Reinhold Humbold: Mit dem Rechenschieber zum Agegroup-Rekord

von H. Eggebrecht für tri2b.com für tri2b.com | 08.11.2005 um 21:55
Für die meisten Altersklassen-Athleten ist die Teilnahme beim IRONMAN Hawaii das Ziel der Träume. Für den 57-jährigen Reinhold Humbold war es die 9:53:14 Stunden-Marke. Dort stand bis zum 15. Oktober 2005 der Agegroup-Rekord der 55 bis 59-Jährigen ...

Für die meisten Altersklassen-Athleten ist die Teilnahme beim IRONMAN Hawaii das Ziel der Träume. Ein Finish am Alii Drive, vielleicht bei Tageslicht, die Motivation für das jahrelange Training. In einer ganz anderen Liga spielt der 57-jährige Reinhold Humbold. In seiner Altersklasse (55-59 Jahre) war er in diesem Jahr bei insgesamt vier Weltmeisterschaften erfolgreich. Auf Hawaii gab es zudem einen Agegroup-Rekord zu feiern. tri2b.com hat sich mit dem Münchener über Hawaii, das Auf und Ab der Triathlon-Karriere und die Aussichten für die Zukunft unterhalten. tri2b.com: Du warst schon einmal zu Beginn deiner langen Triathlonzeit auf Hawaii am Start. Was hat sich verändert? Reinhold Humbold (R. H.): 1990 war ich das erste und bis zu diesem Jahr einzige Mal auf Hawaii am Start. Allerdings ist das ja schon 15 Jahre her, so dass die Erinnerungen daran nur noch dumpf sind. Die persönlich stärkste Veränderung war die Zeit im Rennen. Damals war ich gut zehneinhalb Stunden unterwegs. Diesmal war mein Ziel an die 10-Stunden-Schallmauer ranzukommen. Zudem wollte ich die bestehende Agegroup-Rekordzeit des Franzosen Yves Tabarant (9:53:14 Std.) angreifen. tri2b.com: Beides ist dir geglückt. Die 9:47:29 Stunden stehen jetzt mit deinem Namen in den Rekordlisten. Allerdings fand das Duell mit Tabarant nicht statt. R. H.: Ich bin eigentlich fest davon ausgegangen, dass er auch hier am Start ist, da er zuvor noch in den Startlisten stand. Wenn wir aufeinander getroffen wären, dann wäre das sicher eine ganz harte Nuss geworden. Er ist extrem laufstark, da hätte ich die Zeit auf dem Rad gutmachen müssen.

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tri2b.com: Viele der Daheimgebliebenen haben schweren Herzens auf die Ergebnisliste geblickt. Die Lavagöttin Pele war äußerst gnädig mit den Mumuku-Winden. Rekordzeiten also fast vorprogrammiert? R. H.: Die Bedingungen waren wirklich optimal. Das muss man zu dieser Rekordzeit natürlich hinzufügen. Allerdings war es dann beim Marathon richtig heiß. Den hab ich nur deswegen so gut überstanden, weil ich mir ständig Eiswürfel in meinen Einteiler gesteckt hab. Hätte fast eine Nierenentzündung werden können (lacht). Allerdings hatte ich immer die Uhr und den Rekord im Blickfeld. An der vorletzten Verpflegungsstelle habe ich die einzige kleine Gehpause eingelegt. Dabei habe ich mir gleich den Schnitt für die letzten Kilometer ausgerechnet. Da war mir eigentlich klar, dass ich das jetzt heimlaufen kann. tri2b.com: Klingt sehr abgeklärt. Wie schafft es ein Amateur so punktgenau fit zu sein. Da könnten doch manche Profis was abschauen? R. H.: Vom Training müssen einfach die Grundlagen da sein. Ich habe mir ausgerechnet, dass ich über das ganze Jahr bei einem Trainingsumfang von 15 Stunden pro Woche liege. Zudem habe ich in diesem Jahr annähernd die höchsten Umfänge meiner ganzen 20-jährigen Triathlonlaufbahn trainieren können. tri2b.com: Also immer noch sensibel für Trainingsreize. Was macht Reinhold Humbold, wenn er nicht dem geliebten Triathlonsport nachgeht? R. H.: Zu aller erst stehe ich voll im Beruf. Allerdings ist es in der Familie mittlerweile etwas entspannter als früher, da die Töchter schon aus dem Haus sind. So bleibt natürlich schon genügend Zeit fürs Training, zumal ich optimale Trainingsbedingungen habe. Ich arbeite im Münchner Osten bei einer Spedition. Oftmals lege ich den Weg zur Arbeit von Unterhaching (im Süden von München, Anmerk. der Redaktion) mit dem Rad zurück. Außerdem kann ich es mir einrichten, mittags von der Arbeit aus zu laufen. Abends steht dann noch das Schwimmtraining bei unserer Start- und Trainingsgemeinschaft, dem PSV UniBW München, auf dem Programm. Am Wochenende stehen dann die langen Radeinheiten auf dem Programm. Allerdings geht es in der früh zuerst mit meiner Frau auf den Golfplatz. tri2b.com: Woher kommt nach all den Jahren die Motivation zum täglichen Training? R. H.: Ohne gehässig zu sein, war es die Hauptmotivation, mit den Jüngeren mitzuhalten und auch mal vor ihnen zu sein. Dann kommt die Anerkennung von selbst. Spaß am Sport habe ich immer schon gehabt. Ich komme vom Schwimmen und habe früher bis zum 27. Lebensjahr Wasserball gespielt. Dann stand zehn Jahre der Beruf im Vordergrund. Ich hab mich aber auch in dieser Phase immer bewegt. Ich hab Tennis, Squash gespielt, außerdem ging es im Winter zum Skifahren. In unserer Tennis-Clique hat dann damals einer, ich glaub das war 1985, von einer neuen Sportart erzählt. Eine ultimative Herausforderung: Schwimmen, Radfahren und Laufen am Stück und ohne Pause. Als vormals aktiver Schwimmer hab ich dann gesagt, dass könntest du auf jeden Fall mal probieren. Das Rad musste ich damals von meine Vater ausleihen. Für das Mittelfeld hat es sofort gereicht. Danach hab ich mich dann Jahr für Jahr gesteigert. Bis 1999 reihte sich dann Saison an Saison. In diesem Jahr war ich noch auf der WM in Montreal und wurde Zweiter in der AK 50. Kurz darauf musste ich kürzertreten, da ich starke Probleme mit dem Rücken bekam. tri2b.com: Und trotzdem bist du sechs Jahre später in der vielleicht besten Form seit 20 Jahren? R. H.: Im nachhinein hatte sich rausgestellt, dass es ein Bandscheibenschaden war. Zwei Jahre ist nichts gegangen. Der Doktor hat nach der Durchsicht der Bilder von der Kernspin-Tomografie gesagt, dass meine Triathlonkarriere vorbei sei. Zu dieser Zeit hatte ich mich damit schon abgefunden, da die Schmerzen so stark waren, dass mir jeglicher Spaß am Training vergangen war. Erst 2003 bin ich dann bei der World´s Best Serie wieder in den Wettkampfsport zurück gekehrt und ich hatte von Anfang an wieder richtig Spaß, zumal der Rücken keine Problem mehr machte. Im letzten Jahr stand dann die Lang-EM in Immenstadt auf dem Programm. tri2b.com:In diesem Jahr dann das große Medaillen sammeln. Vier WM-Siege in ganz unterschiedlichen Rennen. R. H.: Angefangen hat es mit der Wintertriathlon-WM in Strbske Pleso (SVK), dann stand die Lang-WM im Duathlon in Barcis (ITA) auf dem Programm. Eigentlich wollte ich dann im dänischen Frederica bei der Triathlon-Lang-WM starten, hatte aber nach Klagenfurt mit einer Entzündung im Fuß zu kämpfen. Erst fünf Wochen vor Hawaii konnte ich wieder richtig laufen. Dann stand noch die Agegroup Kurz-WM in Honolulu und der IRONMAN auf Big Island mit den bekannten Ergebnissen auf dem Programm. tri2b.com: Gibt es schon Pläne fürs nächste Jahr? R. H.: Die WM in Lausanne steht auf jeden Fall auf dem Programm. Allerdings schwirrt mir jetzt auch die Wildcard für Hawaii 2006 im Kopf herum. tri2b.com: Diesmal hat erstmals ein über 80-Jähriger das Ziel in Kona erreicht. Wie lange willst du noch auf der Langstrecke an den Start gehen? R. H.: Ich werde mir es nicht mehr antun, wenn ich 13 oder 14 Stunden unterwegs bin. Solange ich sogar schneller werde oder die Zeit halten kann, bleibe ich dabei. Als Fernziel hab ich mir den Start hier auf Hawaii in drei Jahren ausgeschaut. Dann werde ich 60 Jahre alt. Vielleicht mit einer Zeit unter zehn Stunden.