem neuen Streckenrekord zum King of Kona krönen. Dieser liegt nun bei 7:40:24 Stunden und damit knapp 11 Minuten unter der alten Zeit von Jan Frodeno aus dem Jahr 2019. Auf Platz 2 lief der Franzose Laidlow ein, der das Rennen vom Schwimmstart bis Kilometer 35 im Marathon bestimmt hatte. Etwas überraschend musste sich Topfavorit Kristian Blummenfelt mit dem Bronzerang begnügen. Als bester Deutscher kann Sebastian Kienle seine Kona Kapitel mit einem sehr guten sechsten Platz und dem ersten Sub8-Finish auf Big Island abschließen.

Ähnlich wie im Rennen der Frauen am Donnerstag bot der Pazifik beste Bedingungen für die Profimänner bei ihrer Rückkehr nach Big Island. Mit dem Startschuss nahm der 24-jährige Franzose Sam Laidlow das Heft in die Hand und setzte sich sofort an die Spitze des Feldes. Sein angekündigtes Ziel war, als Erster aus dem Wasser zu kommen, nachdem er schon unangemeldet den Hoala-Trainings-Swim am letzten Wochenende gewonnen hatte. An seine Füße setzte sich direkt Florian Angert. Nach wenigen hundert Metern wurde das Feld in zwei Gruppen geteilt. Etwas überraschend bestand die Spitzengruppe zu diesem Zeitpunkt aus über 20 Athleten. Mit dabei waren alle Favoriten mit Ausnahme von Lionel Sanders, Joe Skipper und Magnus Ditlev.

18-köpfige Spitzengruppe stürmt in die erste Wechselzone

Kurz vor der Wendemarke war es dann Florian Angert, der das Tempo etwas anzog und sich damit an die Spitze des Feldes setzte. In Folge dieser Tempoverschärfung mussten zunächst Patrick Lange nach etwa 2,6 km und etwas später auch Maurice Clavel aus der Spitzengruppe abreißen lassen. Dennoch erreichten sage und schreibe 18 Athleten zusammen nach etwas mehr als 48 min die erste Wechselzone, die für die Profis erstmals nicht auf dem Pier, sondern auf dem Alii Drive aufgebaut war.  

Durch einen besonders schnellen Wechsel konnten sich der Australier Max Neumann und Jesper Svensson aus Schweden als erste auf die Radstrecke machen. Der Schwede musste allerdings den Australier sehr bald ziehen lassen und bereits bei Kilometer 15 konnte Laidlow zum Führenden aufschließen.

Angert muss in den Penalty Box  - 5er Spitze in Hawi

Zu diesem Zeitpunkt hatte die 15-köpfige Verfolgergruppe einen Rückstand von einer Minute auf das Spitzenduo. In diese Gruppe konnte sich auch Challenge Roth-Sieger Magnus Ditlev mit einem schnellen Wechsel und hart angefahrenen ersten Kilometern vorarbeiten. Bis Kilometer 50 blieb der Abstand zwischen dem Duo Laidlow/Neumann und seinen Verfolgern konstant. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Zunächst wurde Florian Angert, der zu diesem Zeitpunkt einen Großteil der Führungsarbeit bei den Verfolgern leistete, mit einer 5 min Zeitstrafe belegt. Diese sollte bei Weitem nicht die einzige im Profifeld am heutigen Tage bleiben. Danach setzte Ditlev zur Attacke an. In seinem Schlepptau hatte er den amtierenden Ironman Weltmeister Christian Blummenfelt. Gustav Iden, der zweite norwegische Favorit im Feld, schien die Attacke zunächst verschlafen zu haben. Er konnte die Lücke nach vorne aber in den folgenden 15 km noch schließen, sodass sich zum Wendepunkt in Hawi eine 5-köpfige Spitzengruppe mit Laidlow, Neumann, Ditlev, Blummenfelt und Iden bildete.

Laidlow fährt allen davon und pulverisiert Wurfs Radrekord

Dahinter hatte sich die große Gruppe in viele kleine aufgespalten. Aus deutscher Sicht waren Andi Dreitz und Sebastian Kienle mit etwas mehr als 5 min Rückstand am aussichtsreichsten platziert. Patrick Lange lag zwar zur Wende zwischen diesen Beiden, hatte aber auch eine 5 min Zeitstrafe bekommen, die er noch abzusitzen hatte. An der Spitze war es Laidlow, der eine Lücke nach der Verpflegung zum Anlass nahm, seine Konkurrenten abzuschütteln. 30 Kilometer nach der Hawi-Wende in Kawaihae hatte er schon einen Vorsprung von einer Minute auf seine ehemaligen Begleiter. Einen neuen Radrekord vor Augen beschleunigte der junge Franzose immer weiter. Als er 30 km vor Kona zum Lookout hochkletterte war sein Zeitpolster schon auf 4 min angewachsen. Kurz vor der Wechselzone ergriff auch Ditlev noch einmal die Initiative, da er zuvor ebenfalls eine Zeitstrafe hinnehmen musste. Nach den 180 km konnte Laidlow sein Rad mit einer Zeit von 4:04:36 Stunden abstellen. Damit hatte er den alten Radrekord von Cameron Wurf um fast 5 min unterboten. Die hoch gehandelten Norweger erreichten die T2 zusammen mit Neumann gut 6 min später als der Führende. Sebi Kienle zeigte ein starkes Radfahren und schob auf dem Rückweg nach Kona bis auf den 8. Platz vor. Da seine Laufform laut seinem Trainer aktuell besser sei als die Radform, waren die deutschen Hoffnungen auf ein Top 5-Resultat noch immer am Leben.

Laidlow beißt sich an der Spitze fest – Blummenfelt muss Traum vom Sieg begraben

An der Spitze zeigte Laidlow, der beim Collins Cup und den PTO Canadian Open beim Laufen noch eingebrochen war, zunächst keine Schwächen, sodass seine drei Verfolger gerade einmal eine Minute auf den ersten sechs Laufkilometern gutmachen konnten. Etwas überraschend hielt Neumann mit Iden und Blummenfelt mit. Bis Kilometer 11, bevor der Anstieg in der Palani Road anstand, konnten diese dann ihren australischen Kontrahenten loswerden und den Rückstand auf Laidlow um eine weitere Minute reduzieren.

Dieser kam aber immer besser in den abschließenden Marathon hinein, sodass die Norweger weitere 10 km benötigten, um eine weitere Minute auf den Franzosen gut zu machen. Auffällig dabei war, dass Iden den Großteil der Führungsarbeit bei den Norwegern leistete, obwohl Blummenfelt als der stärkere Läufer eingeschätzt wurde. Im Energy Lab sah es dann kurzzeitig so aus, als ob Blummenfelt seiner Rolle als Topfavorit gerecht werden könne. Er konnte Iden um ein paar Meter distanzieren. Dieser konterte promt und lag bei km 30, als es auf den Highway 19 zurückging, plötzlich 0:30 min vor seinem Landsmann und nur noch 2 min hinter Laidlow. Es zeichnete sich ein spannendes Finale, wie 2017 zwischen Sanders und Lange ab.

Iden und Laidlow mit Shakehand auf dem Highway

Iden beflügelt davon, dass er allein auf Position zwei lag, konnte die Lücke nach ganz vorne immer schneller schließen. Innerhalb von nur drei Kilometern lief er eine weitere Minute auf den Führenden zu. Kurz vor der 36 km-Marke war es dann um den tapfer kämpfenden Franzosen geschehen. Iden schloss auf und klopfte Laidlow anerkennend auf die Schulter. Dieser erwiderte die Geste mit einem Shakehand. Das Rennen um den Sieg war entschieden.

Iden rannte nun mit einem neuen Laufrekord von 2:36:15 Stunden auch zum neuen Streckenrekord und durfte als Kona-Rookie gleich seinen ersten Ironman WM-Titel am Alii Drive feiern. Laidlow kämpfte sich ebenso wie der drittplatzierte Blummenfelt und der viertplatzierte Neumann noch unter der alten Bestmarke von Jan Frodeno ins Ziel.

Kienle mobilisiert alles für Rang sechs, Lange Zehnter, Angert Zwölfter

Im Kampf um den letzten Platz in der Siegerpressekonferenz musste sich Altmeister Kienle knapp dem stark laufenden Joe Skipper geschlagen geben. Er konnte sich allerdings als Sechster über seine erste Sub8-Zeit auf Big Island freuen. Zweitbester Deutscher wurde Patrick Lange als 10. Er konnte mit einem gewohnt starken Marathon noch einige Männer einsammeln und sich den letzten freien Top Ten-Rang sichern. Florian Angert landete, vor dem Hintergrund seiner Zeitstrafe, auf einem ebenfalls starken 12. Platz.