Skilanglauf: Ideales Triathlon-Wintertraining

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 22.11.2015 um 13:00
"Wo ist Behle?" Dieser legendäre Kommentar des Sportreporters Bruno Moravetz bei den Olympischen Spielen 1980 in Lake Placid dürfte wohl das bekannteste Zitat sein, wenn es um Skilanglauf geht. Seit dieser Zeit, als die Langläufer im Wald verschwanden und irgendwann zum Zieleinlauf wieder herauskamen, ist viel passiert. Die Skatingtechnik und viele innovative Entwicklungen beim Material und der Wachstechnik haben den früher eher altmodisch erscheinenden Sport zu einem Wintertrendsport gemacht. Und das Gute für Triathleten: Skilanglauf ist eine Ganzkörpersportart und schult dabei bestens die im Triathlonsport benötigten konditionellen Fähigkeiten.

Der einzige Haken an der Sache: Für Skilanglauf ist Schnee notwendig und Schneesicherheit gibt es in Deutschland hauptsächlich in den Mittelgebirgen, wie Harz, Bayerischer Wald oder Schwarzwald und dem bayerischen Alpenraum. Somit ist Skilanglauf für Triathleten, die nicht im Einzugsbereich der genannten schneesicheren Gebiete leben, vor allem eine Option für verlängerte Trainingswochenenden oder Urlaube. Eine technische und konditionelle Hinführung auf den Skilanglauf ist dann mittels Nordic Blading, Skilroller- oder Skike-Training möglich. Gleichzeitig sind diese schneelosen nordischen Trainingsformen auch eigenständig ein ideales allgemein athletischen Training.

 

Hoher Trainingsreiz bei geringer Gelenkbelastung

 

Wobei sich der Aufwand, auch mal dem Schnee hinterher zu fahren, aus mehreren Gründen lohnt. Beim Skilanglauf ist der Körper von den Zehen- bis zu den Fingerspitzen in Bewegung. Dies alles aber, bedingt durch die Gleitbewegung auf dem Schnee, äußerst gelenkschonend. Ein Vorteil, der besonders den "Best Agern" unter den Triathleten, die oftmals bei höheren Laufumfängen schnell zu Beschwerden neigen, zu Gute kommt. Ein weiteres Plus ist der hohe Kraftausdaueranteil, insbesondere für den Schultergürtel, vergleichbar mit den Anforderungen beim Schwimmen. Durch den hohen Trainingsreiz gelingt es auch mit einem geringeren Umfang an Trainingszeit, ein hohes konditionelles Niveau zu erreichen, ohne spezifische Reize in den eigentlichen Triathlon-Disziplinen vorweg zu nehmen. Die Gefahr, schon zu frühzeitig im Saisonverlauf im Radfahren und Laufen an die Belastungsgrenzen zu stoßen und leistungsmäßig zu stagnieren wird dadurch minimiert. Die meist tolle Naturkulisse vieler Langlaufregionen gibt zudem einen zusätzlichen Motivationsschub und lässt einen so besser durch die dunkle und kalte Jahreszeit kommen.

 

Die Technik: Skating oder Klassisch

 

Grundsätzlich gibt es mit der Skating und der Klassischen Technik zwei Skilanglauf-Stilformen: Der klassische Stil gilt als Urform des Langlaufens. Absolute Anfänger auf Skier erlernen ihn leichter, da der Bewegungsablauf mehr dem Laufen ähnelt. Doch bis ein Athlet klassisch wirklich gut läuft, braucht es sehr viel Übung. Der große Vorteil: Einsteiger können auch mit niedriger Intensität (Skiwandern) starten. In der Ebene wird normalerweise hauptsächlich die Doppelstock-Technik eingesetzt (Oberkörper stark beansprucht). Geht es bergan, kommt der Diagonalschritt zum Einsatz. Der dabei eingesetzte dynamische Beinabdruck ist von der Bewegung etwa vergleichbar mit dem Abdruck beim Laufen.

Die Skating- oder freie Technik erinnert an den Schlittschuhschritt beim Eisschnelllauf. Wer nicht gerade ein begeisterter Inline-Skater oder Schlittschuhläufer ist, wird über die komplexe Bewegung staunen – und bei den ersten Versuchen ab und an intensiven „Schneekontakt genießen“. Die freie Technik fällt Einsteigern möglicherweise schwerer, da während der Gleitphase das Gleichgewicht auf einem Bein gehalten werden muss. Und die körperliche Belastung ist in jedem Fall intensiv. Man braucht einfach ein gewisses Mindesttempo. Verfügen die Athleten schon über ein gutes Gleichgewichtsgefühl auf dem Ski und bringen auch schon entsprechende konditionelle Fähigkeiten mit, dann ist im Skating der Schritt zum sportlichen Laufen schneller erreichbar als in der Klassischen Technik. Dei Beinbewegung beim Skating ist eine Art Kniebeuge und ist somit mit der Trettbewegung beim Radfahren verwandt.

Die Ausrüstung

 

Im Rennlauf ist Skilanglauf eine Materialschlacht. Selbst ambitionierte Volksskiläufer wählen oft aus mehreren Paar Ski den für die jeweiligen Bedingungen besten aus. Für den Trainingseinsatz ist dieser Aufwand aber nicht nötig. Ein paar vernünftige Ski, die entsprechend auf Körpergröße und Körpergewicht angepasst sind, reichen. Die Preisspanne für eine Komplettausrüstung mit Ski, Bindung, Schuh und Stöcke reicht von etwa 400 Euro (sportlicher Einsteiger-Ski) bis 1.000 Euro (Topmodelle). Als Bekleidung kann für den Start die Winterlauf- und Radbekleidung herhalten.

Da wäre noch das Wachsen, das unter den echten Langlaufspezialisten oft druidenhafte Züge annimmt. Auch hier gilt: Fürs sportliche Training reichen günstige Basiswachse, die ohne viel Aufwand anwendbar sind und einen großen Einsatzbereich haben. Dazu eine Abziehklinge, eine Bürste zum Belag ausbürsten und ein ausrangierter Seidenschrumpf zum polieren.

 

Die Trainingsdurchführung

 

Skilanglauf ist, langsames Skiwandern ausgenommen, hochintensiv. Kupiertes Gelände sowie stumpfe Schneebedingungen können dabei für eine zusätzliche Erschwernis sorgen. Dementsprechend sind die Belastungszeiten umzurechnen, um sie mit Einheiten im Laufen und Radfahren vergleichen zu können. Im Vergleich zum Laufen kann der Faktor zwei angesetzt werden, beim Radfahren der Faktor drei (1 Stunde sportlicher Skilanglauf entsprechen also ca. 2 Stunden Laufen, bzw. 3 Stunden Radfahren). Demensprechend ist die Obergrenze für einzelne Einheiten bei 2 Stunden (Einsteiger) bzw. 3 Stunden (gut Trainierte) anzusetzen.

Bei der Intensitätsüberwachung mittels Pulsuhr ist zu berücksichtigen, dass die Belastungsherzfrequenzen um die zehn Schläge über den bekannten Herzfrequenzen beim Laufen liegen. Im kupierten Gelände ist deshalb der Blick auf den Pulsmesser eher ernüchternd. Für Triathleten ist dabei die Dauermethode die Trainingseinheit der Wahl. Kurze Trinkpausen sollten dabei obligatorisch sein, da in der Kälte die Schleimhäute schnell austrocken und dadurch schnell die Erkältungsgefahr ansteigt. Zur Hinführung auf die Triathlonsaison kann im Verlauf des Winters an eine Lauflaufeinheit ein kurzer Koppelauf zur Motorikanpassung über 15 bis 20 Minuten angehängt werden.