Radtechnik: Die Sitzposition muss passen

von tri2b.com | 20.05.2011 um 00:00
Der Einstieg in das Radfahren ist für viele Triathlonneulinge auch mit der Anschaffung eines geeigneten, dreikampftauglichen Fahrrades verbunden. tri2b.com hat sich mit dem Radexperten Oliver Presser über die technischen Voraussetzungen, Ausstattungsvarianten und die individuelle Anpassung eines für Triathlon-Rookies geeigneten Rades unterhalten.

tri2b.com: Das Radfahren ist beim Triathlon die materialintensivste Disziplin. In den Hochglanzbroschüren der Radhersteller werden sehr oft Wunderwerke der Technik beworben für einen höheren vierstelligen Eurobetrag. Was empfiehlt ein seriöser Radhändler für die erste Triathlonsaison?
Oliver Presser (O.P.): Das Wichtigste ist die richtige Anpassung des Rades. Oft sehe ich gerade Neueinsteiger, denen das nötige Wissen fehlt, die mit völlig falschen Rahmengrößen herumfahren. Oft sogar mit wirklichem Topmaterial. Viele lassen sich da von Schnäppchenpreisen mancher Händler hinreißen, dabei muss das Rad einfach nur solide funktionieren und passen.

tri2b.com: Nicht alle haben gleich das Geld für ein neues Rad. Was würdest du einem Einsteiger raten, wenn er sich nach einem gebrauchten Rad umschauen will?
O.P.: Hier ist absolute Materialkenntnis gefragt. Wenn sie der Käufer selbst nicht hat, sollte man am besten einen gut informierten Bekannten zum Kauf mitnehmen. Außerdem sollte der Verkäufer wirklich vertrauenswürdig erscheinen. Oft werden gerade die auf dem Gebrauchtmarkt erworbenen Räder im nach hinein richtige Spardosen. Denn Nachrüsten mit Ersatzteilen ist einfach sehr aufwändig und entsprechend teuer.

  Oliver Presser betreibt seit 1992 das Sportgeschäft Olis Bike- und Skishop in Oberstaufen. Seine aktive Triathlonkarriere hat der Allgäuer schon Mitte der 80iger Jahre begonnen und kennt deshalb die Materialentwicklung im Radbereich aus eigener Erfahrung.



tri2b.com: Dass heißt, Komponenten umrüsten, beispielsweise von einer alten 8 bzw. 9-fach Schaltung auf 10/11-fach ist nicht empfehlenswert?
O.P.: Das Umrüsten der Schaltung kostet selbst bei einer einfachen Ausstattung, wie der Shimano 105, zwischen 300 und 400 Euro. Kompletträder mit dieser Ausstattungsvariante gibt es ab ungefähr 800 - 1000 Euro, da ist dann wirklich alles neu. Beim Umrüsten ist also unbedingt der Gesamtzustand des alten Rades zu begutachten. Fallen dort noch weitere Nachbesserungsarbeiten an, wie zum Beispiel neue Reifen, Sattel oder Pedale, dann würde ich den Umbau nicht empfehlen.

tri2b.com: Und wie schaut es mit der triathlonspezifischen Aufrüstung aus? Welche Teile sind dazu nötig. Thema: Aerolenker?
O.P.: Hier macht nach wie vor ein Aerolenker, am besten in Aufsatzform, Sinn. Wichtiger als die Wahl des Fabrikats ist die dadurch notwendige Anpassung der Sitzposition. Viele sitzen dann plötzlich auf dem Rad wie auf einer Streckbank und wundern sich, wenn sie Rückenschmerzen bekommen. Bei der Umrüstung muss fast immer auch ein kürzerer Vorbau gewählt werden. Bei einem neuen Rad ist am besten gleich auf ein nicht zu langes Oberrohr zu achten. Im Zweifel deshalb immer eher den kleineren Rahmen wählen. Am besten sollte man hier zum Radfachmann mit der entsprechenden Triathlonerfahrung gehen. Er wird den Kunden richtig vermessen und dann die Rahmengröße und Vorbaulänge ermitteln.

tri2b.com: Generell wird in den Radfachzeitschriften momentan sehr viel über die Wahl der Schaltung, Standardkettenblätter (53/39) oder Kompaktkurbel (50/34), gesprochen. Welche Empfehlung gibt es für den Triathlon?
O.P.: Für den Wettkampf an sich reicht wahrscheinlich für die meisten Strecken die klassische Variante aus. Allerdings bekommt das Rad durch die Kompaktkurbel eine größere Alltagstauglichkeit. Viele Athleten wollen auch mal bei einem Radmarathon oder einfach so Pässe in den Alpen fahren. Mit kleineren Blättern kommt der Radler, selbst wenn die Kraft nachlässt, fast überall rauf. Wenn man dann noch zwei Kränze - einen als Stufenkranz für flache Strecken und einen mit großen Rettungsringen - zur Verfügung hat, dann ist das ganze Spektrum abgedeckt.

tri2b.com: Welche Tipps gibt es für die Radpflege und zur Pannenvermeidung?
O.P.: Man braucht einfach regelmäßig etwas Zeit, um die Schaltung nach zu justieren und entsprechend mit einem speziellen Öl zu pflegen. Die Reifen sollten regelmäßig nach Schnitten und Fremdkörpern im Protektor untersucht werden. Im Zweifel dann einfach den Mantel austauschen. Aus Komfortgründen empfehlen sich hier grundsätzlich Reifen mit 23 mm Breite. Mittlerweile sind auch die 25 mm Varianten stark im Kommen. Bei der Verwendung von sogenannten Systemlaufrädern sollte der Kunde gleich beim Kauf auf die entsprechende Versorgung mit Ersatzspeichen achten. Denn unterwegs, zum Beispiel im Urlaub/Trainingslager, sind dann die Ersatzteile oft nur mit längerer Wartezeit zu bekommen. Oder eben doch auf traditionelle Werte setzen und ein klassisch eingespeichtes Laufrad verwenden.