Drafting-Diskussion: DTU kehrt zur 10x3 Meter Regel zurück

von Jens Richter für tri2b.com für tri2b.com | 22.02.2004 um 00:29
Nach heftigen Athletenprotesten setzt das Präsidium der DTU den umstrittenen internationalen Draftingparagraphen außer Kraft und kehrt zur 10x3 Meter-Windschattenbox zurück ...

In der Auseinandersetzung um den „Drafting-Paragraphen“ 5.2.3 der Triathlon-Sportordnung hat der bundesweite Protest von Athleten und Veranstaltern Wirkung gezeigt. Das Präsidium der Deutschen Triathlon Union (DTU) setzte bei seiner gestrigen Sitzung in Oberstaufen die alte 10x3 Meter-Windschattenbox wieder in Kraft und beauftragte die Technische Kommission, einen deutschen Vorschlag für ein international einheitliches Regelwerk zu erarbeiten.. Mit sofortiger Wirkung soll bei allen windschattenfreien Wettkämpfen im Zuständigkeitsbereich der DTU wieder der bisherige Minimalabstand von 10x3 Metern zum Vordermann gelten. Bei Jugendliga- und Nachwuchsmeisterschaftsrennen, bei nationalen Meisterschaften über die so genannte Triathlondistanz (Kurzdistanz) und bei Rennen der Deutschen Triathlon Liga ist das Windschattenfahren weiterhin erlaubt. Nach dem Präsidiums-Beschluss wurden die Korrekturen der Sportordnung auf der Webseite der DTU eilig umgesetzt. “Athleten-Theater ebbt von selbst ab“ Dem heutigen Präsidiumsbeschluss war ein bisher beispielloser Athletenprotest vorausgegangen: Auf Initiative des Internetportals 3athlon.de hatten sich in den vergangenen Wochen über 800 Athleten und Veranstalter gegen die Verkleinerung der Windschattenbox auf 5x2 Meter gewandt. In einer Online-Petition auf der Plattform draftathlon.com kritisieren sie die DTU für ihre „undemokratische Vorgehensweise und völlige Praxisferne“. Die DTU-Spitze fühlt sich nun wohl ein wenig als Prügelknabe. Wie ein Vertreter berichtet, hatten Nationales und Internationales Olympisches Komitee erst kürzlich die Notwendigkeit eines weltweit einheitlichen Regelwerks bestätigt. Viele europäische Nachbarländer hatten das Reglement der Internationalen Triathlon Union (ITU), darunter auch die umstrittene „Drafting-Regel“, bereits vor Jahren umgesetzt. Den Widerstand ihrer Athleten haben einige wohl schlicht ausgesessen. Angesichts der Draftathlon.com-Petition sollen belgische Funktionäre ihre deutschen Amtskollegen sogar beruhigt haben, das „Theater der Athleten“ ebbe "nach etwa drei Monaten von selbst ab". Verbandsrat im Phlegma Dass der DTU-Verbandsrat, der die Draftingregel im vergangenen November einmütig und phlegmatisch verabschiedete und dann geflissentlich verschwieg, eine ähnlich undemokratische Taktik verfolgte, ist unwahrscheinlich. Die Verantwortlichen sehen sich stattdessen dem Vorwurf ausgesetzt, sie hätten den Kontakt zur sportlichen Praxis verloren und die Bedeutung der Regeländerung vollkommen unterschätzt. Trotz einer mehrwöchigen Bedenkzeit – so lange nämlich lagen ihnen die Vorschläge der TK vor – hatten die Präsidien der Landesverbände die Probleme der technischen Umsetzung einer 5x2 Meter-Regel nicht erfasst. DTU über Protestwelle überrascht Da scheint es nachvollziehbar, wenn die Brisanz der neu formulierten Sportordnung auch dem Präsidium der DTU verborgen blieb. Die Führungsspitze wurde offenbar erst durch die große Protestwelle aufgeschreckt. Wie tri2b.com erfuhr, meldete sie wenige Tage später bei der ITU-Zentrale in Vancouver (CAN) Bedenken gegen die Durchsetzbarkeit der 5x2-Meter-Windschattenbox an. Weltweiter Unmut – für zwei Rennen Die ITU soll sogleich Entgegenkommen signalisiert haben. Man könne sich auch eine international kompatible Lösung vorstellen, „mit der alle Beteiligten zufrieden sind“, heißt es. Die Technische Kommission der DTU erhielt nun den Auftrag, der Internationalen Triathlon Union (ITU) bereits in der kommenden Woche einen solchen Entwurf zu präsentieren. Dieser soll es den nationalen Verbänden ermöglichen, an der alten 10x3 Meter-Windschattenbox festzuhalten, ohne dafür aus internationalem Regelwerk auszuscheren. Für die ITU ist die 5x2 Meter-Regel ohnehin nur bei zwei Rennen weltweit von Bedeutung: Die Leistungsdichte in den Altersklassen-Weltmeisterschaften im Triathlon und Duathlon würde den verkürzten Fahrabstand erfordern, meinen die ITU-Regelexperten. – Bei allen anderen Kurzstreckenrennen in ihrem Dunstkreis ist das Drafting ja ohnehin erlaubt. TK vor Eiertanz Der deutsche Kompromissvorschlag, meint DTU Pressesprecher Frank Wechsel, müsse dennoch sehr gut vorbereitet werden, denn „auch sachliche Auseinandersetzungen zwischen DTU und ITU sind aus historischen Gründen immer noch ein Politikum. Deshalb werden in der deutschen Eingabe wahrscheinlich nicht Athletenmeinungen, sondern die Probleme bei der Genehmigung der Radstrecken das gewichtigste Argument sein.“ Ein „weicher Paragraph“, der die Windschattenregel in das Ermessen der nationalen Verbände stellt, birgt nach Wechsels Meinung ebenfalls Gefahren: „Sollte sich beispielsweise bei einem internationalen Preisgeldrennen in Deutschland ein Athlet auf abweichende ITU-Regeln berufen und eine Windschatten-Disqualifikation anfechten, könnte das für den Veranstalter teuer werden.“ Die deutsche Straßensaison beginnt in wenigen Wochen, und der TK droht jetzt ein Eiertanz.