Wettkampfernährung: Verpflegung in der Tapering-Phase und im Rennen

von Mark Pschebizin für tri2b.com | 15.01.2010 um 11:22
Es passiert immer wieder. Nach einem Jahr Vorbereitung und gutem Training rebelliert im Rennen des Jahres plötzlich der Magen und der Wettkampf endet im Desaster. Um dieser Gefahr aus dem Weg zu gehen, sollte man sich frühzeitig Gedanken über die Ernährung in der sogenannen Taperphase (ca. die letzte Woche vor dem Wettkampf) und im Rennen selbst machen.

Wie sollte die Ernährung in der Vorwettkampfphase (Taper-Phase) aussehen?
a) Diese Phase dauert ungefähr 4-7 Tage an (je länger der Wettkampf desto länger dieser Zeitraum). Bis dahin sollte auch die Trainingsphase abgeschlossen sein, da in dieser Zeit keine konditionellen Verbesserungen mehr erzielt werden können.
b) Die vom Training erschöpften Glykogenspeicher über eine ausreichende Zufuhr von Kohlenhydraten auffüllen (Carboloading).
c) Um die Vorräte möglichst optimal aufzufüllen, ist es sinnvoll die Glykogen-Speicher zuerst so weit wie möglich zu entleeren. Deshalb das letzte Training mit hoher Intensität montags oder dienstags bei einem Rennen am folgenden Sonntag durchführen (z.B. mit intensiven Schwellenlauf über ca. 40 min.). Anschließend die Kohlenhydratzufuhr stark erhöhen und nur noch leichtes Training zur Mobilsierung durchführen.

Wie sollte die Ernährung am Wettkampftag selbst aussehen?
a) Nicht nüchtern an den Start gehen.
b) Letzte kleine Mahlzeit 2,5 - 3 hr vor dem Start (200-400 ckal)
c) Eine leicht verdauliche Mahlzeit zu sich nehmen. Zum Beispiel Vollkornflocken, Müsli, Weißbrot mit Honig/Marmelade, etwas Obst. Die Nahrung dabei gründlich und lange kauen.
d) Einnahem eines kohlenhydratreichen Getränks (250 ml) oder Gels circa 30 Minuten vor dem Start.

Ernährung während des Rennens
a) Eine regelmäßige und frühzeitige Kohlenhydrataufnahme während der Belastung sichert die Aufrechterhaltung der Leistung (Geschwindigkeit) und führt zu keinem weiteren Abbau des Muskelklykogens.
b) Mehrfachzucker (Langkettige Poli- und Oligosaccharide) werden langsamer resorbiert und entfalten ihre leistungserhaltende Wirkung über einen längeren Zeitraum
c) Einfachzucker gelangt bereits nach 7 Minuten in den Muskel. (findet Anwendung bei der klassischen Cola im letzten Rennviertel)
d) Bei langen Belastungen (Ironman, Mitteldistanz) Kohlenhydrataufnahme in kleinen Mengen alle 15-30 min circa 8-12 g durch Getränke, Gels, Energieriegel. Insgesamt ungefähr 35-50 g Kohlenhydrate pro Belastungsstunde zuführen.

Eine kleine Anekdote zum Essen in der Tapering-Phase:
Im Winter 2008 bin ich nach Neuseeland geflogen um an der Challenge Wanaka teilzunehmen. Ich hatte das Glück zusammen mit einem jungen Schotten bei einer fantastischen Gastfamilie unterzukommen. Wir trafen vier Tage vor dem Rennen in Wanaka ein. Julie, die Gastmutter, war eine hervorragende Köchin und verwöhnte uns nach Strich und Faden mit kulinarischen Köstlichkeiten.

Der junge Schotte hatte die Vorgabe von seinem Coach bekommen, sich streng ballaststoff- und kohlenhydratearm zu ernähren (sogenannte Saltin-Diät), um am Tag vor dem Rennen mit Bergen von Nudeln die Speicher aufzufüllen. Alkohol gänzlich ausgeschlossen. Da ich selbst kein Kostverächter bin und für mein Leben gerne und gut esse, konnte und wollte ich den aufgetischten Köstlichkeiten wie Lammfleisch, frischem Lachs, Kartoffeln und Salat nicht wiederstehen, abgerundet von einem leckeren Kiwi-Bier. Selbst bei den selbtgebackenen Cookies konnte ich mich nur schwer zurückhalten.

Das Ende vom Lied war, ich habe die Challenge gewonnen und der junge Schotte mußte leider beim Marathon aussteigen. Sicherlich kein wissenschaftlicher Beleg für eine sportgerechte Ernährung, aber eines wurde mir dabei schnell klar. Wenn wir mit Genuß, Verstand und Freude essen und uns nicht mit den extremen Esstrends restriktieren und kasteien. Uns aber sehrwohl ausgewogen und auch geschmackvoll ernähren, dann können wir am Ende nur profitieren.