We call it a Klassiker #5: Challenge Roth - das fränkische Triathlon-Mekka

von René Penno für tri2b.com | 02.07.2020 um 13:18
Der DATEV Challenge Roth gehört weltweit zu den beliebtesten Rennen. Die familiäre Atmosphäre - verbunden mit einer professionellen Organisation, die legendäre Streckenführung - mit dem unvergleichlichen Hotspot am Solarer Berg - und das ganze Drumherum locken in jedem Jahr tausende Athleten aus aller Welt nach Mittelfranken, um mit geschätzten 250.000 Fans und Zuschauern ein Triathlonfest zu feiern. Das wäre in diesem Jahr nicht anders gewesen, wenn das amtierende Hawaii-Siegerduo Anne Haug und Jan Frodeno das Rekordstarterfeld angeführt hätte. Aus bekannten Gründen kann der Challenge Roth nicht stattfinden. Dabei wäre es sportlich mit dem vielleicht besten Starterfeld überhaupt ganz besonders interessant geworden. Was wäre, was hätte… - in Corona-Zeiten ist alles anders. Von allem unangetastet bleiben die Rother-Highlights, auf die wir hier seit der Erstaustragung unter dem Challenge-Label im Jahr 2002 zurückblicken.

 

Sieger-Ehepaar: Die Leders


2001, als der Challenge Roth noch der Ironman Europe war, siegte Lothar Leder vor Andreas Niedrig und Cameron Brown, bei den Frauen gewann Nina Kraft vor der Amerikanerin Gina Kehr und Nicole Leder. Einige dieser Namen prägten die folgenden Jahre, Andreas Niedrig und Cameron Brown sind gar heute noch aktiv. Ein Jahr später konnten Leder und Kraft ihre Erfolge wiederholen und sich als erste Sieger des Challenge Roth in die Statistiken eintragen. 2003 gab es eine Premiere: Zum ersten Mal stand ein Ehepaar ganz oben auf dem Podium in Roth. Neben Lothar trug sich auch Nicole Leder in die Siegerliste ein. 

 

Denkwürdige Duelle mit Macca


Die Ausgabe 2003 ist nicht nur deshalb vielen Triathleten noch in Erinnerung. Denn Lothar Leder lieferte sich damals ein denkwürdiges Duell mit Chris McCormack. Den ganzen Tag ließen sich die beiden nicht aus den Augen, unvergessen bleibt das Laufduell Schulter an Schulter, das Leder mit drei Sekunden Vorsprung vor dem Australier für sich entschied. Für Leder war es der insgesamt fünfte Roth-Sieg, der 1996 bei seinem ersten Triumph als erster Mensch die magische 8-Stundenmarke unterbot. McCormack war im folgenden Jahr an der Reihe und feierte seinen ersten von vier Siegen (2004 - 2007) in Folge. Auch diesen Sieg im Jahr 2004 musste sich „Macca“ gegen einen deutschen Konkurrenten hart erkämpfen. Der hieß Faris Al-Sultan und machte es dem Australier schwer. Am Ende waren die beiden durch 1:07 Minuten getrennt.

McCormacks-Siege, der so gerne die Weltbestzeit von Luc Van Lierde aus dem Jahr 1997 unterboten hätte, hatte jeweils einen leichten Beigeschmack. So zogen ihn der Neuseeländer Kieran Doe und auch Thomas Hellriegel (2007) zu schnellen Radsplits und auf Rekordkurs. 2006 zeigte Macca es seinen Kritikern und fuhr nach einem Platten einen Großteil der zweiten Radrunde alleine und schnappte sich abermals den Sieg vor seinem "Lieblingsgegner" Faris Al-Sultan.

 

Nicole Leder feierte derweil 2004 ihren zweiten Erfolg - vor Belinda Granger, die in den nächsten Jahren zum Stammgast und Publikumsliebling avancierte. 2005 feierte die Australierin ihren einzigen Sieg im Triathlonstadion in Mittelfranken. Sie läutete eine 14 Jahre andauernde Ära mit ausländischen Siegen bei den Frauen ein.

 

 

Langes Warten für Timo Bracht


Dritter in 2004 war Timo Bracht. 2001 war er noch bester Amateur, danach begann die erfolgreiche Zeit des Eberbachers als Profi. Nur ein Erfolg in Roth ließ lange auf sich warten. Erst 2014, kurz vor seinem 39. Geburtstag, war es soweit. Damals sah aber ein anderer Deutscher lange wie der Sieger aus: Nils Frommhold hatte sich auf dem Rad abgesetzt, musste sich aber auf den letzten Marathonkilometern doch noch geschlagen geben. Dirk Bockel, der Sieger des Vorjahres, wurde Sechster. Bei den Frauen triumphierte Mirinda Carfrae vor der Britin Rachel Joyce und Caroline Steffen aus der Schweiz.

 

Frommholds Revanche - Wellingtons Rekord-Hattrick


Ein Jahr später revanchierte sich Nils Frommhold. Mit einem wahren Kraftakt und verwies er Timo Bracht auf Rang zwei. In 7:51:28 Stunden, bis heute ist das die fünftschnellste Siegerzeit in Roth. Rang vier hat hier Sebastian Kienle inne, der bei seinem Sieg im Jahr 2018 eine 7:46:23 vorlegte. Unvergessen bleibt aber auch Sebis Rother Langdistanz-Rookie-Rennen im Jahr 2010. Der Knittlinger fuhr auf den Rad allen davon und wurde am Ende nur noch vom Dänen Rasmus Henning ein und überholt. Kienles 7:59:06 war die bis dato schnellste Langdistanz-Premiere.

Womit wir bei den Rekordjagden wären. Denn die Rad- und Laufstrecken in und um Roth ließen stets superschnelle Zeiten zu. 2011 stellte Andreas Raelert in 7:41:33 Stunden eine neue Langdistanz-Weltbestzeit auf, nachdem nur eine Woche zuvor der Belgier Marino Vanhoenacker in Klagenfurt den Rother Uraltrekord von Luc Van Lierde aus dem Jahr 1997 unterboten hatte. Bei den Frauen krönte im gleichen Jahr Chrissie Wellington ihren Rother Titelhattrick (2009 - 2011) mit einer weiteren Fabelweltbestzeit. Die Britin war bei ihrem dritten Triumph nach 8:18:13 Stunden im Ziel, nur vier Männer sollten an diesem denkwürdigen Tag vor ihr das Rother Triathlonstadion erreichen.

Dieser Streckenrekord hat auch heute noch Bestand, weder Daniela Ryf (2016 und 2017) noch Lucy Charles-Barclay (2019) kamen bei ihren Erfolgen an die Zeiten der Ausnahmeathletin heran.

Eine Rekordhalterin war auch Yvonne van Vlerken. Die Niederländerin gewann in den Jahren 2007/2008/2015 und legte bei ihrem zweiten Sieg im Fight mit der Ungarin Erika Csomor eine neue Bestmarke (8:45:48) vor. Ein möglicher vierter Erfolg und damit der alleinige Ehrenplatz in der ewigen Roth-Siegerliste blieb ihr allerdings verwehrt.

 

Frodo kommt und setzt eine neue Marke: 7:35:39

 

 
Dann kam Frodo und setzte 2016 bei seinem ersten Start neue Maßstäbe. Angetreten war Jan Frodeno, um Raelerts Weltbestzeit zu verbessern. Und er drückte sie: Mit 7:35:39 Stunden stellte er eine neue Rekordmarke auf. Aufhalten konnte ihn an diesem Tag niemand. Auch ein Sturz auf der Radstrecke und eine Fast-Karambolage mit einem Auto brachten den Olympiasieger von 2008 nicht aus dem Konzept. Dabei ging die Laufzeit von Joe Skipper fast unter: In 2:38:52 Stunden absolvierte der Brite den Marathon und wurde damit Zweiter vor Nils Frommhold. Mit dieser Zeit schob sich Skipper auf Rang zwei dieser Bestenliste - an die 2:36:49 Stunden, gelaufen von Luc Van Lierde bei seinem Erfolg 1997 (7:50:27) kam aber auch der Brite nicht heran.

 

2017: Der Kanal ist weg


Es war das letzte Mal auf der rekordbewährten Laufstrecke entlang des Main-Donau-Kanals, die 2017 deutlich modifiziert wurde und vor allem Vorteile für die Zuschauer und Stimmung bieten sollte. Die Rother Innenstadt wurde noch stärker eingebunden, allerdings mit dem Nachteil, dass der nun zweimal zu laufende "Climb" nach Büchenbach den Athleten die Körner gehörig aus den Beinen zog. Schon 2018 wurde nachjustiert und eine gelungene Kombi aus Laufabschnitten am Kanal und dem finalen Abschnitt hinaus nach Büchenbach gefunden.

Daniela Bleymehl (damals war sie noch unter ihrem Mädchennamen Sämmler am Start, Anm. d. Red.) sorgte auf dieser Streckenführung nach 14 Jahren wieder für einen deutschen Erfolg bei den Frauen. Dabei rettete die Darmstädterin einen Vorsprung von nur neun Sekunden vor Lucy Charles-Barclay ins Ziel, nachdem sie die Britin bei Kilometer 33 im Marathon an der Spitze abgelöst hatte.

 

Dreitz’ Traum wird wahr


Ein Jahr später revanchierten sich die Zweitplatzierten aus 2018. Nach 7:59:02 Stunden gewann Andreas Dreitz ein überaus spannendes Rennen vor dem Schweden Jesper Svensson und Aussie Cameron Wurf. Für den Franken Andreas Dreitz ging bei seinem Heimsieg ein Traum in Erfüllung. Lucy Charles-Barclay brachte diesmal den Sieg sicher nach Hause - vor Sarah Crowley und Daniela Bleymehl. 

Auch die 2020er Ausgabe am 5. Juli wäre wohl in die Geschichte des Challenge Roth eingegangen. Ein Weltklassefeld war mit den beiden aktuellen Hawaii-Siegern Anne Haug und Jan Frodeno sowie den jeweils in Kona zweit- und drittplatzierten Tim O’Donnell, Sebastian Kienle, Lucy Charles-Barclay und Sarah Crowley, neben zahlreichen weiteren Topathleten gemeldet. Es kam nun leider anders. Stattdessen gibt es am Vorabend des Renntages ein Get-together im Rother Autokino, bei dem vor allem die ganz große Hoffnung auf ein unbeschwertes Triathlonfest am 4. Juli 2021 im Fokus steht ...