Ironman 70.3 St. George: Sanders erkämpft dritten Sieg, Ryf fährt allen davon

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 01.05.2021 um 20:46
Hart, härter, Lionel Sanders. Der 33-jährige Kanadier hat mit einer seiner typischen Energieleistungen in 3:42:46 Stunden zum dritten Mal nach 2016 und 2018 den Ironman 70.3 St. George (1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren, 21,1 km Laufen) gewonnen, nachdem er auf dem letzten Kilometer den US-Amerikaner Sam Long (3:43:01) niederringen konnte. Rang drei ging an den Dänen Magnus Ditlev (3:45:11), der auf dem Rad die Führung übernommen hatte. Hinter Rudy Von Berg (USA) und Jackson Laundry (CAN) kamen Andreas Dreitz und Florian Angert bei der Generalprobe für die diesjährige Ironman 70.3 WM auf den Rängen sechs uns sieben ins Ziel. Bei den Frauen gewann die Schweizerin Daniela Ryf (4:05:47) überlegen, nachdem sie auf dem Rad allen Konkurrentinnen davon gefahren war.

Der Australier Sam Appleton diktierte beim Schwimmen zusammen mit dem US-Amerikaner Ben Kanute und Daniel Baekkegard aus Dänemark das Tempo an der Spitze. In vorderster Front konnten sich auch Florian Angert und Michael Raelert einsortieren, und auch die beiden Freiburger Maurice Clavel und Frederik Henes konnten im Wasserschatten der massiven Topgruppe mitschwimmen. Appleton setzte dann in 23:09 min die Tagesbestzeit im Wasser, der Freiburger Henes hatte als 18. allerdings nur 20 Sekunden Rückstand. Andi Dreitz konnte erwartungsgemäß die Pace der besten Schwimmer nicht mitgehen und kam nach 24:48 min als 37. aus dem mit 17 Grad mäßig warmen Sand Hollow Reservoir und lag damit 13 Sekunden vor Mitfavorit Lionel Sanders.

 

Frühes Führungsduo mit Rudy Von Berg und Magnus Ditlev

 

Vorne an der Spitze hatte Rudy Von Berg den besten Wechsel hingelegt und ging als Bikeleader auf den Radkurs. Der Titelverteidiger konnte sich zwar schnell von seinen direkten Mitkonkurrenten absetzten, doch wenig später hatte der Däne Magnus Ditlev mit seinen gewohnt wuchtigen Pedaltritten zum US-Amerikaner aufgeschlossen.

Durch die Tempohatz des Führungsduos ging dahinter die Lücke immer weiter auf. Nach 42 gefahrenen Kilometern führte Florian Angert eine neunköpfige Verfolgergruppe an, die bereits gut eineinhalb Minuten zurücklag. Neben Angert war dort auch noch Michael Raelert vertreten, der eine dicke Mühle tretend, einen überraschend starken Eindruck machte. Einen gewaltigen Sprung durchs Feld hatte dahinter auch Andi Dreitz, mit Lionel Sanders im Schlepptau, vollzogen, der als 15. zur Halbzeit des Radfahrens aber trotzdem schon zwei Minuten Rückstand auf die Spitze hatte. Im selbigen Verfolgerzug war auch Sam Long dabei.

 

Sanders, Long und Dreitz schließen zu den Verfolgern auf

 

Als sich nach knapp 70 Kilometern der Anstieg in den Snow Canyon den Athleten in den Weg stellte, führten Von Berg und Ditlev sogar mit über zwei Minuten, wobei sich nun schon Lionel Sanders an die Spitze der Verfolger gesetzt hatte. Im Schlepptau des Kanadiers fuhr ein Pack von 13 Athleten, zu denen neben Angert und Raelert jetzt auch Andi Dreitz zählte. Auf den nun ansteigenden Kilometern konnte sich Ditlev auch von Von Berg absetzen und fuhr schnell fast eine Minute Vorsprung heraus.  In der Gruppe dahinter, die ebenfalls weiter Boden auf den jungen Dänen verlor, spannte sich jetzt auch Dreitz an vorderster Front ein.

Auf dem superschnellen Rückweg nach St. George in Richtung zweiter Wechselzone und mit einem schnellen Wechsel konnte Von Berg wieder etwas Zeit auf Ditlev gut machen, der noch eine halbe Minute Vorsprung mit in den Halbmarathon nahm. Die Verfolgergruppe, in der der Brite George Goodwin den schnellsten Wechsel hinlegte, hatte beim Laufstart drei Minuten Rückstand.

Ditlev konnte seine Führung auf den ersten fünf meist ansteigenden Laufkilometern zunächst verteidigen, wobei mittlerweile Sanders, Ditlevs Landsmann Daniel Baekkegard und auch Sam Lang zu Von Berg aufschließen konnten. Dreitz und Angert gingen verhaltener in den mit 400 Höhenmetern äußerst anspruchsvollen Halbmarathon und machten zunächst nur wenig Zeit auf den führenden Dänen gut. Auf den nächsten Kilometern schaukelten sich Sanders und Co. zu einer regelrechten Speedorgie auf, mit dem Ergebnis, dass Ditlevs Soloflucht nach der 10 km-Marke beendet war und auch Rudy Von Berg seine Chancen auf die Titelverteidigung begraben musste. Sanders blieb nun weiter am Gas und konnte auf einem abschüssigen Streckenabschnitt seine Mitstreiter zunächst sogar leicht abschütteln.

 

Drama pur: Baekkegard wird disqualifiziert – finales Laufduell zwischen Sanders und Long

 

Doch Baekkegard und Long gaben sich noch nicht geschlagen, sie liefen das kleine Loch wieder zu. Als es auf die letzten drei Kilometer ging, konnte Baekkegard plötzlich nicht mehr folgen, der nun auch von seiner anstehenden Disqualifikation erfahren haben dürfte und es anschließend in Richtung Ziel austrudeln ließ. Der Däne in Diensten des deutschen hep Sports Team, im März Sieger beim Ironman 70.3 Dubai, hatte auf dem Rad eine Zeitstrafe für einen nicht regelgerecht durchgezogenen Überholvorgang erhalten und diese nicht, wie im Reglement vorgesehen, in der zweiten Wechselzone abgesessen.

Das Rennen war jetzt zum finalen Duell zwischen Sanders und dem 25-jährigen Sam Long geworden, der vor einigen Jahren als Agegroup-Athlet an gleicher Stelle noch eine halbe Stunde auf den Kanadier verloren hatte. Lionel Sander, der eigentlich schon am Limit war, erhöhte trotzdem nochmals das Tempo und riss so die entscheidende Lücke zu Sam Long, der fünf Sekunden nach dem kanadischen Sieger völlig ausgepumpt auf den Zielteppich fiel.  

Andi Dreitz (3:47:13) zeigte als Sechster auch beim dritten Rennen seiner US-Tour ein sehr solides Rennen. Die zwei Minuten Rückstand zum Podium zeigen aber auch, dass der Oberfranke den ganz schnellen Läufern im Feld im entscheidenden Moment wenig entgegensetzen kann. Florian Angert (3:47:23) folgte mit nur zehn Sekunden Abstand auf Rang sieben und dürfte das Rennen als gelungenen Saisonstart werten. Stark unterwegs war auch der Österreicher Paul Ruttmann, der hinter den beiden Deutschen als Achter ins Ziel kam. Michael Raelert (12./3:51:10) fiel beim Laufen zwar noch aus den Top Ten heraus. Mit dem Rennen gab der mittlerweile 40-jährige Rostocker aber ein eindeutiges Lebenszeichen ab und platzierte sich knapp vor Maurice Clavel (13./3:51:30).

 

Wie in den besten Tagen: Daniela Ryf fährt auf und davon

 

Bei den Frauen war das Schwimmen die Show der Haley Chura. Die US-Amerikanerin, die in früheren Jahren auch schon in Kona als Erste aus dem Wasser kam, setzte sich allein ab und kam nach 23:51 min mit 50 Sekunden Vorsprung vor der Britin Fenella Langridge und der Brasilianerin Pamella Oliveira aus dem Wasser. Keine fünf Sekunden später konnte auch Daniela Ryf ihren Wetsuit abstreifen, direkt gefolgt von der Kanadierin Paula Findlay. Die Titelverteidigerin Holly Lawrence verlor im Wasser bereits den Anschluss zu ihren direkten Kontrahentinnen und hatte 1:37 min Rückstand auf die Spitze.

Auf dem Rad sorgte Ryf dann sofort vom Start weg für klare Verhältnisse. In kürzester Zeit hatte die amtierende Ironman 70.3-Weltmeisterin die Spitze übernommen und nach nicht einmal 30 Kilometern lag ihre erste Verfolgerin Paula Findlay bereits fast zwei Minuten zurück. Die nächsten Verfolgerinnen führte dort die Britin Emma Pallant an, die sogar schon fast drei Minuten auf Ryf eingebüßt hatten. Dort musste sich auch Holly Lawrence einreihen, die heute nicht ihre gewohnte Radstärke ausspielen konnte.  An dieser Konstellation sollte sich im weiteren Verlauf des Radfahrens nichts ändern. Ryf baute ihren Vorsprung auch im schwierigen Streckenabschnitt durch den Snow Canyon weiter aus und führte das Rennen in der zweiten Wechselzone mit knapp über sechs Minuten Vorsprung vor Emma Pallant an. Die Britin hatte wiederum eine Minute Vorsprung auf ein Trio mit Skye Mönch, Jeanni Metzler und Findlay. Lawrence lag noch eine weitere Minute zurück.

Auf der Laufstrecke kristallisierte sich dann schnell Jeanni Metzler als erste Ryf-Verfolgerin heraus. Die Südafrikanerin, die bisher mit ihrem Mädchennamen Seymour in den Ergebnislisten auftauchte, war zwar nach der Hälfte des Halbmarathons bis auf dreieinhalb Minuten an die Schweizerin herangelaufen und hatte gleichzeitig auch Pallant abgehängt. Näher kam Metzler, die in St. George schon in den Jahren 2017 und 2018 Zweite geworden war, nicht mehr heran. Daniela Ryf baute auf den letzten Kilometern ihren Vorsprung wieder aus und konnte nach 4:05:47 Stunden ihren ersten Sieg in Utah feiern, vor Jeanni Metzler (4:10:15) und Emma Pallant (4:11:03). Auf den Rängen 4, 5 und 6 folgten Paula Findlay, Skye Mönch und die entthronte Titelverteidigerin Holly Lawrence.