Peter Schlickenrieder: Skilanglauf bringt es auch mit wenig Aufwand

von H. Eggebrecht für tri2b.com für tri2b.com | 17.12.2006 um 22:20
Nordic Sports ist im Trend, auch wenn der Winter diesmal lange auf sich warten läßt. Pünktlich zum ersten Schnee haben wir mit Peter Schlickenrieder über Skilanglauf als Wintertraining für Triathleten gesprochen ...

Peter Schlickenrieder ist seit seiner sensationellen Silbermedaille im Sprint bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City ein Botschafter des Skilanglaufsports. Als ARD-Langlaufexperte bringt der 36-Jährige Woche für Woche die Faszination des Nordischen Skisports einer breiten Masse auf sympathische Weise näher. Nur Insider wissen, dass „Schlicki“ schon zur Anfangszeit seiner sportlichen Karriere an der Startlinie des Alpentriathlons in seiner Heimat Schliersee stand und auch in diesem Jahr bei seinem Heimrennen dabei war. Radfahren und Laufen sind zudem die Basissportarten im Sommertraining der Skilangläufer. Warum Skilanglauf wiederum ein hervorragendes Vorbereitungsprogramm für Triathleten ist, erklärt Peter Schlickenrieder im tri2b.com-Interview. tri2b.com: Selbst die Triathlon-Nationalmannschaft geht regelmäßig im Winter auf die Langlaufski. Welchen Tipp hast du für Neueinsteiger parat, denn gerade der Einstieg in eine neue Sportart entscheidet oft über den Erfolg? Peter Schlickenrieder (P.S.): Es kommt auf den Background des Athleten an. Leistungsorientierte Triathleten, die die gleitenden Schlittschuhschritte vom Inlinern oder Schlittschuhlaufen kennen, haben sicher keine Probleme, gleich mit der Skatingtechnik zu beginnen. Ansonsten ist sicher der Klassische Stil eine gute Wahl, denn die Kreuzkoordination von Beinen und Armen ist vergleichbar mit dem Laufen. Während beim klassischen Langlauf auch eine ganz niedrige Intensität gewählt werden kann, erfordert die Freistil-Technik generell einen etwas höheren Kraftaufwand in der Hauptantriebsmuskulatur. Diese konditionellen Fähigkeiten sollte ein Einsteiger für das Skating auf jeden Fall mitbringen. tri2b.com: Ist also die Klassische Technik das bessere Training fürs Laufen? P.S.: Das kann man so sagen. Der Abdruck ist diagonal und explosiv. Während beim Skating die Abdruckphase der Beine sehr lange dauert. Die Bewegung ist wiederum sehr stark verwand mit der Druckphase beim Radfahren. Deshalb ist Langlaufen in der Skatingtechnik die ideale Vorbereitung für das Frühjahrstraining auf dem Rad. tri2b.com: Beide Stilarten sind vom Material her schwer kombinierbar und für Triathleten, die nur ab und zu auf den Skiern stehen, sicher erst einmal kein Thema. Man wird sich wohl auf eine Stilrichtung konzentrieren? P.S.: Ich bin selbst ein Fan vom Skaten. Man ist schneller unterwegs, das Material ist schneller hergerichtet und der Pflegeaufwand ist geringer. Grundsätzlich kannst du aber in beiden Stilarten richtig Vollgas geben und hervorragende Grundlagen für das spezifische Triathlontraining legen. Je höher das Niveau durch unspezifisches Ausdauertraining ist, desto größer und besser sind dann die Reize des speziellen Trainings. Es gibt viele prominente Beispiele von erfolgreichen Mountainbikern und Straßenradfahrern, die im Winter einen Großteil des Trainings auf den Lauflaufskiern absolvieren. tri2b.com: Viele schreckt aber sicher der Materialaufwand ab. Im Fernsehen wird Langlauf oft als Materialschlacht dargestellt. Ski für verschiedene Schneearten und dazu noch die Hexenküche beim Wachsen. Wie groß ist der Aufwand wirklich? P.S.: Das was wir im Fernsehen sehen, ist Rennlauf an der Weltspitze. Um einen Trainingseffekt zu erzielen und Spaß in der Loipe zu haben, ist wesentlich weniger notwendig. Bei der Auswahl von Ski, Bindung und Schuh sollte aber auf jeden Fall zum etwas besseren Material gegriffen werden. Das Material ist heute so stabil, dass man viele Jahre davon was hat. Es ist ja nicht so wie beim Laufen, wo pro Saison gleich mehrere Schuhe fällig sind. Als Grundausstattung beim Wachs reichen erst einmal Basiswachse, damit bist du für 30 Euro den ganzen Winter unterwegs. Dazu ein ausrangiertes Bügeleisen, ein Plastikklinge zum Abziehen, noch ein Bürste zum Polieren, außerdem zwei Stühle auf die die Ski gelegt werden können, sozusagen als Wachsbock-Ersatz, und schon kann es losgehen. Je nachdem wie aggressiv der Schnee ist, wird dann der Ski nach drei bis fünf Trainingseinheiten wieder neu präpariert. tri2b.com: Wie schaut es mit der Trainingsgestaltung aus. Wie lange sind die Trainingseinheiten auf den Skiern? P.S.: Langlaufen ist wesentlich intensiver als Radfahren und Laufen. Mit dem Rad ist es schon mal möglich, eine lange Einheit bei 1-1,5 mmol Laktat zu machen. Auf den Skiern ist dies erst bei sehr guter Beherrschung der Technik möglich. Gerade noch nicht so gut trainierte Athleten sollten das unbedingt berücksichtigen. Bei den Langläufern gibt es die Faustformel, dass zwischen Radfahren und Skilanglauf mit dem Faktor drei vergleichbar ist. Zwei Stunden auf Skiern sind also mit einer sechsstündigen Radausfahrt vergleichbar. Das zeigt klar, welchen Ausdauerreiz das Langlaufen bringt. tri2b.com: Wo ist dann die zeitliche Obergrenze für ein wirkungsvolles Training auf Langlaufskiern. Schließlich will man einen Langlauftag in den Bergen auch richtig auskosten? P.S.: Im Skatingstil sind das eben zwei bis drei Stunden. Klassisch, wenn die Intensität runter geschraubt wird, sind auch längere Tagestouren möglich. Außerdem hängt das natürlich von den Bedingungen ab. Es ist ein riesengroßer Unterschied zwischen gefrorenem schnellen Altschnee oder stumpfen Pulverschnee bei sehr kalten Temperaturen. tri2b.com: Für die meisten Triathleten wird Skilanglauf hauptsächlich am Wochenende möglich sein. Wie sollte die Vorbereitung unter der Woche gestaltet sein? P.S.: Eine spezielles Training ist sicher nicht notwendig. Wie schon gerade angesprochen, ist das Langlaufen etwas intensiver und kraftraubender, deshalb sollten die Trainings dazwischen eher im ruhigen Bereich absolviert werden. Lockeres Laufen im G1 Bereich, Schwimmen, was ja eh auf dem Programm steht, ist auch zu empfehlen, da der Muskeltonus sich so wieder schneller normalisiert. Zusätzliches Krafttraining ist meist gar nicht mehr nötig, weil die Kraftkomponente des Skitrainings so hoch ist und die Zeit dazwischen zur Regeneration benötigt wird. Sich platt auf die Skier zu stellen, macht keinen Sinn. Wenn dann noch schwere Bedingungen herrschen, ist das der Super-Gau und der Loipenspaß ist schnell vorbei. tri2b.com: Letzte Frage. Was ist der besondere Reiz vom Skilanglauf? P.S.: Ein kalter Wintertag, glitzernde Schneekristalle und eine tolle Spur. Davon kannst du süchtig werden. Das ist schon vielen guten Ausdauersportlern zum Verhängnis geworden. Da werden schnell mal die Trainingsgrundsätze vergessen und noch eine Runde mehr gedreht.