Triathlon bei Hitze: Gut gekühlt und hydriert zum Erfolg (Teil2)

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 27.09.2013 um 12:01
tri2b.com: Welche Auswirkungen hat die Hitze auf die Leistungsfähigkeit des Athleten während des Rennens konkret?

C.R.: Die Belastung in schwüler Hitze kann die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen. Hitzebedingte Dehydrierung verschlechtert die Wahrnehmung, die Wachheit sowie die kognitiven Fähigkeiten des Athleten. Ab welchem Grad dies der Fall ist, darüber ist man sich im Moment nicht ganz einig. Durch Hitze kommt es im Gehirn zu speziellen Veränderungen von bestimmten Botenstoffsystemen, welche z.B. die Funktionalität der Muskulatur negativ beeinflussen, was zum Belastungsabbruch führen kann. Ebenso steigt das Schmerzempfinden des Athleten an und die Belastung wird als anstrengender empfunden, als sie eigentlich ist. Es scheint so, dass so gut hydriert wie möglich zu bleiben, „Pre-Cooling“ und die CHO-Level zu optimieren, die wichtigsten Strategien bei Belastung in der Hitze, darstellen. Die Zufuhr von BCAAs bringt nichts, was die Belastbarkeit und die kognitive Leistungsfähigkeit in der Hitze anbelangt.

tri2b.com: Speziell beim Ironman Hawaii werden die Getränke an der Strecke oft mit reichlich Eiswürfeln angereichert. Was sollte bei der Trinktemperatur unter Hitzebedingungen beachtet werden?
C.R.: Kalte Getränke vor der Belastung stellen z.B. eine Möglichkeit der verschiedenen „Pre-Cooling“-Methoden dar. „Pre-Cooling“ ist eine geeignete Methode, um die durch Hitzestress ausgelöste Müdigkeit zu bekämpfen, bzw. dieser vorzubeugen. Es gibt verschiedene Möglichkeit, z.B. eben kalte bzw. eisige Getränke, geeiste Handtücher oder Kleidung, kalte Luft, Kühlwesten mit Eiswasser etc. Sehr interessant ist der Ansatz mit den geeisten Getränken, vor und während der Belastung. Sie entziehen dem Körper rasch Wärme, kühlen also und setzen gegebenenfalls enthaltene Kohlenhydrate frei. Dies kann durch innerliche Anwendung die sportliche Leistungsfähigkeit verbessern. Aber wichtig: all diese Ansätze müssen erst im Training angewendet werden, um auch zu sehen, wie die Verträglichkeit der jeweiligen Methode ist. Kalt trinken während dem Rennen ist sehr gut, die Magenentleerung wird dadurch unter anderem auch verbessert. Aber unbedingt dabei beachten: Nicht erstmals in einem wichtigen Wettkampf anwenden.

Dehydrierung:
Bedeutet allgemein, wenn der Körper in ein Flüssigkeitsdefizit kommt. Aktuell wird in der Wissenschaft diskutiert, ab welchen Dehydrierungsgrad ist es nachteilig für den Athleten bzw. seine Leistung. Eine der vertretenen Meinungen behauptet 1-2 % Dehydrierungsgrad ((Bezugsgröße ist das Körpergewicht) sind gut tolerabel. Mehr nicht, besonders im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit, die mentale Verfassung, der kognitive Fähigkeiten, perception of effort (der wahrgenommene Grad der Anstrengung), die Magenentleerung.
Andere wiederum vertreten die Ansicht, der Körper kann einen höheren Dehydrierungsgrad (3 % und teilweise noch etwa mehr) verkraften, ohne Beeinträchtigung in der aeroben Leistung und bei der Wahrnehmung des Anstrengungsgrades hinnehmen zu müssen.



tri2b.com: Ist es ein gutes oder schlechtes Zeichen, wenn sich bei einem Athleten während des Rennens die Salzränder deutlich an der Bekleidung abzeichnen?
C.R.: Das ist weder ein gutes noch ein schlechtes Zeichen. Die Erklärung für die Ränder: Die Haut ist mit ihren Schweißdrüsen vergleichbar mit einer exokrinen Drüse, über die der Körper unter anderem Wasser und Elektrolyte ausscheidet. Nach dem heutigen Kenntnisstand geht man davon aus, dass „salzverkrustete“ Athleten wahrscheinlich mehr als genug Salz über die Nahrung aufgenommen haben und ihr Körper den so entstandenen Überschuss wieder loshaben will.
Ein weiterer Grund liegt in der Regulation des Durstgefühls über die Osmolalität des Plasmas. Diese wird zum größten Teil vom Natrium bestimmt. Wenn der Körper nun Salz über den Schweiß ausscheidet, reduziert sich das Durstgefühl und der Athlet kann sich länger belasten, bevor er trinken muss. Auf diese Weise können Menschen in der Hitze lange Strecken zurücklegen und die Flüssigkeits- und Treibstoffspeicher später bei Bedarf wieder befüllen.


tri2b.com: In der Sommersaison gab es mehrmals Todesfälle bei Triathlon-Wettbewerben in Mitteleuropa (Gründe unter anderem Überanstrengungen/Kollaps mit Herzinfarkt). Auf was sollte man speziell beim Trinken achten, um der Gefahr zu kollabieren entgegen zu wirken?
C.R.: Es wird im Moment in Wissenschaftskreisen sehr kontrovers diskutiert, wie sehr sich welcher Dehydrierungsgrad während der Belastung auf die sportliche Leistungsfähigkeit auswirkt. Also ab welchem Dehydrierungsgrad es zu einer Verschlechterung der Leistungsfähigkeit und der kognitiven Fähigkeiten etc. kommt. Allgemeine Trinkempfehlungen sind schlecht. Die individuelle Trinkmenge ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Außerdem empfindet jeder Athlet die Auswirkungen der Dehydrierung unterschiedlich, ebenso unterscheidet sich das Durstgefühl individuell.
Ratsame Vorgehensweise: Der Athlet sollte sich der Faktoren bewusst sein, die zur Dehydrierung führen und seine Verluste bei entsprechenden Außentemperaturen kennen. Er ermittelt für verschiedene Trainingseinheiten unter verschiedenen Voraussetzungen seine ungefähre Schweißflussrate. Diese gibt einen Anhaltspunkt für eine sinnvolle Trinkmenge pro Stunde. Diese Trinkmenge wird dann auf Verträglichkeit, Umsetzbarkeit etc. getestet. Basierend auf diesem Wissen erstellt sich der Athlet sein Trinkschema. Natürlich soll auch unbedingt das individuelle Durstgefühl berücksichtigt werden, bei der Flüssigkeitsaufnahme. Jedoch fällt der Durst nicht immer mit der Möglichkeit zu Trinken zusammen.