Kurzmeldung


Ironman Germany 70.3 EM: Raelert schafft das Meisterstück - Van Vlerken mit neuem Streckenrekord

von Stefan Drexl für tri2b.com | 15.08.2010 um 18:00
Der vierte Ironman 70.3 Germany war für Michael Raelert der Härteste über die Halbdistanz. Mit großem Kampfgeist wurde der Rostocker bei Regen und kühlen Temperaturen erstmals Europameister vor dem Vorjahressieger Sebastian Kienle und der Radrakete Björn Andersson aus Schweden. Was am Ende aufgrund des Vorsprungs souverän wirkte, war für Raelert keineswegs eine klare Angelegenheit, wie er unmittelbar nach Zieleinlauf seinen Erfolg kommentierte. Das wurde dann im Titelkampf der Frauen deutlich, den die Niederländerin Yvonne van Vlerken schließlich knapp für sich entscheiden konnte.

Dass sich Geduld auszahlen kann, bewies Yvonne van Vlerken bei der Ironman 70.3-Europameisterschaft in Wiesbaden. Mit nur 23 Sekunden Vorsprung gegenüber Desiree Ficker aus den USA erkämpfte sich die Niederländerin den Meistertitel im Rennen der Frauen. Dabei sah es bis Mitte des abschließenden Laufs über 21,1 km noch ganz anders aus. Denn bis dahin lag die Schweizerin Nicole Hofer mit einem „komfortablen“ Vorsprung in Führung. Mit 5 Minuten Vorsprung auf die Favoritinnen kam die 24-Jährige zum zweiten Wechsel und schlug ein risikofreudiges Tempo auf den ersten Laufkilometern an. Das war jedoch auch notwendig.

Während sich van Vlerken bis dahin ungewöhnlich zurückgehalten hatte, macht sie zusammen mit der US-Amerikanerin von Beginn an ernst auf der Laufstrecke. Nach 15 km hatte das Duo aufgeschlossen und war kurz darauf an der Schweizerin konsequent vorbeigezogen. Für Desiree Ficker war die Aufholjagd nach der bereits harten Radeinheit zu kräftezerrend und so musste sie die nun "fliegende Holländerin" in einem packenden Finish ziehen lassen. Yvonne van Vlerken, die Vorjahressiegerin, wurde mit neuem Streckenrekord Ironman 70.3 Europameisterin in einer Zeit von 4:41:52 Stunden. Nach dem Vize-Weltmeistertitel bei der ITU-Langdistanz-WM in Immenstadt vor 14 Tagen und einem dritten Platz in Frankfurt beim Ironman endlich wieder ein erster Platz für van Vlerken.

 

Schweizer Mut unbelohnt

Nicole Hofer wurde unglückliche Vierte. Am Ende musste die Schweizerin auch noch der Laufschnellsten des Tages, Kirstin Möller aus Erlangen den Vortritt lassen. Sie legte den Halbmarathon in 1:21:22 Stunden zurück und verbesserte damit den Kursrekord. Verletzungsbedingt konnte Hofer in den letzten Wochen kaum Laufen trainieren, kommentierte sie ihr Ergebnis. Die Schweizerin musste von Beginn an pokern und setzte daher alles auf eine Karte. Alle Energie konzentrierte sie mutig auf die Disziplinen Schwimmen und Radfahren. Nach Rachel Joyce, der Hawaii-Sechsten von 2009, die mit 25:29 Minuten einen neuen Rekord schwamm, kam Nicole Hofer als Zweite aus dem Wasser und fuhr nach dem Wechsel allen auf und davon. „Das hat sich leider nicht ausgezahlt“, musst Hofer im Ziel enttäuscht feststellen.

 

Heiße Sache bei kühlen Temperaturen

Nach nur 23:22 Minuten und einer neuen Bestmarke im Schiersteiner Hafenbecken, kamen die ersten Profi-Triathleten im Sekundentakt nach dem 1,9 km-Schwimmkurs mit Wende aus dem Wasser. Nur vier Sekunden trennten Michael Raelert vom Schnellsten, dem Russen Stanislav Krylov nach dem Schwimmen, gefolgt von Björn Anderson aus Schweden. Doch wo war Titelverteidiger Sebastian Kienle, der sensationelle Zweite von Roth und Vorjahressieger von Wiesbaden. Mit 2:46 Minuten Rückstand wechselte der Karlsruher aufs Rad und machte sich an die Verfolgung auf der anspruchsvollen Radstrecke durch den hügeligen Rheingau-Taunus-Kreis. Bei der 90 km-Etappe mit einigen hohen Anstiegen, kurvigen Serpentinen und rasanten Abfahrten kommt man selbst bei besten Bedingungen ins Schwitzen. Denn besonders die Anstiege in Kiedrich und "The Hammer", zwischen Nieder- und Ober Libbach, verlangen den Triathleten alles ab.Doch heute waren nicht nur fahrerisches Können und ein ausgeruhter und fitter Körper gefragt. Regen, Wind und kühle Temperaturen machte es den Athleten besonders schwer und so entwickelte sich das Rennen zu einer „heißen Angelegenheit“ (O-Ton Michael Raelert).

 

„Radrakete“ Björn Andersson

Wie zu erwarten war, übernahm der Schwede Björn Anderson das Kommando in der zweiten Disziplin des Tages. Aber Raelert blieb dran, so lange es ging. Nur die äußeren Bedingungen machten dem Weltmeister von 2009 spürbar zu schaffen. Besonders in den Kurven vermied er bei Regen und nassen Straßen jegliches Risiko. Zudem waren seine Hände von Beginn an kalt und erschwerten das Bremsen auf den zahlreichen kurvigen Abfahrten. 3:13 später als Andersson erreichte der Rostocker den zweiten Wechsel. Währendessen flog Kienle mit dem zweitschnellsten Radsplit heran und kassierte einen nach dem anderen. Dennoch konnte er den Rückstand des Schwimmens noch nicht ganz aufholen und wechselte mit 1:11 Minuten auf Raelert zum abschließenden Halbmarathon.Wie auch bei der Challenge Roth schlug Kienle unmittelbar nach dem Wechsel ein hohes Tempo an, während Raelert allmählich „auftaute“. Der Titelverteidiger schloß bald auf den Weltmeister von Clearwater auf und so kassierten sie gemeinsam bei Halbzeit den Schweden ein. Das sollte aber auch die einzige Gemeinsamkeit bleiben, denn Raelerts Beine waren nun auf Temperatur, er begann sich langsam wohlzufühlen.

 

„Raelertiver“ Kampfgeist und mentale Stärke

Konsequent und stetig wurde der Rostocker und Mitfavorit schneller und zwang Kienle abreissen zu lassen. Der konnte sein hohes Anfangstempo nicht halten und so legte Raelert Meter für Meter zwischen sich un dem Titelverteidiger. Am Ende waren es souverän wirkende 2:08 Minuten Vorsprung, als der Weltmeister nach 4:03:47 Stunden das Ziel als Erster erreichte. Sichtlich gezeichnet und überglücklich sicherte sich Michael Raelert damit auch den erstmals vergebenen Europameistertitel über die Ironman 70.3-Distanz. „Heute zählten andere Qualitäten“, wie der Sieger das Rennen in einem kurzen Interview kommentierte. Die äußeren Bedingungen verlangten weit mehr von seinen Protagonisten bei starkem Regen und frischem Wind. „Anstrengend, hart und eher glücklich“, „raelertivierte“ der Rostocker seinen Erfolg, in einem „der härtesten und schnellsten 70.3-Wettkämpfe seines Lebens“. Dank seiner mentalen Stärke und einem unglaublichen Kämpfergeist krönte sich Michael Raelert heute zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres. Dritter wurde der starke Schwede Andersson, vor Felix Schumann aus Freiburg. Boris Stein war nicht nur bester Agegrouper, er wurde sensationeller Fünfter mit nur 6:48 Minuten Rückstand auf Raelert.

 

Große Unterstützung für die über 3.000 Teilnehmer

Rund 3.300 Athleten aus 42 Nationen – 2.500 Einzelstarter und 280 Staffeln – waren beim Ironman 70.3 Germany 2010 in Wiesbaden am Start und stellten sich in der Kurstadt der frühmorgendlichen Herausforderung, über 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21,1 km Laufen. Trotz des schlechten Wetters erhielten die Triathleten gebührend Unterstützung von jubelnden Fans, Freunden und Verwandten, die zahlreich an der Radstrecke und der Vier-Runden-Laufstrecke durch die malerische Innenstadt anfeuerten.

 

Todesfall überschattet den Rennverlauf

Überschatte wurde der Wettkampf von einem tragischen Unfall während des Schwimmens im Schiersteiner Hafenbecken. Ein 55-jähriger Athlet des Staffelwettbewerbs musste beim Schwimmen von einem Rettungsboot geborgen werden. 
Die Reanimation des Athleten wurde bereits im Boot von ärztlicher Seite eingeleitet und im Rettungswagen fortgesetzt. Alle weiteren medizinischen Maßnahmen im Krankenhaus waren leider ohne Erfolg. Wir sind zutiefst betroffen und sprechen der Familie des Athleten unser Mitgefühl und Beileid aus.

Nachfolgende Sender werden im Rahmen der Sparkassen Finanzgruppe IRONMAN 70.3 European Championship Wiesbaden Wettkampfberichte und Zusammenfassungen senden: Montag, 16.08.2010: SPORT1, eine 60-minütige Zusammenfassung, 17:30 Uhr - 18:30 Uhr