Sebastian Kienle: Zwei Hawaii-Siege sind eine ganz andere Hausnummer

von H. Eggebrecht für tri2b.com | 11.03.2015 um 12:15
Der 11. Oktober 2014 hat das Leben des Triathleten Sebastian Kienle verändert. Als Ironman-Hawaii-Sieger stand der 30-Jährige plötzlich auch jenseits der "Special-Interest-Szene" im Blickpunkt. Im Rahmen der Pressekonferenz zur neuen Partnerschaft mit Mercedes-Benz hatten wir in Untertürkheim die Gelegenheit, mit Sebastian Kienle über das Leben als "King of Kona" und den Ausblick auf die 2015er Saison zu sprechen. Außerdem nahm Sebi nochmals ausführlicher Stellung zum Aufreger der Woche - dem Armstrong-Cover im einem US-Triathlonmagazin.

tri2b.com: Seit dem Ironman Hawaii-Sieg am 11. Oktober 2014 hast Du einen wahren Händeschüttel- und Interviewmarathon hinter Dir. Wie groß ist jetzt die Vorfreude auf die nun beginnende neue Wettkampfsaison?Sebastian Kienle (S.K.): Die Vorfreude ist schon sehr groß. Das ganze Nebenher hat mir eigentlich noch deutlicher gezeigt, dass es mir wirklich um das Wesentliche geht. Es ist das Trainieren und es sind die Wettkämpfe. Ich muss ganz klar sagen, dass ich so viel vom C-Promistatus geschnuppert habe und ich nicht unbedingt zum B- oder A-Promistatus aufsteigen will. Die Zeit nach Hawaii war auf jeden Fall auch schön, ganz ohne Frage, aber es muss nicht unbedingt mehr werden.

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Wie hat sich das auf´s Training ausgewirkt?
S.K.: Ich bin sicher noch nicht auf dem vergleichbaren Niveau des Vorjahres. Aber die Zeit beim letzten Testwettkampf in Rastatt (31:49 min. über 10 km) war sehr okay und macht mich zuversichtlich, bis zu den ersten Triathlonrennen in Cannes (19. April) und dann in den USA (Ironman 70.3 St. George/2. Mai) in einer konkurrenzfähigen Form zu sein. Die Highlights der Saison sind sowieso erst Ende August mit der Ironman 70.3-WM in Zell am See und im Oktober mit dem Ironman Hawaii. Da ist also noch etwas Zeit. Aber ich spüre auch ganz klar: Es ist leichter hoch zu kommen, als oben zu bleiben.

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Wann wird man Sebastian Kienle in diesem Jahr in Deutschland an der Startlinie eines Triathlons sehen. Im August bist Du beim Allgäu Triathlon. Wo wird man Dich im Juni oder Juli sehen?
S.K.: (schmunzelt und lächelt etwas verlegen) Das kann ich immer noch nicht sagen. Die entsprechenden Veranstalter werden es sicher rechtzeitig bekannt geben.

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Mit der Wettkampfsaison kommt aber auch eine weitere neue Herausforderung auf Dich zu. Du wirst in jedem Rennen der Hawaii-Sieger sein und auch dort voll im Blickpunkt des Interesses stehen. Wie wirst Du damit umgehen?
S.K.: Ich glaub nicht, dass sich hier für mich groß was ändert. Wenn die Rennen mit Windschattenfahren wären, dann würde das was ändern, da dann alle Konkurrenten wahrscheinlich am Rad des Hawaii-Siegers hängen wollen. Für mich persönlich steigt jetzt sicher auch nicht der Druck durch die Situation, der aktuelle Hawaii-Sieger zu sein. In Kona im Oktober wird es dann natürlich schon eine besondere Situation, dort als Titelverteidiger anzutreten, keine Frage.

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In den 2000er Jahren gelang bisher nur Tim DeBoom (2001/2002) und Craig Alexander (2008/2009) die Titelverteidigung am Alii Drive. Wie groß ist der Respekt vor diesen Leistungen?
S.K.: Mein Respekt ist auf jeden Fall gestiegen vor allen Triathleten, die Hawaii zweimal oder mehr als zweimal gewonnen haben. Das ist ganz klar nochmal eine ganz andere Hausnummer. Aber ich sag mal, ich bin der Mann für die Sachen, die schwierig oder unmöglich sind. Wie zum Beispiel Frankfurt und Kona in einem Jahr zu gewinnen. Von daher mache ich mir jetzt da keine Angst, ich freue mich ganz ehrlich auf die Herausforderung.

tri2b.com:
Du hast diese Woche sehr klar Stellung bezogen zum aktuellen Cover des LAVA-Magazins, auf dem Lance Armstrong abgebildet ist und die Frage gestellt wird, ob er nochmals für Rennteilnahmen zugelassen werden sollte. Wie ist es Deiner Meinung um die Dopingproblematik und den Umgang damit im Triathlon bestellt?
S.K.: Wie präsent Doping im Triathlon ist, ist schwer zu sagen. Klar ist, dass ich schon sehr häufig kontrolliert worden bin. Im letzten Jahr so 24 Mal im Training und hatte sicher nochmals 12 Wettkampfkontrollen. Bei der NADA kann sich jeder ein Bild machen, dass im Triathlon in Deutschland am meisten Kontrollen pro Testpool-Athleten genommen werden, über alle Sportarten wohlgemerkt. Von der Kontrollseite sind wir schon sehr gut aufgestellt und man muss außerdem in Betracht zieht, dass wir als Langdistanz-Triathleten keine olympische Sportart machen. Außerdem haben sich die großen deutschen Veranstalter, in der Phase wo es wirklich heiß war, mit der "eisernen Transparenz" sehr klar positioniert.

tri2b.com:
Und die Athleten selbst?
S.K.: Wir müssen uns ebenfalls klar positionieren und eine Atmosphäre schaffen, wo anderen Athleten, die neu in den Sport kommen, klar gezeigt wird, welche Meinung hier vorherrscht. Und die ist ganz klar gegen Doping und gegen gedopte Athleten und aber vor allen Dingen auch gegen Medien, die aufgrund von Effekthascherei und Marketing und sonstigen Geschichten, die ich nicht verstehen kann, solchen Leuten eine Plattform geben. Diese Medien machen sich mitschuldig, das muss man ganz klar sagen. Wer einen sauberen Sport will, der kann so jemanden wie Lance Armstrong keine Plattform bieten. Vor allem Dingen nicht auf dem Cover des wohl meistgelesenen Triathlon-Magazins. Da muss ich mich schon sehr wundern. Ich weiß nicht, wie die Entscheidungsfindung dort abläuft. Ich kann wirklich nur hoffen, dass es eine einzelne Person ist, sonst wäre das schon wirklich sehr bitter. Ich habe nichts gegen Lance. Der hat eine zweite Chance verdient, aber nicht im Sport. Ich habe den LAVA-Artikel bis jetzt noch nicht im Detail gelesen und habe auch nichts dagegen, wenn jemand anderer Meinung ist wie ich. Aber jemand so eine Plattform zu geben, widerspricht alledem, wie ich drüber denke.