Perfekt trainiert – und dann geht gar nichts

von Jens Richter für tri2b.com für tri2b.com | 10.07.2002 um 18:17
<b>Im Übertraining: Anzeichen, Auswirkungen und Abhilfe</b><br>Sportliche Bestleistungen sind ein ewiger Balanceakt: Tut man im Training zu wenig, stagniert die Leistung, wird es zuviel, dann kommt plötzlich ein Einbruch ...

Im Übertraining: Anzeichen, Auswirkungen und Abhilfe Da sollte es in dieser Saison endlich so richtig krachen! Denn wenn bis jetzt eigentlich noch mehr der Spaßfaktor und natürlich Schule, Uni oder Job den Trainingsplan bestimmt hatten, waren die Leistungen in allen Disziplinen des Triathlon doch so viel besser geworden: Talent und Potenzial konnten also noch lange nicht ausgeschöpft sein. Aufregende Pläne von Meisterschaften und Ironman entstanden und dann begann die hochmotivierte Vorbereitung auf die neue Saison mit detaillierten Wochenplänen, neuen Methoden, Leistungsdiagnostik und Trainingslagern. - Doch nach tollen Leistungen gleich zum Frühjahrsbeginn ging schon in den ersten Rennen rein gar nichts mehr zusammen, die Zeiten waren sogar schwächer als im Vorjahr. Dann versteht man die Triathlonwelt nicht mehr. Doch gibt es schon lange vorher viele Anzeichen, die der Sportler selbst oder seine nächste Umgebung nur einzuordnen lernen müssen. Nicht alle vertragen das gleiche Pensum Es gibt gar nicht allzu viel gute Literatur zur triathletischen Trainingsmethodik und immer birgt sie ein gewisses Risiko. Will man die veröffentlichten Rahmenpläne nämlich anwenden, so müssen sie in den eigenen Belastungsrhythmus sinnvoll eingebaut werden. Die Verträglichkeit des Trainings ist dabei oftmals extrem unterschiedlich: während manche Athleten sich im umfangreichen Training am besten entwickeln und eine erstaunliche Belastbarkeit und Regenerationsfähigkeit zeigen, müssen andere sich auf weniger, aber dafür besonders hochqualitative Einheiten einschränken und erreichen die gleichen Ergebnisse. Das kann Ursachen in der Muskelstruktur, dem Knochen- und Sehnenapparat und dem Stoffwechsel und Immunsystem haben. Und schließlich spielt auch die Psyche eine sehr große Rolle: Wer im privaten Alltag und im Job viel Stress oder körperliche Arbeit zu bewältigen hat, liegt dadurch manchmal in der Belastung schon höher, als der professionelle Triathlet nach einem sechsstündigen Rad-Workout. Die Gesamtbelastung ist also immer die Summe aus sportlichen, beruflichen und privaten Belastungen. Es ist nicht nur der Trainingsumfang Nicht allein der Stunden- oder Kilometeraufwand verursacht Überforderung. Auch zu monotones Training, zu schnelle Belastungserhöhung oder zu viele, harte Wettkämpfe können den Körper überfordern. Was vielleicht am meisten überrascht: zuviel Techniktraining mit der dafür nötigen Konzentration kann ebenfalls der Auslöser sein – meistens jedoch kommen gleich mehrere Faktoren zusammen. Oft merkt’s das Umfeld sogar zuerst Woher aber kann man schon im Trainingsprozess wissen, dass es falsch läuft? Nun - immerhin gibt es einige, recht deutliche Anzeichen starker Ermüdung, die aber kann man mit Erholungsmaßnahmen noch ausgleichen, bevor die Balance verloren geht:

  • Erste Symptome sind oft geistig-psychologischer Natur. Reizbarkeit, „soziale Ermüdung“ (also eine verringerte Fähigkeit oder Energie zu den gewohnten sozialen Kontakten) und Konzentrationsschwäche werden häufig vom Partner schon bemerkt, bevor der Sportler selbst diese überhaupt wahrnimmt.
  • Häufig ist dann auch der Schlafrhythmus gestört. Ein- und Durchschlafprobleme, nachlassende Entspannungsfähigkeit, aber auch Müdigkeit am Tage resultieren aus dem Ungleichgewicht der vegetativen Steuerungsvorgänge. Dabei haben der „bremsende“, parasympathische Anteil (Nervus vagus) und der „aktivierende, stressvorbereitende“ Anteil des Sympathikus ihren Ablöserhythmus verloren. In den meisten Fällen ist es dabei der Sympathikus, der ein Zuviel an Aktivität entwickelt.
  • Das ist dann auch die Ursache für klar feststellbare, körperliche Symptome: Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, auffallende Blässe der Haut, erhöhte Ruhepulse, zu hoher Blutdruck, nächtliches Schwitzen – all das sind körperliche Anzeichen der andauernden Überforderung durch zu hohe, körperliche Belastung.
  • Durch den Arzt können zusätzlich weitere Symptome festgestellt werden: verringerte, rote Blutkörperanzahl und Eisenmangel, Anstieg des Harnstoffs als Ausdruck eines überforderten Eiweißumsatzes (oft durch „Nüchterntraining“ oder zu knappe Kohlenhydratzufuhr noch begünstigt ), Veränderungen im Labor können aber nur dann sicher interpretiert werden, wenn es sich nicht um Momentaufnahmen, sondern eine regelmäßige Verlaufskontrolle handelt. Daher die wichtige Empfehlung: in heißen Phasen gelegentliche, medizinische Checks bei einem Mediziner mit Erfahrung in der internistischen Sportmedizin – und zwar immer bei dem selben!

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