Olympia 2004 - Frauenrennen: Dramatik pur bei den Frauen

von René Penno für tri2b.com | 25.08.2004 um 11:00
Mit einer beeindruckenden Laufleistung ist die Österreicherin Kate Allen zu Olympischem Gold gerannt. Erst auf den letzten Metern schloss sie zur Australierin Loretta Harrop auf, die lange führte und den Sieg bereits sicher zu haben schien. Dritte wurde etwas überraschend die Amerikanerin Susan Williams.

Die Rahmenbedingungen für einen olympischen Triathlon hätten besser gar nicht sein können. 28 Grad die Lufttemperatur am Start, 26 Grad die Wassertemperatur und ein 50-köpfiges Weltklassefeld, in dem gleich mehrere Frauen für die Podestplätze in Frage kamen. Was ein wenig fehlte, waren die Zuschauermassen, wie man sie aus Sydney kannte und auch jedes Jahr beim Weltcup in Hamburg erlebt.Dem letztlich spannenden und höchst dramatischen Rennverlauf tat das jedoch keinen Abbruch. Schon beim Schwimmen reihten sich die Favoritinnen vorn ein. Sheila Taormina setzte sich gleich an die Spitze und versuchte, zu entkommen. Kurz dahinter behielten Loretta Harrop (Aus) und Barb Lindquist (USA) die Amerikanerin (Schwimmzeit 18:20 Min.) jedoch im Auge. In dieser Reihenfolge ging es auch in den ersten Wechsel.

 

Harrop und Taormina suchen frühe Entscheidung

 

Schon auf den ersten Radkilometern formierten sich die einzelnen Gruppen. Taormina setzte sich auf dem ersten, bis zu 20 Prozent steilen Anstieg zusammen mit Harrop ab. Hinter den beiden folgten mit Barb Lindquist und Susan Williams zwei weitere Amerikanerinnen, dahinter dann nahm eine große Gruppe die Verfolgung auf.Doch schon während der ersten, acht Kilometer langen Radrunde wurde deutlich, dass sich weder Harrop noch Taormina das Heft aus der Hand nehmen lassen wollten. Beide bauten ihren Vorsprung auf die beiden Verfolgerinnen kontinuierlich bis auf 50 Sekunden aus. Das amerikanische Duo Williams/Lindquist indes konnten sich vom recht passiven Verfolgerpack, in dem auch Anja Dittmer und Joelle Franzmann fuhren, weiter absetzen.

 

Kathleen Smet mit Mut


Dieser Unentschlossenheit entfloh in der zweiten Runde die Belgierin Kathleen Smet im Alleingang. Ein schweres Unterfangen für die Europameisterin, wie sich im weiteren Verlauf herausstellen sollte. Ein starker Wind machte es der Solistin noch zusätzlich schwer, zu den beiden Verfolgerinnen aufzuschließen. Dennoch konnte Smet den Abstand zu den Beiden bis auf zehn Sekunden verringern. In der letzten Runde musste sie der Verfolgungsjagd allerdings Tribut zollen und verlor wieder wertvolle Zeit.Susan Williams, für viele überraschend im Olympiaaufgebot der Amerikanerinnen, und Barb Lindquist konnten ihrerseits den Rückstand zur Spitze verringern. Und nach dem letzten Anstieg gab es sogar eine völlig neue Situation an der Spitze. Loretta Harrop forcierte scheinbar mühelos das Tempo am steilsten Stück, Sheila Taormina zeigte Schwächen und wartete auf ihre beiden Teamkolleginnen.Aus dem zweiten Wechsel nahm Loretta Harrop 18 Sekunden Vorsprung mit auf den Zehn-Kilometer-Run. Dahinter fiel die Gruppe der drei Amerikanerinnen nach und nach auseinander. Zuerst fiel Barb Lindquist zurück, später musste auch Sheila Taormina die starke Susan Williams ziehen lassen. Was da bereits nach einer Vorentscheidung aussah, Loretta Harrop lief mit komfortablen 30 Sekunden Vorsprung an der Spitze, artete eingangs der letzten Runde in pure Dramatik aus.

 

Kate Allen mit Wahnsinns-Finish zu Gold


Da nämlich kam mit einem mächtigen Speed Kate Allen von hinten heran, "kassierte" als erstes Barb Lindquist, anderthalb Kilometer vor dem Ziel zog sie auch an Susan Williams vorbei und hatte nun Gold im Visier. Denn plötzlich schien auch Loretta Harrop, die bis dahin scheinbar mühelos und leichtfüßig ihr Tempo gelaufen war, blockiert. Wie aufgezogen dagegen und die Führende im Blick saugte sich Kate Allen förmlich an die Australierinheran. Es hätte dramatischer nicht sein können. Mit einem beeindruckenden Finish überrannte die in Australien geborene und in Geelong lebende Wahl-Österreicherin eingangs des Stadions die verzweifelte Harrop, die nicht mehr kontern konnte und auf den letzten Metern gleich sieben Sekunden verlor. Dritte, mit 25 Sekunden Rückstand auf die Siegerin, wurde Susan Williams. Kathleen Smet wurde für ihre Entschlossenheit als Vierte nur mit "Holz" belohnt, und dennoch war es eine starke Leistung der routinierten Belgierin, die im Ziel 52 Sekunden zurücklag.

 

Deutsche Athletinnen hinter den Erwartungen


Beste Deutsche wurde Anja Dittmer. Sie blieb, genau wie Joelle Franzmann auch, im ersten großen Verfolgerpack förmlich hängen. Beide zeigten womöglich zu wenig Courage, hatten vielleicht aber auch nicht die Form, den Rückstand zur Spitze auf der mörderischen, 40 Kilometer langen Radstrecke noch einmal zu verringern. Anja Dittmer wurde schließlich mit 3:43 Minuten Rückstand Elfte, Joelle Franzmann 16. Der Traum von einer, insgeheim sicher erhofften, olympischen Medaille bleibt somit zumindest für vier weitere Jahre unerfüllt.