Andi Böcherer ist jetzt auch ein Biest-Athlet

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Die BIESTMILCH Gang freut sich sehr Andi an Bord begrüßen zu können. 2012 verspricht ein spannendes Jahr zu werden. Sebastian Kienle, Andi Böcherer, Terenzo Bozzone, Ronnie Schildknecht und Chris McCormack - wir sind stolz auf unsere Herren und denken, dass wir aufregende Rennen erwarten dürfen.

Wir haben Andi ein paar Fragen gestellt, die Sie hier nachlesen können. Er ist eine interessante Persönlichkeit, die etwas zu sagen hat, und er ergänzt unsere Gruppe auf traumhafte Weise. 

Andi Böcherer – ein kurzer Steckbrief: 
-Geboren 1983 in Freiburg 
-Von 2002 bis 2008 Mathematikstudium in Heidelberg und Freiburg, Abschluss mit Bachelor 
-2002 Erster Triathlon 
-2007 Tochter Paula wird geboren und Andi bestreitet seinen ersten Ironman auf Lanzarote 
-Seit 2008 Triathlonprofi 
-2011 mit 8:23 8. Platz in Kona, Ironman 70.3 Europameister 
-Seit Herbst 2011 verheiratet mit Corinna Otto. 

Andi Böcherer sehr persönlich – ein Gespräch über Mathematik, die Ups und Downs des Lebens und die Familie 
Biestmilchs Seven (B.S.):Welche Bedeutung hat die Mathematik heute noch für Dich? 
Andreas Böcherer (A.B.): Mich fasziniert an der Mathematik, dass bei einer Aufgabe bzw. einem Beweis zunächst alles unklar und im Nebel ist. Man weiß nie, wie lange man braucht, um eine Aufgabe zu lösen, oder einen Beweis zu verstehen. Dann klärt sich das langsam auf und am Schluss hat man etwas, das so klar, rein, schön und ästhetisch ist, aber trotzdem komprimiert und voller Fakten. 

Ich denke schon, dass mich die Mathematik geprägt hat. Sie ist gnadenlos und hat kein Mitleid. Man lernt schnell, sich mit der Wahrheit anzufreunden. Man muss lernen Kritik zu vertragen, was meiner Persönlichkeit sicher nicht geschadet hat, da dies noch immer nicht zu meinen Stärken gehört :-) 

Als Athlet denke ich, ist der Umgang mit den nackten Fakten auch oft wichtig: Was ist nach einem Rennen schlecht gelaufen, was war gut? Wo liegt Verbesserungspotenzial. 

B.S.: Welches gehört zu den einschneidendsten Erlebnissen in Deiner Wettkampfkarriere? 
A.B.: Aus Athletensicht war für mich 2009 vielleicht das wichtigste Jahr. Ich musste wegen einer verletzten Achillessehne vier Monate pausieren. Es war lange nicht klar, ob ich je wieder würde Rennen bestreiten können. Doch dann konnte ich doch noch einen Ironman beenden. Ich bin zwar in diesem Rennen schon auf dem Rad explodiert, aber wenn Du nicht mehr um Platzierungen kämpfst, dann trotzdem um jede Sekunde, weil es Dich reizt, alles aus Dir raus zu quetschen, weißt Du zu 100% und NICHT zu 99%, dass DU Triathlet sein willst. 

Die Erfahrung, 20 lange Wochen jeden Morgen mit dem Gedanken "oh scheiße, mein Fuß ist ja kaputt" aufgewacht zu sein, hat mich als Athlet sehr reifen lassen. Den seelischen Schmerz von damals kann ich mir immer hochholen, wenn es im Wettkampf oder Training mal hart wird. Ich sage mir dann: “Denke dran, wie Du innerlich gebettelt hast, Dich wieder zu quälen, dann genieß es jetzt erst so richtig und leg noch eine Schippe drauf...” 

Noch ein Erlebnis möchte ich erwähnen, das war beim Ironman Südafrika 2011 
Ich war mit Marino und Raynard (Vanhoenacker und Tissink) in der Führungsgruppe. Bei Kilometer 100 hat Marino attackiert, und ich habe das erste Mal nicht bis zum bitteren Ende dagegen gehalten, sondern bin ab Kilometer 120 mein eigenes Tempo gefahren. Marino ist beim Laufen explodiert, Raynard hat mich nach einem harten Fight bis Laufkilometer 39 knapp geschlagen. Das hat mir das Selbstbewusstsein gegeben, meinem eigenen Tempogefühl zu vertrauen. Danach habe ich mich nie mehr umgeschaut, wenn ich in Führung lag... 

B.S.: Wie hat sich Deine Art zu trainieren über die Jahre verändert? 
A.B.: Mein Training hat sich in den letzten Jahren dahin entwickelt, dass die ruhigen langen Inhalte ruhiger und länger geworden sind und die harten Sachen kürzer und härter. Insgesamt also akzentuierter. Durch meine Erfolge habe ich das Selbstbewusstsein bekommen, auch mal eine Einheit zu streichen, wenn ich das Gefühl habe, es könnte zu viel werden oder die Qualität meiner nächsten Kerneinheit beeinträchtigen. Für die Wettkämpfe habe ich viele mentale Rezepte entwickelt und gehe vorher möglichst alle Szenarien durch, vor allem die eher negativen. Insgesamt nimmt die mentale Vorbereitung einen größeren Stellenwert ein als früher. 

B.S.: Wie wichtig ist die Familie für Dich, wie hat sie dein Leben verändert? 
A.B.: Familie ist ganz, ganz wichtig, da sie alles um mich herum relativiert und egal ist, ob ich gute oder schlechte Rennen mache. Großartig ist auch, sich nach einem großen Sieg oder einem bomben Bahntraining von meiner vierjährigen Tochter im Memory eine Klatsche abzuholen. Da fällt es einem leicht, auf dem Teppich zu bleiben. 

B.S.: Was ist Deine Lieblingsmusik? 
A.B.: Leider habe ich meist nur im Auto Zeit Musik zu hören! Da lande ich meist nach immer kürzer werdender Zeit bei einem Klassiksender (getting old..). 

B.S.: Welches sind Deine Lieblingsbücher? 
A.B.: "Born to run" habe ich zuletzt gelesen, fand ich gut. Und dann "Das große Brennerbuch" vom österreichischen Krimi-Autor Wolf Haas. 

B.S.: Welches ist Deine Lieblingsfarbe? 
A.B.: Bei der Farbe muss ich jetzt wohl Orange sagen ;-). Aber die Schwarz-Grün-Blau-Kombination von Felsen, Pflanzen, Himmel und Meer auf Hawaii finde ich genial...