Peter Nowaks Doppelmarathon-Challenge durch die westfälische Nacht

von Peter Nowak für tri2b.com | 24.11.2020 um 20:05
tri2b.com A|N Triathlonteam-Athlet Peter Nowak hatte wohl schon eine Vorahnung, als er sein Hausbauprojekt auf das das Jahr 2020 legte. Eine richtige Triathlon-Saison hatte es aufgrund der Corona-Pandemie nicht gegeben und somit konnte man auch keine Rennen verpassen. Doch ganz „Ohne“ geht´s nun mal auch nicht und so stand doch noch eine ganz besondere Herausforderung auf der „Bucket List“. Peter wollte die Distanz zwischen seinem heutigen Wohnort in Bad Essen und der früheren Heimat in Paderborn in den Laufschuhen zurücklegen. Möglichst schnell natürlich. Das Problem: Die Distanz bis an die Haustür von Peters Schwester ist exakt ein Doppelmarathon.

Aber jetzt der Reihe nach: Der Hausbau hatte viel Zeit und noch mehr Energie in Anspruch genommen. Da war einfach kein Raum mehr für Sport. Seit Januar hatte ich deshalb kaum eine Minute ins Training investiert. Einige Schuhtestläufe für den tri2b.com-Laufschuhtest im März und Anfang April, mehr nicht. Erst Ende Juli gab es die ersten richtigen, aufeinander aufbauenden, Laufeinheiten. Ich kam überraschenderweise sehr schnell wieder ins Training. Vor allem hat mir der Sport nach der Pause wieder so richtig Spaß bereitet. Wobei auch weiterhin die die Trainingszeit sehr begrenzt war. Wir wohnten zwar schon seit Mitte Juni im neuen Haus, trotzdem gab´s überall noch Baustellen. Maximal vier Laufeinheiten Woche waren möglich.

 

Im Crash-Kurs zur Doppelmarathon-Form



Daher war nicht viel Zeit, um Kilometer zu sammeln. War mir aber egal war. Selbst wenn das Ziel einen Doppelmarathon nach Paderborn zu laufen nicht geklappt hätte, wäre es nicht schlimm gewesen. Ich konnte über die Zeit einfach prima nach Haralds Plänen trainieren und es hat tierisch viel Spaß gemacht. Da dieses Jahr eh kaum echte Wettkämpfe stattfinden konnten und bei mir schon seit Ewigkeiten Lauf von Bad Essen nach Paderborn auf der To-do-Liste stand, hatte sich das in dieser Saison perfekt angeboten. In der Vorbereitung bin ich 1x 30 km, 1x 36 km, 1x 38, 1x 50 km und noch einmal 1x 40 km an längeren Läufen gerannt. Das geile daran - alle waren schmerzfrei!

Auch wenn es ein Rennen gegen mich selbst war. Selten habe ich mich so auf eine solche Herausforderung gefreut. Ich konnte es wirklich kaum erwarten, endlich die Laufschuhe zu schnüren.
Normalerweise ist die Vorwettkampfwoche bei mir eher ruhig mit gedämpfter Stimmung. In der Woche vor dem Lauf hatten wir das Dach gedeckt und unter der Woche hatte ich das Gerüst abgebaut und abtransportiert. Ich hatte keinen Tag richtige Ruhe, was mir aber total egal war.

 

Um 2:30 Uhr startet die Stoppuhr …

 

Und dann war es endlich soweit. Ich wollte schon immer nachts laufen und das habe ich dann auch so in die Tat umgesetzt. Bewaffnet mit Rucksack, 2,5 l Trinken, 16 Xenofit-Energiegels, einer Warnweste und Stirnlampe ging es vom Freitag den 30. auf Samstag 31. Oktober um 2:30 Uhr los. Da ich einige Kilometer auf offenen Landstraßen ohne Radwege gelaufen bin, kam mir der wenige Verkehr in der Nacht sehr entgegen. Die Strecke war mir bekannt, da ich schon öfters mit dem Rad nach Paderborn gefahren bin.

Fertig gepackt: Peters Ausrüstung für die 84 km - © Peter Nowak

 

Den ersten Marathon in 3:18


Es lief alles sehr gut. Mein Ziel war es jeden Marathon in 3,5 Stunden laufen. Die Gesamtwunschzeit lag also bei exakt 7 Stunden.  Nach dem ersten Marathon lag ich sogar deutlich unter meiner Vorgabe. In 3:18:10 Stunden hatte ich die ersten 42,2 km hinter mich gebracht. Bis nach Bielefeld Brackwede war die Strecke sehr wellig und ich hatte schon die meisten der 480 Höhenmeter auf der Uhr. Dort hatte ich dann auch meinen ersten mentalen Einbruch. Die Hälfte geschafft und eigentlich war ich sehr gut drauf. Trotzdem hat sich alles plötzlich sehr schwer angefühlt. Nach circa zwei weiteren Kilometern war ich aus dem Loch raus und konnte mein Tempo wieder super weiterlaufen.

 

Finale zwischen Übermut und totaler Erschöpfung

 

Ein Kumpel hatte mir dann ab Bielefeld das Laufen etwas erleichtert. Paul hat mich ungefähr fünf Kilometer lang begleitet und mir mentale Unterstützung gegeben.  Auch deshalb war bei Kilometer 50 alle super! Und nach 60 gelaufenen Kilometern konnte ich mein Tempo noch etwas seigern. Was für ein Rausch.  Insgeheim wollte ich jetzt sogar die 100 Kilometer durchlaufen.  Doch um die 70 Kilometermarke holte mich ein harter Einbruch auf den Boden der Tatsachen zurück. Alles, wirklich alles tat mir weh. Über die nächsten vier Kilometer musste ich mich nun richtig schleppen. Da war mir klar, wenn ich die 84 Kilometer durchlaufe, dann mache ich keine 100 Meter mehr die nicht zum Weg gehören.

84,66 km in 6:45:10 Stunden: Peter an der "Finishline in Paderborn - © Peter Nowak

Die finalen 10 Kilometer waren dann eine Achterbahnfahrt zwischen super drauf und total im Keller.  Ich konnte aber zumindest meine Pace noch sehr gut halten. Bei meiner Schwester in Paderborn bin ich nach 84,66 Kilometern (und 480 HM) in einer Zeit von 6:45:10 Stunden angekommen. In dieser Bruttozeit waren fünf Toilettengänge, eine leichte Koordinationslosigkeit im Bielefeld und zwei rote Ampeln enthalten. Ich hatte meine interne Zeitvorgabe also mehr als getoppt!!!  Es war ein absolut irres Erlebnis, denn es hätte in der Vorbereitung nichts schieflaufen dürfen. Selbst unser Nils hat mit seiner Geburt noch brav gewartet und hat am 2. November mit einer Punktlandung das Licht der Welt erblickt :-)

© Peter Nowak