Alexander Schilling: Man muss ein Ziel haben

von René Penno für tri2b.com | 05.11.2016 um 17:19
Alexander Schilling hat seine Saison beendet. Es war eine gute Saison 2016. Der (noch) 27 Jahre alte Triathlet aus Dresden hat viel erreicht, kann die Beine hochlegen, die Seele mal baumeln lassen. In Miami macht er mit Freundin und Familie für ein paar Tage Urlaub, besucht Basketballspiele der Miami Heat oder entspannt beim Barbecue. Dann geht es in Florida wieder los mit den ersten Trainingseinheiten.

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Eigentlich stand noch der Ironman 70.3 Miami im Kalender. Alexander Schilling verzichtete auf einen Start. Drei Wochen vorher war er beim Ironman Barcelona Achter, nach einem starken Auftritt. Nach Rücksprache  mit seinem Trainer Wolfram Bott machte Alexander Schilling Schluss für dieses Jahr. Er nimmt viel an Eindrücken und Erfahrungen mit. „Barcelona war mein bislang bester Wettkampf“, sagt Alexander Schilling. Die 8:16:24 Stunden waren persönliche Bestzeit. Von Anfang an habe alles auf die Minute gepasst, die Entscheidung, nach dem Ironman Frankfurt zum Ende der Saison noch eine weitere Langdistanz zu machen, hat Schilling nicht bereut. „Frankfurt war optimal, ich hatte keine Probleme“, berichtet er von seiner Premiere auf der vollen Distanz. Elfter in 8:35:08 Stunden - das konnte sich sehen lassen.

 

Die hohe Kunst


Der Gedanke, es in diesem Jahr auf der Langdistanz zu probieren, war im Winter greift. Studienbedingt hatte Alexander Schilling fünf Jahre lang vom Triathlon pausiert. In den USA, wo er seinen Bachelor machte, sei er viel gelaufen. Das Radfahren kam allerdings zu kurz. Nach seiner Rückkehr in Deutschland schloss er sich dem IBH-Triathlon-Team um Per Bittner an. Das war der erste Schritt in Richtung Langdistanz. „Im Osten gab es bis dahin noch kein richtiges Team“, packte Alexander Schilling die Gelegenheit beim Schopfe. Alle ziehen an einem Strang, man kennt sich aus früheren Tagen, „und es geht mit der Vermarktung besser“, hat Schilling erkannt, dass nur der Erfolg allein nicht hilft auf dem Weg zum Triathlonprofi.

Der Wechsel in das Team aus Sachsen tat gut. Das brachte Motivation für höhere Aufgaben, neue Möglichkeiten, gemeinsame Trainingslager, unter anderem mit Nils Frommhold. Und auch mit Sebastian Kienle hat Alex Schilling die eine oder andere Trainingsrunde auf dem Rad gedreht. „Da kann man sich was abgucken“, genoss Schilling das Training mit den Ironman-Siegern. Nun ist Schilling, inzwischen in Köln beheimatet, auf der Langdistanz angekommen. Er weiß nun, was diese 226 Kilometer bedeuten. „Ich habe das Gefühl, dass die Langdistanz gut klappt“, sagt Alexander Schilling. Er sieht sich als Triathleten, dem diese Distanz besser liegt. Er kommt mit der Ernährung an solch einem langen Tag klar, er hat seinen Körper noch besser kennengelernt. Seine Stärke beim Laufen kann Schilling noch besser ausspielen. Was ihn aber wundert, sind die vergleichsweise mageren Ergebnisse bei den Mitteldistanzen in der direkten Vorbereitung auf die Höhepunkte. Beim Ironman 70.3 Switzerland vor dem Rennen in Frankfurt war Schilling Elfter; auf Rügen, vor dem Ironman Barcelona, immerhin Siebter. Zufrieden war er damit nicht, Schilling hatte sich von diesen Rennen mehr erhofft. „Ich war eigentlich fitter“, sagt er und fragt sich, wie das Athleten wie Kienle oder Jan Frodeno machen. „Das ist die Herausforderung, beides hinzubekommen“, sagt Alexander Schilling. „Das ist die hohe Kunst.“

 

Alexander Schilling beim Feldmarksee-Triathlon 2016 in Sassenberg

Alexander Schilling in seiner Paradedisziplin (Bildrechte René Penno)

 

Fünf Prozent extra rauskitzeln


Er ist nach der Saison 2016 gelassener und selbstbewusster. Viele Sachen hätten geklappt, erzählt er. Zum Beispiel habe er gemerkt, dass er immer erst richtig in Form kam, wenn er zu Hause war. Die Ruhe daheim, das eigene Bett sind Dinge, die er zu schätzen weiß.

Mit diesen Erfahrungen nimmt Alexander Schilling das Training für die Saison 2017 auf. Ganz allmählich hatte er sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. Im Duathlon war er Deutscher Meister bei den Junioren, U23 und der Elite, im Triathlon kam er als Junior zu Meisterehren. Nach einer Pause, in der er sich dem Studium widmete, machte Alexander Schilling 2014 die ersten Versuche auf den längeren Strecken. Jetzt will er an seinem Stehvermögen arbeiten, um noch ein bissen weiter nach vorne zu kommen. Und Schilling denkt darüber nach, wie er am besten nach Hawaii kommt. „Man muss ein Ziel haben. Dafür trainiere ich sieben Stunden am Tag“, sagt Schilling. Er will die fünf Prozent extra rauskitzeln. Auch, um irgendwann mal sein Geld nur mit dem Triathlon verdienen zu können. Zur Zeit arbeitet er als Trainer, halbtags, die Basis sei gedeckt. „Das Ziel ist, zu 100 Prozent Profi zu sein.“ Dazu gehört auch, sich entsprechend zu vermarkten.

 

Da muss noch was kommen


Eine Teilnahme beim Ironman Hawaii könnte dabei hilfreich sein. Das ist das sportliche Ziel, der Weg dahin aber schwer. „Ich muss darüber nachdenken, wie ich das anstelle“, macht sich Alexander Schilling Gedanken über das Rennprogramm 2017. Der Ironman Texas wäre ein Rennen, um das Punktekonto aufzufüllen, oder der Ironman Brazil. Aber welches Rennen auch immer: „Ich müsste nochmal einen Sprung machen“, vermutet Schilling. Um die zehn Minuten müsse er sich wohl nochmal verbessern, sagt er. Das könnte auch übers Radfahren gehen. Die fünf Jahre Pause zeigen die Defizite auf. „Da muss noch was kommen.“ Eine ganze Ecke an Kilometern mehr, um vorne dabei zu sein, weiß Alexander Schilling, woran es zu arbeiten gilt. Er hat Ehrgeiz, so wie es sein muss. Von Verbissenheit aber keine Spur. „Ich kann mich nicht beschweren“, sagte Alexander Schilling, kurz vor seinem Urlaub. „Ich mache das, was ich gerne mache. Ich habe Spaß, als Trainer zu arbeiten.“ Der Ironman Hawaii ist aber nicht nur im Hinterkopf.