Sigrid Lang: Covergirl des Wintertriathlon

von Frank Ketterer für tri2b.com für tri2b.com | 11.01.2003 um 19:30
Das Gute kam von oben und war weiß, Mitte letzter Woche im Schwarzwald. Es kam diesmal so spät, dass Sigrid Lang sich für ihre vielen Titelträume gehörig beeilen muss ...

Das Gute kam von oben und es kam in Form weißer Flocken. Mitte letzter Woche hat es geschneit im Schwarzwald, endlich, und auch rund um den Kniebis sind die Tannen nun nicht mehr ganz so dunkel, sondern so, wie es sich für die Jahreszeit geziemt: Weiß eingefärbt, schneeweiß. Auch wenn es um Ski und Rodel noch lange nicht gut steht, so ist beides doch zumindest wieder möglich. Kurzum: Ein Hauch von Winter hat sich wieder über den Schwarzwald gelegt, den Rest besorgen die Schneekanonen. Winter-Rest voller Titelträume Sigrid Lang hat die Wetteränderung mit Wohlwollen registriert, mit Freude gar. Der Winter ist ihre Jahreszeit, Schnee ihr Element – schließlich braucht sie beides für ihren Sport, im Wintertriathlon ist das nun einmal so. Und so kann die Saison endlich losgehen, spät, aber doch nicht zu spät – und dafür gleich richtig: Am Wochenende stehen am Kniebis bei Freudenstadt die deutschen Meisterschaften im Wintertriathlon an, knapp einen Monat später nur (14. – 16. 2.) dann die WM in Oberstaufen. Es geht jetzt also Schlag auf Schlag für Siggi Lang, die sich für den kurzen Rest des Winters noch einiges vorgenommen hat. „Ich will zum fünften Mal in Folge deutsche Meisterin werden und dann vor heimischem Publikum den Weltmeistertitel holen“, sagt die 26-Jährige. Das sind nicht eben kleine Ziele – und doch liegen sie nicht abseits des Möglichen, ganz im Gegenteil. Schließlich ist Siggi Lang nicht nur eine Art Covergirl der Wintertriathlon-Szene, schon wegen ihrer aparten Erscheinung, sondern auch mit Erfolgen reich dekoriert: Weltmeisterin war sie 2001, aktuelle Vizeweltmeisterin ist sie noch, amtierende Europameisterin zudem. Kein Wunder also, dass sie sich selbst die Trauben so hoch hängt. Profitum mit Siegzwang Was sollte sie auch anderes tun, schließlich lebt sie für ihren Sport – und das nicht nur im Winter. „Um ganz vorne mitmischen zu können, muss man bis zu einem gewissen Maß Profi sein“, sagt Lang, die Konkurrenz, allen voran die holländische Weltmeisterin Marianne Vlasveld sowie die Schweizerin Karin Möbes, schläft schließlich nicht, auch nicht im Wintertriathlon. Lang selbst hat erst vor kurzem ihr Studium in Sport und Germanistik in Freiburg abgeschlossen, seither setzt sie „ganz auf die Karte Wintertriathlon“. „Ich will einfach mal schauen, ob ich mich durchschlagen kann und was dabei rauskommt“, sagt die 173 Zentimeter große und knapp 60 Kilo schwere Dreikämpferin. Leicht ist das Leben als Wintertriathlon-Profi nicht, schließlich ist die Szene überschaubar – auf weltweit rund 300 Aktive schätzt sie Lang -, schon der Materialaufwand nicht eben gering und die Saison kurz. Zwar ist die 26-Jährige zumindest vom Material her gut versorgt, was bei allein sieben verschiedenen Langlauf-Ski nicht unwesentlich ist, ansonsten aber finanziert sich Siggi Lang in erster Linie übers Preisgeld, zwischen 500 bis 700 Euro gibt es für einen Sieg im Wintertriathlon. Reich wird man damit nicht so schnell. Schwerpunkt oder Überbrückung ... Ihr Referendariat hat Lang dennoch zunächst einmal zurückgestellt. Es hätte sich auch kaum mit ihrem Trainingspensum vertragen, dass, wie immer wenn irgendetwas mit Triathlon zu tun hat, beachtlich ist: „Vier bis fünf Stunden am Tag sind es auf jeden Fall“, erzählt Lang aus ihrem Alltag, der also ziemlich vollgefüllt ist mit Laufen, Skilanglaufen und Mountainbiken, so voll jedenfalls wie bei keiner anderen deutschen Wintertriathletin. „Selbst in der Nationalmannschaft ist für manche eher der Sommer der Höhepunkt“, verrät Lang; manche ihrer Mannschaftskameradinnen starten dann auf Rennrad oder Mountainbike in der Bundesliga, oder sind bei Bergläufen aktiv, der Dreikampf im Winter dient da mehr oder weniger zur Überbrückung. „Die meisten machen den Wintertriathlon nebenher“, sagt sie. DTU fehlt noch das Winter-Knowhow Siggi Lang hat Verständnis dafür, dass in der Deutschen Triathlon Union (DTU) nur sie das Wagnis mit dem Profitum im Winter einzugehen bereit ist, leichter macht es ihr dieser Fakt freilich nicht. „Im deutschen Verband fehlt es einfach an Winter-Knowhow“, sagt Lang, was mehr eine Feststellung sein soll als all zu harsche Kritik – und wohl auch nicht viel anders sein kann in einem Verband, der sich doch eher dem Sommer verpflichtet sieht, also Olympia und Ironman. Zwar gibt es mit Günter Pauli einen DTU-Wintertriathlon-Beauftragten, doch auch der ist ehrenamtlich tätig, professionelle Strukturen fehlen so gut wie ganz. „Die aber braucht es, um nach vorne zu kommen“, sagt Siggi Lang, kein Wunder, dass sie mit ihren Forderungen nach einem Plus an Professionalität bisweilen aneckt. Laufstark wie Ex-Teamkollegin Kati Wilhelm Andererseits und wie erwähnt: Die Konkurrenz schläft nicht, und längst gilt es auch im Wintertriathlon, gerade wie im Sommer, in allen drei Disziplinen gut zu sein „und in einer super“. Dabei hat sich vor allem der abschließende Skilanglauf immer mehr als die entscheidende Disziplin entwickelt, was Siggi Lang durchaus entgegenkommt, mehr noch: Sie ist an dieser Entwicklung nicht ganz unbeteiligt, schließlich war sie in ihrem früheren Sportlerleben Skilangläuferin, bis 1997 sogar in der Nationalmannschaft; einmal gewann sie zusammen mit Kati Wilhelm sogar Staffel-Silber bei einer Junioren-WM. Kati Wilhelm ist heute Olympiasiegerin im Biathlon und mit ihren roten Haaren ein richtiger Sportstar, den die Massen lieben und die Sponsoren und den man dauernd im Fernsehen sieht. „Manchmal denkt man schon daran“, sagt Siggi Lang, daran wohl, dass vielleicht auch bei ihr alles ein bisschen anders hätte kommen können. Dann fügt sie schnell hinzu: „Ich bereue nicht, dass ich es so gemacht habe, wie ich es gemacht habe.“ Zaehler