Wie trainiere ich auf Zwift in der richtigen Trainingszone?

von Sven Weidner für tri2b.com | 10.12.2023 um 19:18
Spätestens nachdem Triathletinnen und Triathleten das erste Training im Verein absolviert haben, hören sie das erste Mal von den ominösen Trainingszonen. Diese haben einfach gesagt den Zweck es uns zu ermöglichen, gezielt auf bestimmte physiologische Anpassungen hinzuarbeiten und somit effektivere Ergebnisse im Training zu erzielen. Allerdings gibt es viele Modelle für Trainingszonen, welche sowohl für die Herzfrequenz als auch für die Leistung definiert werden können. Begriffe wie FTP, Sweetspot und Anaerobe Schwelle werden häufig verwendet, wenn es um die Berechnung der Zonen geht. Das Verstehen und effektive Nutzen von Trainingszonen ist daher gerade für Neulinge im Triathlonsport durchaus kompliziert. Dieses Phänomen zeigt sich häufig dadurch, dass generell zu intensiv trainiert wird, sodass wichtige Grundlagen nicht gelegt werden und Frische und Biss für die wirklich intensiven Einheiten fehlt.

Allerdings ist das Verständnis gar nicht so schwer. Tatsächlich kann die Verwendung von Trainingszonen dein Training vereinfachen, egal ob es sich um das Radtraining auf der Straße oder Zwift handelt. Denn die Verwendung von Trainingszonen gibt deinem Bike-Workout Struktur und ermöglicht es dir, die gewünschte physiologische Anpassung zu erreichen. Darüber hinaus sind Trainingszonen heute leichter zugänglich als noch vor einigen Jahren. So kommt z.B. der Zwift Hub, wie alle anderen Smarttrainer, mit integrierter Leistungsmessung, sodass die Anschaffung einer Wattmesskurbel oder -pedalen nicht von Nöten ist.

Serie: Radtraining im Winter:

>> Teil 1: Grundlagen Winterradtraining: Auf der Rolle, dem Spinningbike oder Outdoor durch die kalte Jahreszeit?

>> Teil 2: Training mit Zwift: Am Anfang steht der Leistungstest

>> Teil 4: Wie setze ich Zwift-Workouts sinnvoll in meinem Triathlon-Trainingsplan um?

>> Teil 5: Mit Zwift-Rennen an der Form feilen

>> Teil 6: Wie performe ich bei Zwift-Rennen am besten?

 


Welche physiologische Anpassung soll der Trainingsreiz ermöglichen?

Bringen wir nun etwas Licht ins Dunkel, was sich hinter den Begriffen verbirgt. Trainingszonen sind Intensitätsbereiche, die mit physiologischen Prozessen im Körper korrespondieren. Beispiele dafür wären die Bildung zusätzlicher roter Blutkörperchen oder von Mitochondrien (Kraftwerke der Muskelzellen).

Diese gezielten Anpassungen führen dazu, dass wir von der Steigerung der Ausdauerleistung bis hin zur Verbesserung der Sprintfähigkeit alle möglichen Trainingsziele verwirklichen können. Diese Zonen werden genutzt, um eine spezifische Intensität für Fahrten, Workouts oder Intervalle festzulegen, wobei auf Zwift die Leistung zur Bestimmung der Intensität dient. Die Verwendung von Trainingszonen hilft jedoch nicht nur bei der Dosierung von Anstrengungen, sondern sorgt auch dafür, dass Erholungsfahrten oder Pausen zwischen Intervallen nicht zu intensiv sind und somit der Körper nicht überfordert wird. Die individuellen Trainingszonen basieren auf dem Fitnesslevel jedes Einzelnen.

Welches Trainingszonenmodell passt zu meinen Ambitionen?

Doch wie genau sehen die Trainingszonen nun aus? Ab diesem Punkt wird es etwas komplizierter, da man sich für eines von mehreren Zonenmodellen entscheiden muss. Am gängigsten sind jedoch das 3- und 6-Zonen-Modell.

Das 3-Zonen-Modell: Die aerobe und anaerobe Schwelle als Bezugsgröße

Das 3-zonige Modell basiert auf der internen Physiologie des Körpers und teilt die Zonen in leichtes, mittleres und intensives Fahren ein. Dieses Modell, auch als "nach Gefühl fahren" bezeichnet, korreliert mit der gefühlten Anstrengung (RPE = ratings of perceived exertion) und den physiologischen (Laktat-)Schwellen des Körpers. Die aerobe Schwelle zwischen den Zonen eins und zwei ermöglicht stundenlanges Fahren mit minimalem Anstieg der Blutlaktatwerte. Die anaerobe Schwelle zwischen Zone zwei und drei stellt den Punkt dar, an dem wir die höchste Leistung über einen längeren Zeitraum bringen können. Wird sie überschritten befindet man sich in einem Zustand, in dem die Produktion von Laktat deutlich größer ist als der Abbau. Dadurch ermüden wir schnell, sodass dieser Bereich auch als „roter Bereich“ bezeichnet wird. Somit erleichtert das Modell die Kommunikation der Intensität, indem es sie in leicht verständliche Kategorien wie "sprechbar", "wenige Worte" und "sprachlos" unterteilt, unabhängig von der Nutzung von Leistungsmessern oder Herzfrequenzmonitoren. Wobei die letzteren beiden dennoch für eine deutlich genauere Dosierung herangezogen werden können.

Das 6-Zonen-Modell: Von aktiver Erholung bis in den hochroten Bereich

Während die drei genannten Zonen mit den aeroben und anaeroben physiologischen Schwellenwerten übereinstimmen, sind Trainingszonenmodelle mit fünf, sechs oder sieben Zonen häufiger anzutreffen. Dies ermöglicht Athletinnen und Athleten, sowie deren Trainern Anpassungen spezifischer anzustreben und gezielter auf verschiedene Aspekte ihrer Leistungsfähigkeit einzugehen. Am meisten verbreitet ist das 6-Zonenmodell nach Coggan. Dieses findet auch Anwendung auf Zwift, mit jedoch leicht abgewandelten Werten. In folgender Tabelle sind die Werte in Prozent der Schwellenleistung sowie der typischen Trainingszeit in der Zone pro Einheit aufgelistet:

Zone

Dr. Coggan

Zwift

Dauer in einer Einheit

1 (Erholung, grau)

Unter 55%

Unter 60%

-

2 (Ausdauer, blau)

56 – 75%

60 – 75%

3 Stunden und mehr

3 (Tempo, grün)

76 – 90%

76 – 89%

20min – 1 Stunde

4 (Schwelle, gelb)

91 – 105%

90 – 104%

10 – 30min

5 (VO2max, orange)

106 – 120%

105 – 118%

3 – 8min

6 (Anaerob, rot)

121 - 150%

Über 118%

30s – 3min

 

Alternativ:

  • Zone 1 – aktive Erholung: Geringe Herzfrequenz und Leistung, keine festgelegte Dauer. Leichtes Fahren zur Unterstützung der Erholung nach intensiven Trainingseinheiten oder Rennen.
  • Zone 2– Ausdauer: Herzfrequenz und Leistung in einem moderaten Bereich, für Fahrten von drei Stunden oder länger. Einfaches Gespräch ist möglich, aber die Atmung wird spürbar intensiver.
  • Zone 3 – Tempo / Sweetspot: Erhöhte Herzfrequenz und Leistung für 20 Minuten bis eine Stunde. Die Atmung wird schärfer, Gespräche werden schwieriger. Dieser Bereich ermöglicht spezifisches Training, insbesondere im Bereich knapp unterhalb der anaeroben Schwelle (Sweetspot).
  • Zone 4 – Schwelle: Hohe Herzfrequenz und Leistung für 10 bis 30 Minuten. Schwierig, normale Gespräche zu führen. Es erfordert Konzentration, in dieser Zone zu bleiben, und wird oft in Intervallen absolviert.
  • Zone 5 – VO2 max: Sehr hohe Herzfrequenz und Leistung für 3 bis 8 Minuten. Schmerzhaft und schwer aufrechtzuerhalten. Erreicht das maximale Sauerstoffverbrauchsvolumen (VO2 max). Nach solchen Anstrengungen empfiehlt sich eine Erholung in Zone eins oder zwei.
  • Zone 6 – Anaerobe Kapazität: Keine festgelegte Herzfrequenz, aber sehr hohe Leistung für weniger als drei Minuten. Extrem schmerzhafte Anstrengungen, ähnlich dem Sprinten mit Vollgas. Nur kurzzeitig nachhaltig, sollte nicht länger als drei Minuten dauern.

Die Zwift Workouts sind je nach Zielsetzung mit den unterschiedlichen Trainingszonen zu absolvieren - © Zwift

Mit polarisiertem Training zum Erfolg

Doch wie können diese Trainingszonen nun sinnvoll eingesetzt werden? Grundsätzlich gibt es verschiedene Optionen: Bei der Erstellung deines eigenen Plans kannst du dich an einfachen Prinzipien orientieren, wie dem 80/20-Prinzip (Polarisiertes Training). Konzentriere dich dabei etwa 80 % der Zeit auf leichtere Anstrengungen in den unteren Zonen und reserviere höchstens 20 % für intensivere Einheiten an und leicht oberhalb der anaeroben Schwelle. Darüber hinaus können die Zonen bei der Entwicklung einer Renntaktik oder als Leitfaden für das Tempo an Renntagen dienen. Ein ausgewogenes Pacing ist entscheidend, um Ressourcen effektiv zu nutzen.


Dranbleiben oder reißen lassen? Rennen auf Zwift sind fast immer als hochintensive Einheit zu bewerten  - © Zwift

Ferner helfen die Zonen auch, die richtige Erholung zu planen, sei es während Ruhephasen zwischen Intervallen oder während Erholungsfahrten. Übermäßige Anstrengung in Erholungsphasen kann den Erholungsprozess beeinträchtigen. Schließlich gilt: Sollten Unsicherheiten bestehen, bietet die Zusammenarbeit mit einem professionellen Triathlon-Trainer eine umfassende Unterstützung, um alle Aspekte des Trainings zu optimieren und individuelle Ziele zu erreichen.

Serie: Radtraining im Winter:

>> Teil 1: Grundlagen Winterradtraining: Auf der Rolle, dem Spinningbike oder Outdoor durch die kalte Jahreszeit?

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>> Teil 5: Mit Zwift-Rennen an der Form feilen

>> Teil 6: Wie performe ich bei Zwift-Rennen am besten?