Elena Braun: Wenn der Ironman zur Spaßveranstaltung wird

von Elena Heinloth für tri2b.com | 27.08.2022 um 14:19
Die 30-jährige Elena Braun vom tri2b.com A|N Triathlon Team legte beim Ironman Thun einen fulminanten Auftritt hin! Wie ein Schweizer Uhrwerk flog sie über die malerische Strecke am Thuner See und das obwohl sie erst einige Wochen zuvor wieder in das Lauftraining einsteigen konnte. Zusammen mit dem Trainingsinstitut AusdauerNetzwerk absolvierte sie eine außergewöhnliche Vorbereitung und erntete beim Zieleinlauf mit Gänsehaut den vollen, persönlichen Erfolg. Wir gratulieren!

tri2b.com: Hallo Elena! Wir freuen uns sehr auf das Interview mit Dir und die Einblicke in deinen Sport! Einmal im Leben eine Langdistanz zu schaffen, das ist ein großes Ziel und Motivation für viele Athleten da draußen! Du hast nun am 10.07.2022 beim Ironman Thun in der Schweiz Deinen ersten Ironman gefinished und das mit einer super Zeit von 10:17:01 Stunden! Damit hast Du den 14. Platz der Frauen gesamt und in Deiner AK den 3.Platz belegt! Herzlichen Glückwunsch!!
Wie schaffst Du es, diese Trainingsumfänge in deinem Alltag unterzubringen, schließlich arbeitest Du bei der Polizei?

Elena Braun (E.B.): Es verlangt sehr viel Organisation, Planung, gutes Zeitmanagement, frühes Aufstehen und natürlich einfach den Spaß als Motivation!
Ich integriere mein Training in den Alltag. Ich fahre zum Beispiel fast jeden Tag mit dem Fahrrad oder den Skirollern zur Arbeit. Somit bin ich effizienter, entspannter und es gibt mir jede Menge Lebensqualität!

tri2b.com: Wie bist du eigentlich zum Triathlon-Sport gekommen?
E.B.: Ich bin in einem Triathlon-Haushalt aufgewachsen, meine Eltern sind beide Triathleten. Ich wurde schon als Baby mit zu Triathlon-Veranstaltungen genommen.
Als Kind war ich aber eher der kreative Typ, habe mehrere Instrumente gespielt und gemalt. Zum Sport bin erst später übers Klettern gekommen. Als ich bei einem Schüleraustausch im Ausland mit dem Laufen begann, war der erste Schritt Richtung Ausdauersport getan. Später war ich durch einen Unfall gezwungen mit dem Training auf Radfahren und Schwimmen auszuweichen. So landete ich sozusagen unausweichlich beim Triathlon.

tri2b.com: War es für Dich klar, als dein Triathlon-Feuer entfacht war, dass du einmal eine Langdistanz machen willst?
E.B.: Lange Sachen wollte ich schon immer machen! Meine Eltern übernehmen da sicherlich eine Vorbildfunktion, sie zeigten mir wie das funktionieren kann. Aus dem Training wusste ich längere Distanzen liegen mir, es macht mir sehr viel Spaß über lange Zeit Gas zu geben, in meinem Rhythmus unterwegs zu sein, ich kann mich da vom Kopf her gut einstellen!
Das Thema Langdistanz im Triathlon kam aber eigentlich erst auf, nachdem ich ein paar gute Mitteldistanzen gemacht hatte und ich einfach mal wissen wollte, wie sich das anfühlt. Ich bin mit 18 Jahren auch schon einen Marathon gelaufen und das nur, weil ich wissen wollte, ob ich es kann.

tri2b.com: Auf diese, Deine erste Langdistanz hast Du Dich gemeinsam mit dem AusdauerNetzwerk vorbereitet. Bist Du schon länger mit dabei?
E.B.:
Ja, als Teilnehmer an ihren Touren bin ich schon seit 2013 dabei. Mit dem AusdauerNetzwerk bin ich auch meine erste lange Tour über 130 km gefahren. Ich weiß noch, wie ich dann oben auf dem Jaufenpass ankam, wo Thomas auf mich gewartet hat und ich so stolz war, dass ich an dem Tag dann 150 km gefahren bin!
Aufs AusdauerNetzwerk als Trainer kam ich letztes Jahr dann eigentlich weil sie alle meine Sportarten vereinen. Sie kennen sich mit Beidem, Triathlon und Skilanglauf sehr gut aus und sind auch sehr offen für unterschiedliche Aktivitäten. Thomas hat mit mir zum Beispiel auch viele Stockläufe am Berg eingeplant, als ich aufgrund der Verletzung noch nicht laufen konnte.

tri2b.com: Du konntest nicht laufen und hast Dich dennoch auf eine Langdistanz vorbereitet?
E.B.: Meinen Startplatz in Thun hatte ich bereits, bevor ich dann verletzungsbedingt nicht mehr laufen konnte. Ich wusste, ich versuche mich auf einen Ironman vorzubereiten, ohne diese Sportarten selbst, außer das Radfahren auszuüben. Mit einem “normalen” Triathlon Trainer hätte ich das nicht machen können. Wir mussten den Plan mit alternativen Inhalten füllen. So versuchten wir über Trainingseinheiten auf dem Astronauten Laufband, dem Aquajogging, Skiroller Training oder später den Stockläufen am Berg die Bewegung und ein Stück weit die nötige Kraft für das Laufen zu erhalten.

Super an der Trainingsplanung mit dem AusdauerNetzwerk war für mich, dass ich mich so nicht einschränken musste, denn ich habe das Luxusproblem, dass mir drei Sportarten nicht reichen. So habe ich jeden Tag Abwechslung, das tut mir gut, sonst wird’s schnell langweilig.

tri2b.com: Hattest Du Dir ein persönliches Ziel für dieses Rennen gesetzt, oder bereits bestimmte Zwischenzeiten im Fokus?
E.B: Ich wollte einfach gut ins Ziel kommen, für mich und auch für meine Familie, die mich so sehr unterstützt hat und mit dabei war. Ich hatte mir keinerlei Zeit vorgenommen und dadurch war ich an dem Tag komplett entspannt und vom Kopf her frei. Ich glaube das, in Kombination mit einer sehr konsequenten Verpflegung, war letztendlich an dem Tag der Schlüssel. Fürs Laufen hatte ich einen Richtwert bekommen, an den ich mich auch gehalten habe. Ich habe immer wieder auf die Zwischenzeiten der Uhr geschaut und war von mir selbst überrascht! Ich dachte nur: Du läufst ja wie ein Uhrwerk! An dem Tag hat es sich so wunderbar passend und leicht angefühlt! Auf dem Rad bin ich mehr Leistung gefahren als ich mir erträumt hatte. Das lag höchst wahrscheinlich an der welligen Strecke.

tri2b.com: Nicht nur für seine Höhenmeter ist der Ironman Thun bekannt, er soll auch ein landschaftliches Highlight sein, zwischen den Alpen und dem Thunersee. Konntest Du dieses Flair genießen?
E.B.:
Die Veranstalter nennen dieses Rennen selbst “schönstes Rennen der Welt” und ich muss wirklich sagen, ich habe noch keine schönere Strecke gesehen!
Vor allem das Laufen war ein Augenschmaus! Die erste Runde war eigentlich nur gucken und mich freuen, ich hatte so viel zu schauen, es fühlte sich an wie auf einer Entdeckungsreise! Die zweite Runde war freuen, dass ich da nochmal durchlaufen darf, und die Dritte war freuen, es geht ins Ziel!Das Flair dort war unglaublich! Das Publikum war der Wahnsinn! Die Stecke war voll! Das Wetter war gut, die Leute haben Stimmung gemacht, das war richtig, richtig toll!

tri2b.com: Bei welcher Disziplin hast du dich am besten gefühlt? In vorhergehenden Rennen hast Du oft deine Radstärke unter Beweis gestellt; Schaut man sich nur die Ergebnisse von Thun an, würde man hier denken, dass das Schwimmen sogar die Beste Disziplin war, Du warst nur eine halbe Minute hinter der gesamt drittplatzierten Frau, der Finnin Heini Hartikainen!! Das ist mit 1:03:11 Stunde eine Wahnsinns Leistung!!
E.B: Das stimmt, früher war Radeln, vor allem auf mittellangen Strecken meine Stärke. Aber inzwischen würde ich sagen, dass die Kombination nun meine Stärke ist. Ich fühle mich sehr gut dabei, erst Rad zu fahren und dann zu laufen! In Thun war ich aber selbst von meiner Leistung sehr überrascht!
Beim Schwimmen wusste ich schon ab dem ersten Zug, heute läuft es! Ich hatte mit einer 10 bis 15 min längeren Schwimmzeit gerechnet. Das hat mich dann nochmal extrem angetrieben, weil ich mich so gefreut habe! Am meisten Spaß hat mir das Laufen gemacht, denn da habe ich jede Runde meine Familie gesehen, ich war so nah am Publikum und ich bin GELAUFEN! Schließlich bin ich im März diesen Jahres im Triathlon Camp mit dem AusdauerNetzwerk das erste Mal wieder mehr als 5 km draußen gelaufen!

tri2b.com: Hat vor dem Start eher die Aufregung oder Vorfreude überwogen?
E.B: Definitiv Freude! Schon bevor ich ins Wasser bin war ich einfach nur dankbar denn ich wusste das ist einer der geilsten Tage des Jahres! Ich liebe Sport und heute darf ich den ganzen Tag lang Sport machen und ich muss mich noch nicht einmal für eine Sportart entscheiden! Ich kann alle 3 machen!!

tri2b.com: Warst du dir während des Rennes schon bewusst, wenn ja, ab wann, wie weit vorne Du mitmischst?
E.B: Dadurch, dass es ein Rolling-Start war, wusste ich zunächst nicht, wo ich mich im Feld befinde. Aber meine Familie hat mir die Zeiten dann durchgegeben. Nachdem ich auf dem Rad noch einige Plätze gut gemacht habe, war ich nach der Hälfte der ersten Laufrunde auf Platz 3 meiner AK. Mit der Gewissheit im Hinterkopf, so viel Abstand nach hinten zu haben, dass ich sogar theoretisch kurz gehen könnte, war der Druck komplett raus und ich wollte es kontrolliert und gut zu Ende bringen. Das war mehr als ich mir je erträumt habe!

tri2b.com: Was sind Deine weiteren Pläne und Ziele?
E.B.: Dieses Jahr steht noch der Ötztaler Radmarathon auf dem Programm, mein Motto lautet, dabei sein ist alles! Der Fokus lag ganz klar auf Thun.
Weil alle so sehr von der Challenge Roth schwärmen, habe ich mich gemeinsam mit meinem Mann dort angemeldet und wir haben beide zufällig einen Startplatz für 2023 bekommen! Außerdem würde ich nächstes Jahr auch gerne wieder in der Liga starten. Meine wichtigsten Ziele sind: Sport machen, gesund Sport machen und mit Freude Sport machen. Was ich in Thun erlebt habe, einen Wettkampf von vorne bis hinten zu genießen, das würde ich sehr gerne nochmal erleben, egal auf welcher Distanz!

tri2b.com: Vielen Dank für deine Zeit und das interessante Gespräch! Weiterhin viel Erfolg und vor allem Spaß!!!