Quo Vadis Wintertriathlon: Die lange Reise nach Olympia

von H. Eggebrecht für tri2b.com für tri2b.com | 24.02.2004 um 23:12
Ein Jahr nach dem totalen Triumph von Benjamin Sonntag gerät der Winter-triathlon auf seinem Weg nach Olympia wieder ins Taumeln - trotz der großen Erfolge deutscher Athleten ...

Noch vor einem Jahr sah es so aus, als könne auch der Wintertriathlon bald mit den fünf Olympischen Ringen werben. Doch in diesem Jahr werden die Renntermine hin und her geschoben, der Weltcupkalender steht auf wackeligen Beinen und der Zulauf der Freizeitsportler gerät mehr und mehr ins Stocken. Auf der Rückreise in seine Heimat Oberstaufen sitzt Daniel Hehle, einer der hoffnungsvollsten Nachwuchssportler der deutschen Wintertriathlon Nationalmannschaft, viele Stunden im Auto. Kurz zuvor feierte der Dreiundzwanzigjährige beim ITU-Wintertriathlon Weltcup im slowakischen Strbske Pleso als Dritter seinen bisher größten Erfolg. Rang drei im Weltcup, ein Platz auf dem Siegerpodest im Kampf gegen die Besten der Welt – im alpinen und nordischen Skisport bedeutet solch ein Erfolg den sportlichen Ritterschlag. Doch der Wintertriathlon-Weltcup 2004 wird diesem Anspruch kaum gerecht. Weltcup mit regionalem Flair Der Blick in die Ergebnislisten von Strbske Pleso und Donovaly zeigt, woran der Weltcup krankt. Knapp 50 Athleten, fast alle aus dem Ausrichterland, sind gelistet. Und beim ersten Rennen der Saison im schweizerischen Wildhaus, zugleich ETU-Europameisterschaft 2004, war zwar die Nationenvielfalt einem internationalem Top-Event würdig. Doch waren auch dort die Rennen in den einzelnen Wertungsklassen nur dünn besetzt. Streckenwahl „ein zweischneidiges Schwert“ Quereinsteiger und Freizeitsportler sind nur schwer an die Startlinie eines Wintertriathlons zu locken. Auch die Altersklassenathleten kommen auf den schweren Kursen schnell ans Limit. „Die Strecken sind teilweise selbst für die Cracks an der Grenze des Machbaren“, kritisiert Stefan Frank, der deutsche Senkrechtstarter vom SC Rottach Egern. „In Wildhaus ging es mit dem Bike eine Bergstraße rauf und eine Skipiste runter. Da haben selbst die Besten geschoben.“ So sei es nicht verwunderlich, wenn die Hobbyathleten kneifen. Auch Frank will auf die WM im März verzichten. „So macht es einfach keinen Spaß“, meint der Zweite der Deutschland Cup-Gesamtwertung. „Das Thema Streckendesign ist allerdings ein zweischneidiges Schwert“, entgegnet der Deutschland-Cup Sieger Thomas Schrenk. Der leichtgewichtige Willinger, in dieser Saison Sieger in Reit im Winkl und Oberstaufen, ist ein Fan schwerer Kurse. Dort kann er seine Stärken auf dem Bike und auf den Skiern voll ausspielen. „Weltcuprennen sollten auch weltcupwürdige Strecken aufweisen“. Lange Wege und Terminchaos Am meisten Probleme macht den Topathleten ohnehin das Terminchaos im Weltcup. Erst vor vier Wochen wurden Datum und Ort der Weltmeisterschaften 2004 bekannt gegeben. Sie sollen nun Mitte März stattfinden. Weil kein anderer Ausrichter gefunden wurde, springt Wildhaus noch einmal ein. Genauso kurzfristig wurde das Weltcuprennen im spanischen Candanchu am 6. März in den Wettkampfkalender geschrieben. Eine wenig leistungsfördernde Saisonplanung mit großem Reiseaufwand. „Den Athleten kann man wirklich keinen Vorwurf machen, wenn sie die weit entfernten Weltcups auslassen“, meint Sigrid Lang und kritisiert: „Die ganze Reiserei wird vom Verband nicht unterstützt, wir müssen sie aus der eigenen Tasche oder von den kleinen Preisgeldern bezahlen.“ Für die Qualität der Rennen sei es wohl besser, den Wintertriathlon wieder dort zu konzentrieren, wo er groß geworden ist – in den Alpenländern. “Da sind aber unsere Verbände gefordert.“ Olympia 2010 – nur Träumerei? Der Deutsche Meister Falk Göpfert plant inzwischen den Abschied vom Leistungssport. Er will sich in der kommenden Saison vermehrt seinem Beruf als Servicemann bei einer Wachsfirma widmen und ist für die olympischen Aussichten des Wintertriathlon eher skeptisch. Das Format des Wintertriathlon sei zwar attraktiv und ähnlich spannend wie Biathlon oder die Nordische Kombination. Nur werde das bisher nicht gut präsentiert: „Ohne einen potenten Groß-Sponsor werden wir da wohl nicht weiter kommen“, befürchtet Göpfert. Dabei ist der Weltverbands-Präsident Les McDonalds in der Region Vancouver zuhause, wo die übernächsten Olympischen Winterspiele stattfinden werden. „Er könnte sich für uns einsetzen. Seine Einflussnahme könnte einen Demonstrationswettbewerb möglich machen“, meint Göpfert. Olympische Weihen würden auch staatliche Förderung und die volle Unterstützung durch die Dachverbände bedeuten. Zukunftsträume. Fun-Event für Jedermann Bis dahin muss der Sport um neue Anhänger werben. Attraktivere Wettkampfformate sollen größere Starfelder anlocken. Die beiden deutschen Traditionsveranstaltungen in Freudenstadt und Oberstaufen setzen genau dort an und bieten für die Neueinsteiger leichtere Streckenprofile, verkürzte Distanzen und Staffelwettbewerbe für Jedermann. Dann kann auch ein Sommertriathlet Spaß haben, der zum Renntermin nur ganz wenige Schnee-Einheiten auf geliehenen Langlaufski im Trainingstagebuch stehen hat. Und wo ist Hehle? Für die Rückfahrt von Strbske Pleso nach Oberstaufen braucht der Weltcup-Dritte Hehle über zwölf Stunden. In der überregionalen Presse findet sein Triumph kaum ein Echo, bei den großen Nachrichtenagenturen eine kleine Zeile irgendwo. In der Wintertriathlon-Hochburg Oberstaufen ist das anders: Das Allgäuer Regionalfernsehen bringt am nächsten Tag ein Porträt und ausführliches Interview mit dem jungen Sportsoldaten. Er ist der „Local Hero“, in den Tagen des Oberstaufener Wintertriathlon. Die Anreise zu seinem Heimwettkampf kostet ihn ein paar Minuten – zu Fuß.