Emotionale Nachbeben auf Hawaii

von H. Eggebrecht für tri2b.com für tri2b.com | 29.10.2006 um 12:29
Eine Woche nach dem IRONMAN Hawaii kochen die Emotionen weiter hoch. Normann Stadler und Faris Al-Sultan stehen im Schlagabtausch mit dem Australier Chris McCormack, der seine Art der Renngestaltung offensiv verteidigt ...

Der IRONMAN Hawaii 2006 ist Geschichte und hat mit Michellie Jones und Normann Stadler seine würdigen Sieger gefunden. Während bei den Frauen die Wachablösung von Natascha Badmann mehr als deutlich ausfiel, war der zweite Hawaii-Sieg Stadlers am Ende äußerst knapp und ist immer noch heißer Gesprächsstoff. Die Hauptakteure, Stadler, Faris Al-Sultan und Chris McCormack bezichtigen sich gegenseitig unsportlichen Verhaltens. Dabei hat das Rennen eine am Ende knappe, aber klare sportliche Entscheidung gebracht. Neben den deutschen Topakteuren Stadler und Al-Sultan haben die deutschen Athleten trotz einiger prominenter Ausfälle einmal mehr ihre Leistungsfähigkeit gezeigt. Ganz anders bei den Frauen. Die Agegrouperin Christine Waitz war als 38. beste Deutsche, knapp vor der Vorjahressechsten Katja Schumacher. Waren es am Anfang die heftigen Erderuptionen, die glücklicherweise nur Sachschäden verursachten, so endete das Spektakel Ironman mit emotionalen Vulkanausbrüchen der Topathleten. Einmal mehr wurde McCormacks passives Verhalten auf dem Rad kritisiert, der die 7-Meter Regel nach Ansicht Stadlers und Al-Sultans sehr zu seinem Gunsten genutzt haben soll. Die beinahe Handgreiflichkeiten zwischen dem Norminator und Macca sind in Triathlonkreisen eher ungewöhnlich, zeigen aber, dass die an der Finishline gezeigten gegenseitigen Verneigungen nur die gute Mine zum bösen Spiel waren. Zu unterschiedlich sind die Arten, Triathlon zu bestreiten. Stadler der immer sein Heil in der Flucht sucht, ja suchen muss, sonst hat er aufgrund seiner körperlichen Konstitution wenig Chancen gegen die Topläufer. Al-Sultan, der den Triathlon vom alten Stil liebt und so von seinen Fans geliebt wird. Oder der Showman McCormack, der die letzten großen Rennen auf dem Rad allesamt sehr taktisch gestaltete. Allerdings in Roth nach seiner Reifenpanne auch zeigte, dass er durchaus in der Lage ist, alleine das Tempo hochzuhalten. Wiederlegte Regel: Hawaii kann kein Radfahrer gewinnen Es war lange Zeit das ungeschriebene Gesetz auf Big Island, dass der Leader nach dem Radfahren nicht als erster am Alii Drive einläuft. Wolfgang Dietrich, Jürgen Zäck und auch Thomas Hellriegel haben diese Erfahrung gleich mehrmals in den Neunziger Jahren machen müssen. Die Ironman-Ikonen wie Mark Allen oder Peter Reid waren sich stets ihrer Laufstärke sicher und nutzen die Vorteile der Verfolgergruppen auf dem Rad, die Jahr für Jahr am Rande der erlaubten Abstände über den Highway 19 rollte. Nicht dass es keine Verwarnungen oder Disqualifikationen gab; Lothar Leder, Timo Bracht, diesmal Steffen Liebetrau und Alex Taubert, kennen die teils patriotisch angehauchte Regeldurchsetzung bestens. Deshalb ist es umso höher zu bewerten, dass seit 2004 das Rennen mit Stadler und Al-Sultan immer von offensiv fahrenden Athleten gewonnen wurde. Die Leistungsdichte steigt weiter "Von hinten nach vorne durchzufahren ist nicht mehr möglich", analysierte deshalb auch Uwe Widmann das diesjährige Ergebnis. Die ersten Zehn waren nach dem Schwimmen innerhalb einer Minute. Wer dort den Aufsprung auf den Zug verpasste, hatte fast keine Chance mehr auf die Preisgeldränge. Die Ausnahmen waren Rutger Beke und Patrick Vernay, die mit Topleistungen im Laufen noch in die Top Ten liefen. Ähnlich wie Widmann erging es Timo Bracht, der die erste Verfolgergruppe verpasste. Trotz persönlicher Hawaii-Laufbestzeit blieb dem Eberbacher der Sprung nach vorne verwehrt. "In meinem Bereich haben alle um jede Sekunde gekämpft, jeder will in die Top Ten. Etwas weiter hinten geht es wieder ruhiger zur Sache.“ Der Mythos Ironman ist zum großen Teil damit erklärt, dass die Athleten alleine den Kampf mit den Elementen und der Distanz aufnehmen, bestehen oder auch einmal daran scheitern. Die Regeln sollten dabei unterstützend wirken. Beinahe jährliche willkürlich erscheinende Regeländerungen sind da wenig förderlich. Die Rückbesinnung zur international für Non-Drafting Rennen anerkannten 10-Meter Regel wäre das richtige Zeichen. Taktische Spielereien, wie sie McCormack fast in Perfektion beherrscht, wird es trotzdem weiter geben, zum Glück. Fußball darf schließlich auch mit Offensiv- oder Defensiv-Taktik gespielt werden. Es gewinnt die Mannschaft, die ein Tor mehr schießt. Im Triathlon der Athlet, der als erster im Ziel ist. Und das war diesmal, hochverdient, Normann Stadler. Wo sind die deutschen Girls Die deutschen Frauen wären da sicher schon zufrieden, wenn ihnen nur ein kleiner Teil dieser Aufmerksamkeit zu Teil würde. Beste Deutsche war Christine Waitz. Als 38. im Gesamteinlauf gewann die Rotherin, die im Vorjahr neunte beim IRONMAN Wisconsin wurde, souverän die Altersklasse 18-24. Zwei Plätze dahinter Katja Schumacher, die nach dem Radfahren noch gleichauf mit den Top Ten Finisherinnen Kate Allen, Kate Major und Joanna Lawn lag, dann beim Laufen jedoch total einbrach. Nach dem IM-Sieg in Madison Anfang September war ein Topergebnis allerdings nicht unbedingt zu erwarten. Die weiteren Profifrauen Imke Schiersch und Ute Mückel finishten zumindest nach einem langen Arbeitstag auf dem Highway. Die verletzte Andrea Brede hätte die Bilanz wahrscheinlich etwas aufbessern können. Fürs nächste Jahr erwarten viele die Rückkehr von Nina Kraft. Das Frauenergebnis könnte dann aus deutscher Sicht wieder besser ausschauen, Diskussionen und mediale Aufmerksamkeit inklusive.