Indoor-Cycling-Software: Mit Frodo in und um den Vulkan radeln – welche App solls sein?

von Sven Weidner für tri2b.com | 03.02.2022 um 11:27
Nachdem die Gründe für Rollentraining und die verschiedenen Typen von Rad-Indoor-Trainern in den letzten beiden Beiträgen behandelt worden sind, wollen wir in diesem Beitrag ein paar Programme vorstellen, mit denen ihr das Abenteuer Rollentraining beginnen könnt. Unter diesen sind verschiedenste Varianten dabei. Diese reichen von optisch Windows95, über reale Schauplätze bis hin zu eigens kreierten Kontinenten. Dementsprechend gilt auch hier, dass für jeden Triathleten das richtige Paket zu finden ist. Wir stellen euch hier die Vor- und Nachteile von Zwift, Rouvy, RTG, FULGAZ und Trainerroad vor.

 Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Apps bzw. Programme, die für eine Fahrt in virtuellen Welten sorgen, ähnlich aufgebaut sind. Nehmen wir das Beispiel Zwift, welches wohl als die Mutter aller Rollenprogramme gesehen werden kann (auch wenn Zwift bei weitem nicht das erste Programm am Markt war, so ist es doch heute dank Testimonials wie Frodo, Lucy Charles-Barclay und Mathieu van der Poel das mit Abstand bekannteste). Bei allen Apps findet sich ein Panel (zentral, oberer Bildrand), in dem alle wichtigen Informationen (Geschwindigkeit, Dauer, Distanz & Höhenmeter) zur aktuellen Ausfahrt zusammengefasst werden, damit der Sportler die virtuelle Trainingseinheit problemlos steuern und mit realen Ausfahrten vergleichen kann. Für die Trainingssteuerung ebenfalls sehr wichtig, gibt es noch das kleine Panel links oben in der Ecke, welches die Informationen aus den verbundenen Sensoren liefert.

Bei einem Smarttrainer wären das Trittfrequenz und aktuelle Leistung. Wird zusätzlich ein Brustgurt mit Bluetooth verbunden, so findet sich dort die Herzfrequenz ebenfalls wieder. In der rechten oberen Ecke des Bildschirms finden wir die Karte mit dem Höhenprofil der nächsten Kilometer, damit man direkt sehen kann, was einen demnächst erwartet. Da gerade der soziale Aspekt beim Indoor-Training im Vordergrund steht, wurden auf der rechten Bildschirmhälfte die Informationen über Zwifter aus aller Welt eingebaut, welche gerade um einen herum sind. Neben Nation und Namen finden sich auch Informationen über den Abstand zu einem, die zurückgelegte Strecke und aktuelle relative Leistung des anderen Sportlers. Dies dient dazu, dass man immer motiviert wird etwas länger oder schneller als die Leute um einen herum zu fahren. Das ist schon Alles, was man an Informationen während einer freien Fahrt benötigt. Bei speziellen Workouts, die man sich programmieren kann, gibt es zusätzlich noch ein Panel, welches einen über das ausgewählte Programm informiert.

Doch welche Apps gibt es nun? Zwift haben wir zuvor schon genannt und wird selbst Nicht-Insidern wohl in der Werbung oder als Verb „zwiften“ schon einmal über den Weg gelaufen sein. Daneben gibt es aber noch etliche Alternativen, die spannende Features haben. Alle vorzustellen würde den Rahmen des Artikels sprengen, weshalb wir uns auf die bekanntesten Konzentrieren.

 

Zwift: Viel Auswahl hat seinen Preis – vom individuellen Workout bis zum Group Ride

 

Formtest an der Alpe du Zwift - © Zwift Screenshot

Auf Zwift gibt es aktuell 10 verschiedene Welten, von denen abwechselnd 3 pro Tag gefahren werden können (Watopia ist dabei immer fahrbar). Dabei gibt es 2 Welten mit Watopia und Makuri Islands, die komplett erfunden sind und 8 Welten, die an Städte (London, New York, Innsbruck, …) angelehnt sind. Neben der Auswahl der Welt habt ihr die Möglichkeit zwischen freier Fahrt, Group Ride und Workout zu entscheiden. Bei der freien Fahrt wird der Widerstand entsprechend der Topographie der Strecke angepasst, sodass es der freien Fahrt in der Wirklichkeit relativ nahekommt. Bei den Workouts hat man die Möglichkeit aus ca. 1000 vorangelegten zu wählen oder selber eines anzulegen. Hierbei wird durch den ERG-Modus der Widerstand so angepasst, dass ihr euch im vorgegebenen Bereich befindet. Das heißt sinkt z.B. die Trittfrequenz wird der Widerstand hoch reguliert, damit die Leistung konstant bleibt. Bei den Group Rides könnt ihr aus Rennen, Gruppenausfahrten und vielem mehr wählen. Gefühlt alle 2 min startet ein solches Event auf Zwift. Hierbei steht meist der soziale Aspekt im Vordergrund. Durch die zusätzlich verwendbare Zwift Companion App kann mit den anderen Leuten auf der Runde z.B. gechattet werden. Im Praxistest hat Zwift auch bei Verbindungsabbrüchen zuverlässig funktioniert. Interessant könnte für Vereine die Möglichkeit sein, den eigenen Club virtuell anzulegen (möglich ab Frühjahr 2022), um virtuelle Ausfahrten gemeinsam zu machen. Der Preis mit 14,99€ pro Monat ist relativ hoch, da auch keine Familienaccounts möglich sind. Dafür trifft man bei fast jedem Workout einen bekannten Profi, mit dem man sich messen kann.

>>Mehr Infos zu Zwift ...

 

Rouvy: Unterwegs auf echten Rennstrecken

 

In den Straßen von Frankfurt auf den Spuren der Ironman EM - © Rouvy - Screenshot

Die tschechische Trainingsplattform ist unter Triathleten durch die Ironman VR-Serie bekannt. Doch auch neben der Corona-Wettkampfplattform hat Rouvy einige interessante Funktionen an Board. Wie bei allen Mitstreitern kann aus Workouts, freiem Fahren und Rennen/Events für das Training gewählt werden. Bei den Workouts gibt es ähnlich wie bei Zwift eine große Datenbank und bei Bedarf kann ein eigenes Programm in die App geladen werden. Beim freien Fahren haben wir die Möglichkeit uns frei auf eine Strecke zu begeben oder ein Zeitfahren zu starten. Wie der Name schon erahnen lässt, wird dabei die Zeit gestoppt und dann in eine virtuelle Rangliste eingefügt. Besonders ist dabei, dass die Strecken auf Rouvy nicht wie bei Zwift virtuelle und größtenteils Fantasiewelten sind, sondern echt Strecken sind.

Das bedeutet, dass man zuhause schon antesten kann, ob man die Beine hat, um Alpe d’Huez zu erstürmen. Bei vielen Strecken (aktuell etwas mehr als 15.000 km) wird die Fahrt auf Videos der Strecke realitätsgetreu abgebildet. Bei den Strecken, die kein Video haben, wird ein Cursor auf der Karte bewegt. Besonders schön ist hierbei, dass auch eigene Strecken als .gpx-Datei auf Rouvy hochgeladen werden können, um echte Ausfahrten zuhause noch einmal erleben zu können. Die absolvierten Einheiten können dank Schnittstelle zu Trainingspeaks oder Strava direkt in das Trainingstagebuch exportiert werden. Das größte Plus in unseren Augen ist aber die für Familien sehr attraktive Preisgestaltung. So kostet das Abo aktuell 12 €. Das ist nicht nur 3 € weniger als beim Branchenprimus, sondern bietet auch noch die Möglichkeit 3 Einzelaccounts gleichzeitig im „Family Sharing“ zu haben. So kann jedes Mitglied seine Einheiten auf dem eigenen Account speichern und pflegen.

>> Zur Infos zu Rouvy ...

 

RGT: Näher an der Realität – mit kostenloser Grundfunktion

 

Soloflucht auf dem 2021er UCI Rad-WM Kurs in Leuven  - © RGT - Screenshot

Bei RGT handelt es sich wohl um das Darkhorse im Feld der virtuellen Trainingsplattformen. Unter Insidern fällt im Zusammenhang mit RGT häufig die Bezeichnung als „besseres Zwift“. Das liegt wohl daran, dass sich das Team hinter dem Programm dem Realismus des Trainingserlebnisses verschrieben hat. In unserem Test hat sich eine 8%-ige Steigung auch tatsächlich mehr nach realen 8% angefühlt als bei den Konkurrenten. Darüber hinaus sind die vorhandenen echten Strecken und der Avatar relativ detailreich dargestellt. Was wiederum das Gefühl von Fahren in der Realität unterstützt. Apropos Realität, dank der „Magic Roads“ können auch hier eigene Strecken zum Abfahren erstellt werden. Beim Training hat man wie bei den beiden zuvor genannten Alternativen die Auswahl aus freier Fahrt, Events und Workouts. Für den schmalen Geldbeutel besonders interessant ist die Preisgestaltung von RGT. Es gibt eine kostenlose Grundfunktionalität mit der sich schon recht ordentlich trainieren lässt. Wer mehr z.B. mehr Strecken, Workouts oder Magic Roads möchte, kann für 9 € einen Premiumaccount anlegen. Für Vereine interessant ist der Fakt, dass ein Premiumaccount reicht, um Vereinsausfahrten auf RGT zu organisieren.

>> Mehr Infos zu RGT ...

 

FULGAZ: Liveerlebnis durch hohe Videoqualität

 

Auf dem Kuakini Highway durch Kailua-Kona - © FULGAZ - Screenshot

Nachdem der Name Ironman schon bei Rouvy gefallen ist, so muss Ironman auch hier genannt werden, denn der Veranstalter hat die australische Trainingsplattform aufgekauft. Aber auch schon ohne den Big Player im Triathlon-Business hat das Team von FULGAZ ein ansehnliches Programm auf die Beine gestellt. Hierbei haben die Ingenieure besonderen Wert auf die Videoqualität gelegt, sodass man z.B. einen wunderschönen Morgen in Kona erleben kann. Allerdings liegt hier auch die große Gefahr, denn ohne Download des Videos kann das Video bei mäßiger Internetverbindung schon recht stark ruckeln. Damit ist der Spaß dann ziemlich schnell dahin. Ansonsten bietet FULGAZ ebenfalls die Option Workouts zu machen, an Events teilzunehmen oder einfach frei eine Strecke der Wahl zu genießen. Der Preis des Programms liegt bei fairen 11 € pro Monat.

>> Mehr Infos zu FULGAZ ...

 

Trainerroad: Intelligentes Training steht im Mittelpunkt

 

 Eins vor ab. Wir haben Trainerroad nicht selbst getestet, da es sich grundlegend von den anderen Vertretern unterscheidet, soll es dennoch Erwähnung finden. Das Besondere ist nämlich, dass intelligentes Training angeboten wird. Intelligent ist es deshalb, weil unter anderem Machine Learning zur Erstellung des individuell angepassten Trainingsprogramms eingesetzt wird. Darüber hinaus wird jede Einheit analysiert und somit der Trainingsprozess angepasst. Dabei legt Trainerroad deutlich mehr Wert darauf ein gutes Training zu garantieren als optisch die Konkurrenten auszustechen. Dementsprechend ist es unter ambitionierten Radsportlern eine beliebte Alternative. Hervorzuheben ist auch die aktive Community im Trainerroad-Forum. Dort tummeln sich auch Olympiasiegerinnen. Das Ganze hat deshalb auch den stolzen Preis von 20 US-$ im Monat.

>> Mehr Infos zu Trainerroad ...

>> zurück zu Teil 1: Rollentraining 2.0 - sind die Tage der weißen Kellerwand Geschichte?

>> zurück zu Teil 2: Indoor-Radtraining: Smarttrainer oder klassische Rolle - welche Hardware brauche ich?