Olympia in Tokio: Erfahrung gegen jugendliche Unbekümmertheit beim Triathlon der Frauen

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 25.07.2021 um 12:17
Im olympischen Triathlon-Einzelrennen der Frauen über 1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren und 10 km Laufen (Dienstag, 27.7. – 6:30 Uhr Ortszeit /23:30 Uhr dt. Zeit) teilt sich das Lager der Medaillenfavoritinnen in zwei Gruppen. Auf der einen Seite die erfahrenen Athletinnen um Flora Duffy, Vicky Holland und Nicola Spirig, auf der anderen Seite die jungen Wilden mit Taylor Knibb, Maya Kingma, Cassandre Beaugrand und auch der deutschen Medaillenhoffnung Laura Lindemann.

Zum Wochenstart könnte in der Region Tokio der Taifun „Nepartak“ wüten, der derzeit über dem Pazifik Kurs auf Japan nimmt. Laut den Berechnungen der Metrologen soll der Wirbelsturm wohl am Dienstag auf Land treffen. Es sind dann Windgeschwindigkeiten von über 100 km/h und starke Regenfälle zu erwarten. Aufgrund der Unwetterwarnung wurden bereits für den Montag angesetzte Ruderwettbewerbe verlegt. Ob der Taifun auch Auswirkungen auf das Triathlon-Rennen der Frauen hat, ist derzeit noch nicht bekannt (Stand: 25.07. – 13:00 Uhr)

Flora Duffy von den Bermudas hat in ihrer Karriere so ziemlich alles gewonnen, was es auf der Kurzdistanz zu gewinnen gibt. Zweimal Weltmeisterin und Siegerin bei den Commonwealth Spielen, nur bei ihren drei bisherigen Olympiateilnahmen war Rang acht in Rio das bisher beste Ergebnis. Ein weiteres Markenzeichen der 33-Jährigen ist es, auch nach Verletzungen sofort wieder Rennen auf absolutem Topniveau zu absolvieren. Vor zwei Jahren gewann Duffy in Tokio den Olympiatest. In dieser Saison zeigte sie in Leeds als Vierte mit der besten Laufzeit, dass sie in Japan zu den Topkandidatinnen auf die Medaillen zählt.

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Spirig schreibt Olympia-Geschichte

 

Im Atemzug mit Duffy ist auch Nicola Spirig zu nennen. Die 39-jährige Schweizerin ist die erste Triathletin, die an fünf Olympischen Spielen teilnimmt und auch diesmal ganz vorne mitmischen könnte. 2004 war sie 19. bei ihrer Olympia-Premiere in Athen. In Peking wurde sie 2008 Sechste, bevor sie 2012 in London im Fotofinish vor der Schwedin Lisa Norden Gold gewann und 2016 in Rio als Zweite ihr London-Gold versilberte. In dieser Saison zeigte sie mit Rang vier bei der Supersprint EM in Kitzbühel und dem Sieg beim Weltcup in Lissabon, dass trotz des Spagats mit ihren Starts auf den längeren Distanzen immer noch genug Tempohärte vorhanden ist.

 

Britinnen und die US-Girls mit mehreren Medaillenkandidatinnen

 

Zu den erfahrenen Athletinnen zählt auch die Britin Vicky Holland, die vor fünf Jahren in Rio Bronze hinter Spirig und der US-Amerikanerin Jorgensen gewann. Neben Holland sind für Großbritannien auch noch Jessica Learmonth und die amtierenden ITU-Weltmeisterin Georgia Taylor-Brown am Start, die allerdings in dieser Saison bisher verletzungs- und krankheitsbedingt noch keine Ergebnisse vorweisen kann.

Anders sieht es da im US-Lager aus. Die junge Taylor Knibb gewann im Mai das World Triathlon Championship Rennen in Yokohama vor ihrer Landsfrau Summer Rappaport, die ihrerseits zu den stärksten Läuferinnen im Feld zählt. Die dritte US-Starterin ist Katie Zaferes, die ihre Dominanz der Vorjahre verloren hat und sich in der internen Qualifikation nur ganz knapp gegen Taylor Spivey durchsetzte. Keine guten Erinnerungen hat Zaferes zudem an den Tokioter Olympiatest vor zwei Jahren, als sie nach einem folgenschweren Sturz das Rennen aufgeben musste.

 

Kingma, Beaugrand oder Lindemann?

 

Nimmt man die beiden WTCS Rennen der 2021er Saison zum Maßstab, dann zählt Maya Kingma als ganz heiße Goldkandidatin. Die Niederländerin gewann das Rennen in Leeds und stand in Yokohama als Dritte ebenfalls auf dem Podium. Etwas unter dem Radar bewegte sich zuletzt Cassandre Beaugrand. Die Französin zählt aber auch aktuell zu den schnellsten Läuferinnen im Feld, was sie im Juni in Leeds eindrucksvoll zeigte. Sollte die Entscheidung aus einer größeren Gruppe heraus fallen, dann ist Beaugrand sicher zur Stelle.

Auf so eine Rennkonstellation hofft auch Laura Lindemann, die trotz ihrer Corona-Infektion im Frühjahr nicht von ihrem Traumziel „Olympia-Medaille“ abgewichen ist. Nachdem die Potsdamerin im Mai in Yokohama noch hinterher lief, war sie im Juni wieder auf Augenhöhe mit der Weltelite. Nach Rang neun beim WTCS Rennen in Leeds folgte Gold bei der Supersprint EM in Kitzbühel. Die zweite deutsche Starterin Annabel Knoll kann eigenen Aussagen zufolge „nur überraschen“. Dass die Ingolstädterin dies durchaus kann, hat sie im Mai bei der internen Ausscheidung in Kienbaum schon einmal gezeigt.