Kurzmeldung


QCR 2004: Das Rennen der Männer - Geburtstagsparty mit "Open End"

von Handwerker/Junius/Richter für tri2b.com | 29.06.2004 um 08:00
Für die prominenten Geburtstagsgäste seines zwanzigjährigen Bestehens hat Europa's Langdistanz-Mekka Roth in diesem Jahr den Roten Teppich ausgerollt: Acht IRONMAN-Sieger und sechs Profis mit einem Top-Ten-Platz auf Hawaii in ihren Palmares könnten am 4. Juli dafür sorgen, dass die sieben Jahre alte Weltbestzeit über die Distanz von 3,8 Kilometern Schwimmen, 180 Kilometern Rad fahren und 42,2 Kilometern Laufen fällt.

Mehr als 100.000 Zuschauer erwarten die Veranstalter an den hügeligen Rennstrecken durch das südliche Franken, mit 35.000 Gästen rechnen die Aussteller auf der viertägigen Triathlonmesse. Nach einem Ausflug vor die Tore der 24.000 Einwohner-Stadt 30 Kilometer südlich von Nürnberg kehren Messe und Finisher Stadion in diesem Jahr zurück ins Zentrum von Roth. Auf dem Gelände der Landesgartenschau entsteht dafür der komplett neu designte Triathlon Park, in direkter Nachbarschaft zum aus früheren Jahren bekannten Rother Festplatz.

Im Mittelpunkt: Die Neuauflage eines großen Duells
Natürlich steht das Spannung versprechende Rematch zwischen dem fünffachen Roth-Sieger Lothar Leder und dem Australier Chris McCormack im Mittelpunkt des Interesses. Lediglich drei Sekunden trennten die beiden so ähnlich veranlagten Athleten im vergangenen Jahr auf der Ziellinie – eine der engsten Entscheidungen auf der Originaldistanz nach einem über viele Stunden dauernden Kopf-an-Kopf-Rennen. McCormack hatte wenige Tage danach erklärt, er werde in diesem Jahr wiederkommen und sich revanchieren. Und der Australier liegt in diesem Jahr vorn: Während Leder wegen einer langwierigen Verletzung in der Wadenmuskulatur – der ersten ernsthaften Verletzung in seiner Karriere überhaupt – am Abend vor dem Start des IRONMAN Australien seine dortige Teilnahme absagen musste, gewann "Macca" sein Heimrennen zum dritten Mal in Folge.

Sollte Leder rechtzeitig wieder in Form kommen, spricht auch in diesem Jahr wieder einiges für ihn: Er kennt die Strecke in Roth so gut wie kein Anderer, an seiner taktischen Überlegenheit bissen sich Herausforderer wie Andreas Niedrig, Thomas Hellriegel oder der Neuseeländer Cameron Brown in schöner Regelmäßigkeit Jahr für Jahr die Zähne aus.

Eine Konkurrenz - so hungrig wie noch nie
Das illustre und schwer berechenbare Feld der "Rother Geburtstagsgesellschaft" könnte Leder allerdings auch so noch den sechsten Sieg verhageln. Zum ersten Mal in Roth dabei sind Michael Lovato (USA) und Oscar Galindez (ARG). Newcomer Lovato, er kommt aus der heimlichen Triathlon-Hauptstadt Boulder in Colorado, krönte mit seinem neunten Platz beim IRONMAN Hawaii 2003 seine Durchbruch-Saison, in der er bereits die Premiere des IRONMAN Coeur d'Alene gewonnen hatte. Mit einem fünften Platz im Ralph’s California Half-IRONMAN ist Lovato in die neue Saison gestartet. Galindez konnte beim Mitteldistanzrennen im chilenischen Pucon zum zweiten Mal in Folge McCormack schlagen und gewann im letzten Jahr den IRONMAN Brasilien – in hervorragenden 8:16:10 Stunden. Vor einem Tempo-Rennen gegen Leder und McCormack hat er folglich keine Angst.

Ebenfalls zum ersten Mal vor deutschem Publikum, werden die beiden Landsleute Dave Harju und Garret Mc Fadyen darum kämpfen, das kanadische Ahornblatt bis auf das Rother Podium zu tragen. Harju, der sein Training im vergangenen Winter überwiegend in den benachbarten USA absolvierte, hatte im vergangenen Jahr überraschend den IRONMAN Wisconsin gewonnen und wurde in Florianapolis (Florida) Sechster. McFadyen, beim IRONMAN Kanada Sieger des Jahres 2002 und Fünfter im vergangenen Jahr, hat keins seiner zehn IRONMAN-Rennen schlechter als auf Platz acht beendet. Inzwischen lebt und trainiert der radstarke Kanadier in Australien, wo er an seiner Achillesferse, dem Schwimmen, arbeitet.

Wesentlich weniger bekannt, aber vielleicht hungrig wie nie auf einen Platz auf dem Podium ist der Este Margus Tamm, im vergangenen Jahr nach 8:42 Stunden Achter in Roth. Der Feuerwehrmann brennt darauf, den 8:30er Club zu überraschen und gleichzeitig den historischen ersten Langdistanz-Weltmeistertitel der Feuerwehrleute zu gewinnen. Die Wertung wird parallel ausgetragen – bereits über 150 Firefighter aus aller Welt haben gemeldet.

Erst vor kurzem hat auch der Schwimmspezialist Stephen Sheldrake (NZL) wieder gemeldet. Der Sieger der Auftaktdisziplin hatte im vergangenen Jahr bis zum Ende der ersten Radrunde geführt, fiel aber später aus den Preisgeldrängen zurück. Sicher hat er es auch auf die Etappenprämie im Main-Donau-Kanal abgesehen, doch dürfte er es bereits dort mit zwei Deutschen zu tun bekommen.


Unberechenbar: Vier Deutsche können ganz vorn landen

Denn wie immer sind einige der besten Deutschen in Roth dabei, und der "Senior" und Publikumsliebling Andreas Niedrig genauso wie der "junge und ziemlich Wilde" Faris Al Sultan gehören nicht nur zu den besten Schwimmern, sondern den besten Allroundern des weltweiten Ironman-Circuit. Allzu gern würden auch Alex Taubert und vor allem die Neuentdeckung des letzten Jahres Timo Bracht dem Abonnements-Sieger Leder die Rother Krone entreißen.

Niedrig war in Roth bereits sechs Mal unter den Top-Fünf, wurde aber in der Saison 2003 von einer hartnäckigen Achillessehnen-Entzündung fast vollständig ausgebremst. Bei seinem Comeback würde der Oer-Erkenschwicker allzu gern an sein früheres Niveau knapp jenseits der Acht-Stunden-Marke anknüpfen. Dann wäre der Siebte von Kona 2001 und Zweite des IRONMAN Florida 2002 ganz vorn dabei.

Der erfahrene Taubert machte vor allem mit seinem fünften Platz in Kona 2002 auf sich aufmerksam. Nach über zehn Jahren im IRONMAN-Circuit wurde der Lehramts-Anwärter endlich Triathlon-Profi, im vergangenen Jahr belegte der rad- und laufstarke Mannheimer auch in Roth den fünften Platz.Bracht, einer der beiden neuen "Sterne am deutschen Ironman-Himmel", hat innerhalb von neun Monaten die IRONMAN-Rennen in Frankreich und Florida und erst kürzlich den Half-IRONMAN Südafrika überlegen gewonnen. Der stärkste Herausforderer des Duos Leder/McCormack.Al-Sultan, ein Riesentalent, steht nach einer längeren Phase des unkalkulierbaren Auf und Ab in diesem Jahr vor seinem Durchbruch als Triathlon-Profi. Wie Leder und McCormack kommt Al-Sultan von der Olympischen Distanz und ist nun im "Ganztagesgeschäft" erfolgreich. Seiner herausragenden Leistung beim IRONMAN Hawaii 2003 (Siebter) war wenige Wochen zuvor ein vierter Platz beim IRONMAN Kanada vorausgegangen.

 

 

Anheizer: Viel Druck von hinten

Auch die Profis Christophe Bastie (FRA), Chann McRae (USA) und Justin Granger (AUS) träumen vom Ruhm im "Wimbledon des Triathlon". Bastie war beim IRONMAN-Event in Florida im vergangenen November Fünfter, seit zwei Jahren ist er bei den europäischen WTC-Rennen vorn dabei. Der Franzose kommt nicht allein: Ein Schwarm von über 200 Landsleuten begleitet ihn hinter die Startlinie, das ist ein Zuwachs von 880 Prozent gegenüber 2003.

Der frühere US-Postal-Kollege des fünffachen Tour de France-Siegers Lance Armstrong, Chann McRae, war als Radprofi bei den drei großen europäischen Rundfahrten dabei und gewann sogar einmal die US-amerikanischen Meisterschaften. Nach seinem Wechsel in die Dreikampfszene gelang ihm im vergangenen Jahr auf Anhieb die Qualifikation für den IRONMAN Hawaii. Justin Granger, der Ehemann der Mitfavoritin im Frauenfeld Belinda Granger, wurde erst kürzlich beim IRONMAN Australien Neunter. Im vergangenen Jahr platzierte er sich bei den Rennen in Malaysia und Korea unter den besten Zehn. Diese Athleten werden das Rennen hinter der Spitze anheizen und den Kampf um einen Top-10 Platz fast so hart machen wie den um den Sieg.