Heidi Jesberger: Nur nichts überstürzen

von Steffen Gerth für tri2b.com für tri2b.com | 05.07.2003 um 19:20
Mit aller Sorgfalt und viel Vorfreude plant Heidi Jesberger ihre Karriere. Am Sonntag ist sie zum ersten Mal in Roth am Start und zählt zum erweiterten Kreis der Favoritinnen ...

Mit aller Sorgfalt und viel Vorfreude plant Heidi Jesberger ihre Karriere. Am Sonntag ist sie zum ersten Mal in Roth am Start und zählt zum erweiterten Kreis der Favoritinnen. Als hätte der Helm etwas Magisches, etwas, das seinem Träger außergewöhnliche Kraft verleiht: Goldfarben, tropfenförmig – einfach schnell sieht diese Kunststoffhülle aus. Heidi Jesberger dreht und wendet den Helm in ihren Händen; kaufen oder nicht kaufen? Der Mann vom legendären Radgeschäft Buchstaller in Hilpoltstein rät natürlich zum Kauf. Drei, vier Minuten würde man mit so einem Helm schneller sein, dann erzählt er noch etwas von Windverwirbelungen am Kopf und Aerodynamikpotenzial bei Helmen im allgemeinen. Klingt für Heidi Jesberger überzeugend, sie ist beeindruckt, braucht aber noch ein paar Minuten Bedenkzeit. Vielleicht ist es ja für dieses technische Detail noch etwas zu früh in ihrem Karrierestadium, „ich brauche ja noch Verbesserungsmöglichkeiten für später“. Gut möglich, denn wer noch ein relativer Anfänger ist auf der Ultra-Strecke, der sollte vielleicht erst Körper und Geist mit der Königsdisziplin im Triathlon vertraut machen, bevor er sich in Detailliebe verliert. Stufe für Stufe will Heidi Jesberger vorankommen, sagt sie, nur nichts überstürzen. Wer sie am Vorabend des Quelle Challenge in Roth nach ihren Zielen für dieses Rennen befragt, wird folglich mit zurückhaltenden Antworten versorgt. „Ich möchte mich gut fühlen und im Wettkampf spüren, dass ich alles geben kann.“ Favoritinnen seien die anderen, vor allem Gillian Bakker aus Kanada, gewiss auch die Ungarin Erika Csomor, aber schon weniger Nicole Leder aus Darmstadt. Heidi Jesberger sieht sich im erweiterten Favoritenkreis, das ist völlig in Ordnung, schließlich ist sie erst 25 Jahre alt und am Sonntag in Roth erst zum dritten Mal auf einer Ultrastrecke am Start. Da mag mancher zittern und bangen, Heidi Jesberger verkörpert die pure Vorfreude auf diesen Wettkampf. Seitdem sie einmal inmitten der vielen Zuschauer am Solarer Berg gestanden hat, gab es nur ein Ziel: Da muss sie eines Tages ebenfalls mitmachen. „Hier zu gewinnen und in Hawaii – das ist doch das größte im Triathlon.“ Bis dahin ist es noch ein bisschen Zeit, die Hawaiiqualifikation hat sie zwar in der Tasche, aber wenn sie dieses Jahr Richtung Pazifik aufbricht, dann wird auch auf dieser Reise Neuland betreten. Stück für Stück hat sich Heidi Jesberger in die deutsche Ultraspitze vorgetastet, alles hatte begonnen mit einem starken 8. Platz bei der WM in Nizza vor drei Jahren. Und seit dem vorigen Jahr ist sie sogar Weltmeisterin über die Langdistanz - mit der deutschen Nationalmannschaft. Daheim in Assamstadt im Main-Tauber-Kreis ist sie längst der Sportstar Nummer eins, ein regionales Sponsoringkonzept sorgt für das finanzielle Fundament ihrer Profikarriere, die Wolfgang Rentschler als Trainer betreut. Heidi Jesberger hat noch nicht dieses professionell Abgeklärte von Veteraninnen wie Ute Mückel oder Katja Schumacher, es ist vielmehr viel Unbekümmertheit, die aus ihr spricht, aber auch viel Vorfreude. Sie weiß, dass sie Talent hat, und dass Triathlon eine wunderbare Welt sein kann, vor allem, wenn man zu den Erfolgreichen gehört. Palmen, Sonne, Meer mag sie – im Prinzip ist sie wie geschaffen für die Rolle als künftiger neuer deutscher Star der Dreikampf-Szene: Strahlende Augen, strohblonde Haare, braungebrannt. Ein Blickfang, ohne Zweifel. Jede Menge Assamstädter werden sich am Sonntag auf den Weg machen, um ihre Sportlerin zu unterstützen. Endlich Roth, heißt es dann ab 6.30 Uhr für Heidi Jesberg, endlich Solarer Berg, endlich mittendrin. Eine Taktik habe sie nicht, sagt sie, „ich muss mich ganz auf mich konzentrieren“. Heidi Jesberger hat noch keine großen Ziele formuliert, im Prinzip ist sie noch in der Orientierungsphase. Zeit für Großes hat sie allemal, Talent bestimmt auch. Stück für Stück soll es vorangehen, nur nichts überstürzen. Den magischen Helm hat sie daher sicherheitshalber noch nicht gekauft.Zaehler