Sport bei Kälte: Volle Glykogenspeicher helfen

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 16.01.2016 um 12:05
Nur Profitriathleten können den kalten Temperaturen im Winterhalbjahr weitgehend entfliehen und sich unter südlicher Sonne für die neue Triathlonsaison fit machen. Die allermeisten Hobbytriathleten müssen hingegen im Heimtraining auch bei Schnee, Eis und Kälte tapfer weiter trainieren, um mit einer guten Form ins Frühjahr zu starten. Wenn es um Outdoor-Training bei Winterwetter geht, dann spielt auch die richtige Ernährung ein große Rolle. Wir haben darüber mit Caroline Rauscher gesprochen, die mit ihren individuellen Sporternährungs-Konzepten viele prominente Wintersportler aus dem Ausdauerbereich (u.a. der Nordische Kombinierer Eric Frenzel, Langläuferin Denise Herrmann und aus dem Biathlonlager Arnd Peiffer und Franziska Hildebrand) berät.

tri2b.com: Ab welcher Umgebungstemperatur hat die Kälte einen Einfluss auf das Ernährungsverhalten im Training und Wettkampf, bzw. ab wann ist eine Anpassung der Ernährung notwendig?
Caroline Rauscher (C.R.): Wenn die Außentemperatur so niedrig ist, dass der Athlet schon vor Beginn oder während der Belastung fröstelt, dann ist es sehr wichtig, das Augenmerk auf gut gefüllte Glykogenspeicher zu legen. In der Kälte entleeren sich diese leichter und beim Frösteln ist die Kohlenhydratoxidationsrate sogar um circa das sechsfache höher. Der Stoffwechsel verschiebt sich dann in Richtung Fettverbrennung, was bedeutet, dass die Leistung abfällt.

tri2b.com: Gibt es erfahrungsgemäß Unterschiede beim Energieverbrauch hinsichtlich der sportlichen Betätigung bei Kälte, also im Vergleich zwischen Radfahren, Laufen oder Skilanglauf?
C.R.: Natürlich kommt es auch unter Kältebedingungen drauf an, wie intensiv die einzelnen Disziplinen betrieben werden. Skilanglauf stellt eine Ganzkörperbelastung dar, deshalb liegt in der Regel der absolute Energieverbrauch hier höher. Dies muss bei der Durchführung des Trainings und in der Nachbereitung beachtet werden.

tri2b.com: Wie schaut die optimale Ernährung und Flüssigkeitsversorgung während eines Trainings, z.B. langer Dauerlauf über 2 Stunden oder Skilanglauf über 2 Stunden unter Kältebedingungen aus?
C.R.: Es ist wichtig auf die optimale Zufuhr von Flüssigkeit, Kohlenhydraten und Natriumsalzen zu achten. Die Trinkmenge und Natriumzufuhr hängt u.a. von der individuellen Schweißflussrate bei niedrigen Temperaturen ab und ob die Belastung zusätzlich noch in der Höhe stattfindet. Die Kohlenhydratmenge wird an die jeweilige Intensität angepasst. Je intensiver desto mehr. Beim Skilanglauf grundsätzlich mehr als beim Joggen, wegen der Ganzkörperbelastung. Die Zufuhrmengen richten sich neben der Intensität auch danach, wie sich der Athlet vor der Einheit ernährungstechnisch versorgt hat. Gleiches gilt für einen Wettkampf in der Winterkälte. Je länger und je intensiver die Belastung ist, desto entscheidender ist die die Versorgung mit Kohlenhydraten, Flüssigkeit und Natriumsalzen.

tri2b.com: Mittlerweile gibt es ein reichhaltiges Angebot an isolierten Flaschen und Behältern für den Radhalter und den Hüfttrinkgurt. Welche Trinktemperatur gilt als optimal?
C.R.: Die Temperatur der Getränke sollte bei 10-20 Grad Celsius liegen. Warme Getränke deshalb in diesen speziellen Thermogefäßen transportieren. Gels und Riegel außerdem möglichst nah am Körper tragen, damit diese nicht durch die Kälte hart werden.



Caroline Rauscher

Caroline Rauscher hat Pharmazie studiert, zahlreiche Weiterbildungen in den Bereichen Offizinpharmazie und Ernährung gemacht und bietet individuelle Sporternährungs-Konzepte an. Sie betreut mit ihrer Firma Nutritional-Finetuning (www.nft-sport.com) u.a. die Biathletin Andrea Henkel, Ski-Langläufer Tobias Angerer, Alpin-Star Viktoria Rebensburg sowie die Triathleten Andreas Böcherer, Julia Gajer, Daniela Sämmler, Stefan Schmid, Andi Giglmayr, Eva Wutti und Yvonne van Vlerken.

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tri2b.com: Welche Empfehlung gilt für die Vor- und Nachbereitung des Trainings bzw. Wettkampfes unter Kältebedingungen?
C.R.: Vor einem Wettkampf oder intensiverem Training ist es wichtig, dass der Athlet gut hydriert ist und die Glykogenspeicher in Leber und Muskulatur gut gefüllt sind. Auch während der Aufwärmphase sollte auf adäquate Kohlenhydrat- und Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. In der Regenerationsphase sollten ausreichend Kohlenhydrate, Eiweiß, Flüssigkeit und Mineralien zugeführt werden. Dies ist wichtig für die Befüllung der entleerten Speicher, sowie für die Aufrechterhaltung eines intakten Immunsystems, das ja gerade im der winterlichen Erkältungszeit Schwerstarbeit verrichten muss.

tri2b.com: Frauen frieren leichter. Gibt es auch geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich der Ernährung bei Sport unter Kältebedingungen?
C.R.: Bei Frauen ist in der Kälte die Dominanz des Fettstoffwechsels größer, als bei Männern. Auch sie sollten dieselben Ernährungsrichtlinien wie Männer befolgen, jedoch kann das Carboloading moderater gestaltet werden.