Regelkunde: Was ist eigentlich Doping?

von Sven Weidner für tri2b.com | 13.04.2020 um 17:19
Nach den Geschehnissen um die ausgesprochene Dopingsperre gegen den amtierenden Ironman Altersklassen-Weltmeister Christopher Dels stellt einmal mehr die Frage, was ist eigentlich Doping und wie gut weiß der „normale“ Triathlet über dieses hochsensible Thema Bescheid. Vorab lässt sich schon einmal festhalten, dass Doping nicht mit einem Satz trennscharf zu definieren ist. Für eine schnelle und kurze Definition ist die Möglichkeit im Sport zu betrügen zu komplex. Um diesem häufig systematischen Betrug entgegenzuwirken wurden 1999 die World Anti Doping Agency (WADA) und 2002 in Deutschland die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) als Präventions-, Rechts- und Kontrollmedium eingesetzt.

 

Kommen wir zur ersten Frage, die sich uns stellt: Wie sollen Regelbrecher gefunden werden?

 

Hier ist das Maß der Dinge die durchgeführte Doping-Kontrolle! Diese kann Profisportler, welche sich im Testpool anmelden müssen, schon im Training ereilen. In diesem befinden sich aktuell ca. 7000 deutsche Sportler. 2100 von diesem sind in Bundes- oder Olympiakadern und unterliegen damit besonders strengen Vorgaben. Das bedeutet unter anderem, dass vierteljährlich für jeden Tag Angaben über den Aufenthaltsort mit Uhrzeit gemacht werden müssen. Zudem muss eine Stunde am Tag angegeben werden, an der eine Anwesenheit am gemeldeten Ort garantiert ist. Für die restlichen knapp 5000 Athleten ist es etwas einfacher, da diese nur Angaben zu regelmäßigen Aktivitäten wie Arbeit, Schule oder Uni sowie einem Rahmentrainingsplan machen müssen. Die Aufenthaltsdaten müssen die Athleten dabei in die ADAMS Datenbank (Anti-Doping Administration and Management System) eingeben.

Neben den Trainingskontrollen erfolgen auch Wettkampfkontrollen. Diese können jeden treffen! Für gewöhnlich werden die drei Erstplatzierten des Profi-Startfeldes getestet. Einige Veranstalter behalten sich aber auch das Recht vor eine bestimmte Anzahl an Altersklassenathleten per Los für eine Kontrolle zu ermitteln. Das bedeutet, dass auch die Athleten aus dem mittleren und hinteren Teil des Feldes in den Genuss einer Dopingkontrolle kommen können. Und für diese gilt ebenso wie für die Profis, dass ein positiver Test zu einer Strafe/Sperre führt!

 

Ich bin AK-Athlet und wurde positiv getestet. Ist die Sperre rechtens?

 

Ein eindeutiges JA! Jeder Sportler unterwirft sich mit anklicken der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Veranstalter auch den Anti-Doping-Regularien von WADA und NADA. Das bedeutet, dass man als Altersklassenathlet zwar keine Ausnahmegenehmigung benötigt, ein ärztliches Attest über das Leiden, dass eine entsprechende Medikation von Nöten macht, ist aber sehr wohl erforderlich. Somit muss zum Beispiel der Diabetiker ein ärztliches Attest mitführen, um den Kontrolleuren die Krankheit glaubhaft darlegen zu können. Kann er kein Attest vorlegen, dann ist die Einnahme von Insulin ein Dopingvergehen. Auch bei einigen Medikamenten aus der Hausapotheke lohnt der Blick auf die Liste der zulässigen Medikamente (Link findet sich unter dem Artikel). So gilt für Allergiker, die z.B. Rhinisan gegen ihre Beschwerden nehmen, dass das Medikament vor der Kontrolle angegeben werden muss, da es einen engen Verwandten von Kortison enthält.

 

Doch was genau fällt jetzt unter Doping?

 

Zunächst einmal lässt sich sagen, dass ein Besuch auf der Website der NADA lohnt, da sie das meiste Wissen in einer passenden Broschüre für Athleten, Trainer und Eltern zusammenfasst. Darüber hinaus gibt es für Lesemuffel auch einige Beiträge in der Mediathek (Link zur Athletenbroschüre ebenfalls unter dem Artikel). Doch kommen wir nun zu den verbotenen Dingen.

Diese Teilen sich in zwei große Obergruppen. Auf der einen Seite sind die verbotenen Substanzen, welche sich in zwei Unterkategorien mit 11 Substanzklassen aufteilen. Auf der anderen Seite finden sich die verbotenen Methoden, welche ihrerseits in drei Untergruppen aufgeteilt sind.

Fangen wir mit den verbotenen  Substanzen an. In der ersten Unterkategorie sammeln sich die Substanzen, die grundsätzlich verboten sind. Diese sind:

 

      Nicht zugelassene Substanzen        

       (z.B. Medikamente für Tiere oder in Deutschland nicht zugelassene Medikamente)

      Anabole Substanzen

       (z.B. Testosteron oder anabole Steroide)

      Peptidhormone, Wachstumsfaktoren, verwandte Substanzen und Mimetika

       (z.B Wachstumshormone, EPO)

      Beta-2-Agonisten

       (z.B. Asthmamittel)

      Hormone und Stoffwechsel-Modulatoren

       (z.B. Insulin)

      Diuretika und Maskierungsmittel

       (z.B. alle Mittel um die vorher genannten Mittel zu verschleiern)

 

 

Neben diesen absoluten “No-Go”-Substanzen gibt es auch noch welche, die nur im Wettkampf verboten sind. Darunter fallen:

 

      Stimulanzien

       (z.B. Amphetamine, ADHS-Medikamente)

      Narkotika

       (z.B. Morphin oder Heroin)

      Cannabinoide

       (z.B. Cannabis, Haschisch und Marihuana)

      Glucocorticoide

       (z.B. Kortison)

      Betablocker (diese sind allerdings nur in bestimmten Sportarten verboten)

 

 

Schließlich gibt es noch die Gruppe der verbotenen Methoden. Diese sind zumeist etwas aufwendiger und lassen sich daher eher im Hochleistungssport finden (siehe Eufemiano Fuentes oder Mark S.). Die verbotenen Methoden sind:

 

      Manipulation von Blut und Blutbestandteilen

      Chemische und physikalische Manipulation

      Gen- und Zelldoping

 

 

Jetzt weiß ich was verboten ist und mir kann nichts mehr passieren?

 

Ein ganz klares NEIN! Es gibt noch so einige Fallstricke über die man stolpern kann. So ist z.B. Cannabis nur im Wettkampf verboten, ABER der Wirkstoff THC ist fettlöslich und wird somit bei exzessivem Konsum noch über Wochen nach dem letzten Joint durch den Urin ausgeschieden. Darüber hinaus sind in einigen Medikamenten gegen Erkältungen Stimulanzien enthalten, die ebenfalls einen positiven Test nach sich ziehen. Der wahrscheinlich aber größte Stolperstein sind die unter Sportlern weit verbreiteten Nahrungsergänzungsmittel. Diese machen oft einen qualitativ hochwertigen und medizinisch getesteten Eindruck. Allerdings können diese schnell verunreinigt sein. Ein gutes Beispiel wäre die ehemalige Langläuferin Evi Sachenbacher-Stehle, die aufgrund eines guten Laune Tees positiv getestet worden ist. Um die Gefahr etwas zu minimieren hat der Olympiastützpunkt Rheinland die Kölner Liste (Link unter dem Artikel) initiiert. Auf dieser finden sich im Labor getestete unbedenkliche Nahrungsergänzungsmittel. Vorsicht ist dennoch geboten, da es nicht zu 100% garantiert ist, dass jede Charge unbedenklich ist, wenn das Produkt auf der Liste auftaucht.

Auch im Urlaub lauern noch so einige Gefahren für den Sportler. So wird zum Beispiel in Mexiko und China gerne Clenbuterol in der Tiermast verwendet. Die durch das Fleisch von so gemästeten Tieren aufgenommene Menge reicht durchaus, um bei einer Kontrolle positiv getestet zu werden.  Schließlich sollte man bedenken, dass in anderen Ländern Medikamente mit demselben Namen wie in Deutschland eine ganz andere Zusammensetzung haben können.

 

Vorher hieß es, dass Manipulation von Blut und Blutbestandteilen unter Doping fällt. Darf ich jetzt nicht mehr zur Blutspende?

 

Blutspenden ist definitiv erlaubt. Allerdings ist die Blutplasmaspende verboten, da bei ihr das Filtrat dem Spender refundiert wird. Ähnlich verhält es sich mit Infusionen. Diese sind nur so lange legitim, wie sie unter 100ml liegen oder aus medizinisch notwendigen Gründen in einem Krankenhaus verabreicht wird. Um auf Nummer sicher zu gehen sollte man sich die Notwendigkeit der Behandlung durch einen Arzt bescheinigen lassen, damit es auf keinen Fall zu irgendwelchen Komplikationen kommen kann.

 

Liste zulässiger Medikamente (Stand 2020): https://www.nada.de/fileadmin/user_upload/nada/Downloads/Broschueren/2020_NADA_Beispielliste_zulaessiger_Medikamente.pdf

Athletenbroschüre: https://www.gemeinsam-gegen-doping.de/fileadmin/user_upload/190312_GEMEINSAMGEGENDOPING_Athleten.pdf

Kölner Liste: https://www.koelnerliste.com/