Kienles Kona-Karriere: Der Weg zum Ironman Hawaii-Sieg

von H. Eggebrecht für tri2b.com | 24.10.2014 um 17:02
Das Ziel: Hawaii gewinnen. Mit dieser Aussage auf seiner Website machte Sebastian Kienle schon vor dem Schritt in Richtung Triathlon-Langdistanz deutlich, wohin es gehen soll. "Ich möchte das maximale in diesem Sport erreichen", war im Frühjahr 2010 die Antwort Kienles, als wir sein Ziel in einem Interview hinterfragten. Viereinhalb Jahre später ist der heute 30-Jährige dort, beim Ironman Hawaii-Sieg, angekommen. Ziel erreicht - könnte man sagen. Doch auch der Weg dorthin war spannend und reich an Höhepunkten.

Zum Ende der Saison 2005 tauchte der Name Sebastian Kienle erstmals in der Berichterstattung auf tri2b.com auf. Als 21-Jähriger gelang ihm als Außenseiter der Sieg bei der Deutschen Meisterschaft im Crosstriathlon beim Xterra Germany am Titisee. 2006 gab es an gleicher Stelle die Wiederholung des Erfolgs und auch auf der Straße ließ "Sebi" erstmals aufblitzen, wohin es in Zukunft gehen könnte. Beim Alpen-Triathlon am Schliersee triumphierte damals Daniel Unger als Deutscher Meister. Schnellster Radfahrer des Tages zwischen Schlier- und Spitzingsee war aber Sebastian Kienle, der als Zehnter (1. U23-Wertung) einen gewissen Jan Frodeno, wie jetzt auf Hawaii, um zwei Plätze hinter sich ließ.

Erst der König von Buschhütten

Die Kurzdistanz ohne Windschattenfreigabe, oder besser Buschhütten, war dann in den Folgejahren einer der großen Plätze für die "Kienle-Show". Fünfmal in Serie ab 2008 triumphierte der gebürtige Heuchelberger beim Siegerland-Cup und fuhr dabei die meist sehr namhafte Konkurrenz auf dem Rad in Grund und Boden. 2008 ging es für Sebi auch erstmals auf das internationale Triathlon-Parkett. Dritte Ränge bei den Ironman-70.3-Konkurrenzen in Rapperswil und in Monaco deuteten eine erfolgreiche Zukunft auf der halben Ironman-Distanz an. Im 2009er Jahresrückblick hieß es dann schon: "K wie Kienle: Sebi eilt von Sieg zu Sieg". Die wurden mittlerweile auf der Mitteldistanz eingefahren. Sieg bei der Premiere der Challenge Kraichgau, Sieg beim Ironman 70.3 in Wiesbaden. Die Rufe, wann es endlich auf die Langdistanz geht, wurde immer lauter und 2010 war es soweit. Roth wurde Kienles Langdistanz-Debüt. Und was für eines.Sebastian Kienles Triathlon-Karriere in 30 Bildern ...

Schnellster Langdistanz-Rookie der Triathlongeschichte

"Gut das Stadler dabei war, sonst wäre ich wohl noch schneller auf dem Rad angegangen", so Kienle, der nach dem Ausstieg Stadlers allein vorne weg fuhr und danach von "Hochfliegen" und "Gänsehaut" am Solarer Berg sprach. Der Däne Rasmus Henning fing den Roth-Rookie noch ab, der als Zweiter in 7:59:06 Stunden das schnellste Langdistanz-Debüt der Geschichte hinlegte und sich fortan immer öfter den Fragen zu Kona und dem Ironman Hawaii stellen musste. Drei Monate später durfte er uns die Fragen dann sogar direkt am Pier von Kailua-Kona beantworten. Kienle war als Zuschauer und zur Vorbereitung auf die Xterra-WM nach Big Island gereist und sprach anschließend von "überwältigenden Eindrücken".2011 war dann aber trotzdem nochmal Mittelfranken anstatt Big Island angesagt. Kienle war der Gegenspieler im "Duell des Jahres" gegen Andreas Raelert in Roth. Raelert drückte in diesem Rennen die Weltbestzeit auf 7:41:33 Stunden und Kienle musste sich wie schon im Kraichgau dahinter einreihen. Im Interview bei uns ließ Kienle noch direkt am Abend verlauten, dass er nun auch Qualipunkte für Kona sammeln will, mit Start im Herbst 2011.

Aber keine Ahnung von der Langdistanz

Beim Ironman in Arizona trat der Deutsche genauso in die Pedale, wie bei den Rother Auftritten. Doch ein Defekt und eine so bisher nicht gekannte Schwächephase ließen Kienle die Triathlon-Langdistanz plötzlich in einem ganz anderen Blickwinkel sehen. „Und dann bin ich richtig explodiert, so wie ich im Rennen noch nie explodiert bin. Rennen werden eben nicht am Anfang gewonnen, sondern am Schluss. Ich muss mir eingestehen, dass ich bis jetzt von Langdistanz-Triathlon einfach überhaupt keine Ahnung hatte“, so die Quintessenz vom Ironman im Wilden Westen.Die Ironman-Fortsetzung folgte 2012 in Frankfurt. Kienle wurde vor heimischer Kulisse Zweiter hinter dem Belgier Marino Vanhoenacker und das Punktekonto im Kona-Proranking war so gut gefühlt, dass dem ersten Hawaii-Start nichts mehr im Wege stand. Vor dem Kona-Start ging es noch zur Ironman-70.3-WM nach Las Vegas. Kienle kam mit dem Titel über die halbe Distanz zurück und war nun in Kona schon beim ersten Auftritt im Fokus der Medien. Ein "flat tire" und ein "typisch deutscher Versuch" eines Reifenwechsel verhinderten Größeres als Rang vier als Kona-Rookie am Alii Drive. Trotz des Reifenplatzers verbuchte Sebi aber den "best bike split" und erntete Lob von allen Seiten.

2013: Erst krank und verletzt, dann WM-Sieg und Kona-Podium

2013 sollte dann lange eine schwierige Saison, wenn nicht die schwierigste der bisher so im Dauersteigflug verlaufenen Profikarriere, werden. Kienle war im Frühjahr verletzt und erkrankt. Keine Radbestzeiten und Topplatzierungen, dafür eine Rennabsage nach der anderen. Der Trainingsrückstand führte in Frankfurt beim Ironman zu Rang neun, auch über die 70.3-Distanz in Wiesbaden waren plötzlich andere schneller. Doch dann kam der September und die 70.3-WM in Las Vegas. Sebi präsentierte sich wieder in Topform und verteidigte, für viele in der Tat überraschend, den WM-Titel. Fünf Wochen später ging es in Kona dann als Dritter erstmals auf Siegerpodest, unter Aufwartung der wirklich allerletzten Kraftreserven - "mir taten sogar die Haare weh". "Viel Spaß bei der großen Show." So verabschiedete sich ein sichtlich angespannter aber ebenso hochfokussierter Kienle fünf Tage vor dem 2014er Hawaiistart bei uns im Interview. Die Vorfreude stieg, denn große Sebi-Shows gab´s in dieser Saison schon im Kraichgau und in Frankfurt zu bewundern, inklusive Kurs- und Radrekord bei der Ironman-EM. Kienles Kona-Show lieferte zwar keine neuen Rekordmarken, "ich will nach dem Radfahren nicht tot in der Wechselzone umfallen, sondern das Rennen gewinnen", dafür aber einen mehr als verdienten Sieger zu Tage. Ziel erreicht!2005 tauchte beim Rennbericht von der Xterra DM am Titisee erstmals der Name Kienle bei uns in einer Überschrift auf. Bis heute sind in unserer Datenbank 122 Texte mit "Kienle-Headline" gelistet. 325 Mal ist Sebastian Kienle als Bild im System. Außerdem stand uns Sebastian Kienle seit 2010 für insgesamt 27 Interviews zur Verfügung. Vielen Dank Sebi für die tollen und immer offenen Statements. Wir freuen uns schon jetzt auf Interview Nr. 28!