Schwimmen: Der Einstieg in die Kraultechnik

von Anette Gasper/swimpower.de für tri2b.com | 11.02.2006 um 00:00
Im Schwimmsport wird Kraulschwimmen als Freistil bezeichnet. Dies bedeutet, es gibt keine Vorgaben, wie geschwommen werden muss. Auch im Triathlon sind alle Schwimmlagen erlaubt, für eine schnelle und kraftsparende Fortbewegung ist aber die Beherrschung der Kraultechnik unerlässlich. Bei der Betrachtung der Strömungsmechanik und Vortriebserzeugung im Medium Wasser wird zudem ganz schnell deutlich, warum die Kraultechnik die ökonomischste Fortbewegung im Wasser ist.

 

Das Wasser als Verbündeter, nicht als Gegner

 

Je mehr Sie über die Antriebserzeugung im Wasser wissen, desto einfacher wir das Kraulschwimmen. Wenn Sie sich flach auf das Wasser legen, so wie das die Kinder als „Toter Mann“ machen, erfährt der Körper statischen Auftrieb. Der Körper schwimmt von ganz alleine und wird vom Wasser getragen. Nach kurzer Zeit sinken aber bei den meisten Menschen beim „Toter Mann“-Spiel die Beine langsam ab. Beruhigend ist, der Kopf bleibt oben und damit der Weg zum Luft holen kurz. Aber warum sinken die Beine ab? Der Körperschwerpunkt (KSP) liegt beim „Toten Mann“-Spiel in der Körpermitte, also beim Bauchnabel. Der Lungenvolumenpunkt etwas darüber, da die Luft gefüllten Lungen über dem Bauchnabel liegen. Sobald Sie beginnen, ein wenig mit den Beinen zu arbeiten (Kraulbeinschlag), sinken die Beine nicht mehr ab. Die Wasserlage stabilisiert sich, denn es entsteht ein dynamischer Auftrieb. Wenn Sie dem Wasser vertrauen und sich flach aufs Wasser legen, erzielen Sie mit wenig Aufwand (leichter Einsatz der Kraulbeine) eine flache und strömungsgünstige Wasserlage.

Die Autorin Annette Gasper arbeitet
als Schwimmtrainerin und Physio-
therapeutin. 2000 gründete sie
Total Training Europe und bietet
zusammen mit Steve Tarpinian,
Verfasser des Videos SWIM POWER,
Schwimmseminare an.

 

Schwimmen ist Atmen im Wasser

 

Neben der Wasserlage ist vor allem die Atmung ein limitierender Faktor. Der Kopf ist im Wasser, die Blickrichtung zum Boden. Den Kopf dabei einfach entspannt und in Verlängerung der Halswirbelsäule hängen lassen (später kommen wir darauf noch einmal zurück). Die goldene Regel heißt: „Über Wasser einatmen, unter Wasser ausatmen“. "Klar, das weiß ich auch", werden Sie jetzt sagen. Aber wird es auch umgesetzt? Als „Landratte“ hat der Mensch zunächst eine natürliche Abneigung dagegen, ins Wasser auszuatmen. Weiß ich, wann ich das nächste Mal Luft bekomme? Das ist eine angeborene Überlebenstaktik, die in Gefahrensituationen sehr hilfreich ist. Um ökonomisch schwimmen zu können, müssen Sie aber lernen, regelmäßig zu atmen. An Land kommt ja auch keiner auf die Idee, die Luft einfach mal so anzuhalten. Es wird ein- oder ausgeatmet, ohne große Pausen. Solange der Kopf im Wasser ist, wird die Zeit zum auszuatmen benutzt, sobald der Kopf über Wasser ist, wird eingeatmet. Schwimmen Sie beispielsweise nur mit dem rechten Arm, der linke bleibt vorne auf dem Wasser liegen. Solange sich die Hand unter Wasser nach hinten bewegt, dreht der Kopf zur Seite und es wird eingeatmet. Sobald die Hand aus dem Wasser kommt und nach vorne gebracht wird, drehen Sie den Kopf ins Wasser zurück und atmen aus. Im Wechsel wird je ein halber Zug einatmet und ein halber Zug ausatmet. Für beide Abläufe steht gleich viel Zeit zur Verfügung.

 

Ein Rennboot braucht einen guten Antrieb?

 

Die Wasserlage passt und Sie können im Wasser atmen, aber was ist das Geheimnis des schnellen Schwimmens? Es gibt drei Möglichkeiten, sich im Wasser fortzubewegen. Eine davon ist das Prinzip Actio = Reactio. Hier wird beispielsweise die Hand vor dem Körper eingetaucht und Richtung Füße gedrückt. Das ist die Aktion. Als Reaktion bewegen Sie sich ein Stück nach vorne. Es kommt also darauf an, das Wasser entgegen der Schwimmrichtung zu bewegen. Da nicht alle Teile der Bewegung entgegen der Schwimmrichtung gerichtet sind, wirkt zu einem Teil auch die Liftkraft, wie bei einem Flugzeug. Zu Beginn des Kraul Armzuges wird die Hand zum Beispiel erst leicht nach außen bewegt (sie schneidet durch das Wasser). In dieser Phase entsteht vor der Hand ein Unterdruck und die Hand, und damit der ganze Schwimmer, werden in Schwimmrichtung gezogen. Auf eine etwas komplexere Art wirken sich auch die Verwirbelungen im Wasser auf die Antriebserzeugung aus. Fische sind in der Lage, diese Wirbel gezielt zu nutzen. Der Mensch hat diese Fähigkeit leider nur bedingt.


 

Armzug als Hauptantriebsquelle

 

Die Hauptantriebsquelle beim Kraulschwimmen sind die Arme. Auch hier ist das System an sich ganz einfach. Der Armzug besteht aus fünf einzelnen Teilen, die sich in einer Endlosschleife aneinander reihen. Sie beginnen wieder bei der Grundposition, einer guten Wasserlage mit einer effektiven Beinarbeit. Eine Hand bleibt vorne liegen (in unserem Fall die Linke), denn es reicht vollkommen, sich erst einmal auf einen Arm zu konzentrieren. Die rechte Hand taucht auf Höhe des gegenüberliegenden Ellenbogens ein und wird unter Wasser nach vorne gestreckt. Jetzt im Ellenbogen 90 Grad abwinkeln, so wie auf der Abbildung. Stellen Sie sich vor, im Wasser schwimmt ein Baumstamm, an dem mit der Hand darüber gegriffen und sich dann abgedrückt wird. Dabei schieben Sie den Stamm in Richtung ihrer Füße. Mit dem Unterarm, der hier ein großes Paddel bildet, wird das Wasser entgegen der Schwimmrichtung weggedrückt. Am Ende des Zuges liegt der Arm gestreckt neben dem Körper, jetzt wird der Ellenbogen zuerst angehoben, er führt die Bewegung über Wasser und die Hand taucht wieder auf Höhe des im Wasser ruhenden Ellenbogens ein, denn der andere Arm liegt immer noch gestreckt vor dem Kopf.



Beinschlag wichtig für Wasserlage


Voraussetzung einer guten Wasserlage ist eine effektive Beinarbeit. Die Bewegung beginnt in der Hüfte. Der Beinschlag gleicht einem Schuss beim Fußballspielen. Ziel der Beinarbeit ist es, die Wasserlage zu stabilisieren und die Beine in der Stromlinienform des Körpers zu halten. Es ist daher sehr wichtig, die Amplitude des Beinschlags nicht zu groß zu gestalten (30 cm sind vollkommen ausreichend).