Lauftechnik im Gefühl: Teil 2 Körperachsen

von Wolfgang Bunz für tri2b.com | 01.12.2008 um 00:00
Zu den Körperachsen gehören horizontale und vertikale Achsen. Wir sind jedoch keine Maschinen, die man auf ihre Axialkräfte hin perfektionieren kann. Ich würde beim Menschen eher von Optimierungen sprechen, wobei man nicht vergessen darf, dass Bewegungen quer zu unseren Achsen (Torsionen, Scherbewegungen) zu unserem natürlichen Programm gehören. Z.B. setzen unsere Hüftgelenke nicht in der Mitte des Körpers an sondern mit Distanz zur Mitte. Dieser Hebel muss natürlich mit einer Gegenbewegung ausgeglichen werden (Arme, Körpertorsion). Aber es gibt ein Minimum an Ausgleichsbewegung, und das streben wir an.

Horizontalen Achsen sind u.a.

  • die Achse der Schultern/Arme

  • die Achsen des Beckens (Der Plural deshalb, weil man, von oben gesehen, jede horizontale Achse um den Mittelpunkt rotieren kann. Ich will es aber nicht verkomplizieren.)

  • verschiedene Fußachsen



Vertikale Achsen sind

  • die Körperlängsachse gesamt

  • die Armachse längs

  • die Beinachsen



Die wichtigsten Achsen:
Becken
Wenn ihr euch mal auf ein Bein stellt, merkt ihr, dass es Kraft kostet, das Becken in der Horizontalen zu halten. Bei höheren Geschwindigkeiten wirken schnell bis zu 15fache Kräfte und viele geben unter dem Druck nach. Der Verlust dieser horizontalen Achse bewirkt ein Einknicken in der Hüfte und ein Schlingern beim Laufen, das jeder von euch kennt.
Falls das schwer fällt Hüftmuskulatur kräftigen und Wahrnehmung insbesondere der Beckenboden-, Rumpf- und inneren Beinmuskulatur verbessern.

Hacken
Was bringt schon ein hohe Hacke? Physik: Der Beinschwerpunkt rückt näher an den Körperschwerpunkt. Die Vorwärtsbewegung des Systems Bein passiert leichter und schneller. Die Schrittlänge vergrößert sich. Ja, Schrittlänge passiert hinten! Oft weiß man nicht, ob jemand wegen zu tiefer Hacken nicht schneller und dynamischer läuft oder als Folge dessen – ein Teufelskreis.
Falls das schwer fällt: Verkürzte Hüftbeuger und vordere Oberschenkelmuskulatur trainieren, Beinrückseite aktivieren (trainieren, bewegen, benutzen), generell an der Wahrnehmung beteiligter Strukturen arbeiten.

Beinachsen
Starke X-oder O-Beinstellungen sind gerade in Hinblick auf den Punkt Hacken nicht förderlich. Wenn Körperteile die Körperlängsachse verlassen und seitwärts gehen, wirkt das bremsend. Außerdem sind unsere Gelenk- und sonstige Strukturen dafür nicht geschaffen. Wir wollen nach vorne – die Kraft muss nach hinten.
Falls das schwer fällt: Fange an, spezifisches Kraft- und Techniktraining vor dem Spiegel zu machen und dir bewusst zu werden, was in deinem Körper passieren muss, um Deine Beinachsen gerade zu halten.

Fußaufsatz und Abdruck
Die Füße funktionieren längs. Zieht man eine Linie von der Kniekehle über die Ferse bis zur Fußspitze, ist diese im Optimalfall annähernd gerade. Die Achillessehne lieht genau auf dieser Linie, und wenn nicht – was ist die häufigste Laufverletzung? Diese Linie ist bestenfalls mit der Körperlängsachse zu harmonisieren, der Fuß klappt in der Abdruckphase entlang der Linie nach hinten – das ergibt den berühmten Abdruck in die Richtung, in die wir wollen. Hier können wir Kraft dahinter setzen, ohne uns zu verletzen.
Falls das schwer fällt: Wieder Trockentraining vor dem Spiegel, z.B. Krafttraining Waden/Fuß. Lerne, die Richtung zu halten und Deine Waden zu benutzen, nicht nur beim Aufprall, sondern v.a. beim Abdruck. Außerdem arbeite an anderen muskulären Dysbalancen wie oben angesprochen.

Arme/Schultern
Vom Zusammenhang „Körperschlingern“ und Armarbeit habe ich oben gesprochen. Wie kannst Du die Armarbeit verbessern? Ein kleiner Ast in die Armbeugen, und das Problem ist meist im Griff. Ein Armschwerpunkt nahe der Schulterachse ist von Vorteil. Du kannst damit eine übermäßige Schultertorsion verringern.
Falls das schwer fällt: Du musst zunächst wissen, dass die Arme nach oben gehören. Der Winkel zwischen Unter- und Oberarm bleibt gleich. Dein Ellenbogen beschreibt einen Kreisbogen um den Mittelpunkt Schultergelenk, der eng am Körper anliegt. Es fühlt sich vielleicht komisch an, so zu laufen. Tu es einfach! Es ist schneller. Auch ein Formel1-Auto fühlt sich wahrscheinlich komisch an im Vergleich zum Lupo.