Training mit Zwift: Am Anfang steht der Leistungstest

von Sven Weidner für tri2b.com | 26.11.2023 um 21:29
Die Überzeugung, dass Training allein ausreicht, um sich zu verbessern, wird durch die Realität oft widerlegt. So kennt vermutlich jeder Triathletin oder Triathlet einen Freund oder Vereinskollegen, der wie ein Weltmeister trainiert, dessen Wettkampfleistung dem Trainingsaufwand aber nur selten gerecht wird. Denn selbst mit regelmäßigem Training ist der Fortschritt nicht zwangsläufig garantiert.

Ungezieltes Training kann dazu führen, dass notwendige Anpassungen ausbleiben oder sogar dazu, dass der Körper überfordert wird. Man spricht in diesem Fall von unter- bzw. überschwelligen Trainingsreizen. Hier kommt der entscheidende Wert der Leistungsdiagnostik ins Spiel. Diese ermöglicht eine präzise Analyse der individuellen Leistungsfähigkeit und legt einen klaren Fahrplan in Form von Trainingsbereichen fest. Erst auf dieser Grundlage sollte das geregelte Training gestartet werden, um die Effektivität zu maximieren und eine kontinuierliche Verbesserung zu gewährleisten. Die Leistungsdiagnostik dient somit als unverzichtbares Werkzeug, um das Training auf die persönlichen Bedürfnisse und Ziele auszurichten. Die gute Nachricht dabei ist, dass es im Zeitalter von Rollentrainern und Zwift noch nie so einfach war einen Leistungstest selbst daheim zu durchzuführen.

Serie: Radtraining im Winter:

>> Teil 1: Grundlagen Winterradtraining: Auf der Rolle, dem Spinningbike oder Outdoor durch die kalte Jahreszeit?

>> Teil 3: Wie trainiere ich auf Zwift in der richtigen Trainingszone?

>> Teil 4: Wie setze ich Zwift-Workouts sinnvoll in meinem Triathlon-Trainingsplan um?

>> Teil 5: Mit Zwift-Rennen an der Form feilen

>> Teil 6: Wie performe ich bei Zwift-Rennen am besten?

 

 

Der FTP-Test: 20 min All-Out – dann stehen die Trainingsbereiche

Da alle Smarttrainer wie z.B. der Zwift Hub einen Leistungsmesser integriert haben, bietet die Durchführung eines FTP-Tests an. Die Functional Threshold Power (FTP) definiert die Leistung, die eine Person für 60 Minuten am Limit fahren kann und soll laut Andy Coggan, dem Entwickler dieses Modells, der Leistung an der anaeroben Schwelle entsprechen.

Um seine FTP zu testen, benötigt man lediglich einen Wattmesser am Rad. Da 60 min Anschlagfahren vor allem auch eine „Kopfsache“ ist, bietet sich die 20 min-Variante des FTP-Tests an. Die durchschnittliche Leistung der 20 min „All-Out“, multipliziert mit dem Faktor 0,95, soll die 60-minütige Leistung vorhersagen.

Softwaretools wie Zwift bieten mittlerweile vordefinierte FTP-Test-Programme an, welche dann direkt als Leistungszonen übernommen werden. Neben dem automatischen Vorhandensein des Leistungsmessers beim smarten Rollentrainer bietet Zwift noch den Vorteil, dass kein Verkehr oder Ampeln den Test beeinflussen. Darüber hinaus werden Effekte von Wetter oder Topografie in der virtuellen Welt abgeschafft. All dies klingt zunächst nach einer eierlegenden Wollmilchsau, aber wir müssen darauf hinweisen, dass die Ergebnisse eines FTP-Test durchaus fehlerbehaftet sein können und die richtige Interpretation entscheidend ist.

 

Den erzielten Leistungswerten nicht blind vertrauen

 

Denn es gibt drei große Probleme im Zusammenhang mit dem FTP-Test:

  • Erstens gibt es einen Lerneffekt, wodurch die ersten Testergebnisse variieren können. Wobei die Leistung eher unterschätzt wird, da ein gleichmäßig hohes Pacing erst mit etwas Training erreicht wird. Grundsätzlich gilt aber, dass es besser ist die Leistungsfähigkeit zu unterschätzen als sie zu überschätzen, da die Auswirkungen von Übertraining deutlich schlimmer sind als eine etwas zu leichte Intensität.
  • Zweitens neigt der FTP-Test dazu, die 60-minütige Leistung zu überschätzen, sobald man das richtige Pacing gelernt hat. Dies ist wichtig im Hinterkopf zu behalten und den Faktor ggf. von 0,95 etwas nach unten zu korrigieren, falls das Training zu fordernd ist.
  • Drittens die Leistungsmessung ist im Vergleich zu einem Kurbelsystem je nach Rollentrainer sehr unterschiedlich und sollte nicht 1:1 auf das Straßenrad übertragen werden. Die gute Nachricht ist dazu allerdings, dass ein systematischer Fehler vorliegt und wir sicher und ohne Bedenken mit unseren Werten weiterarbeiten können, solange wir auf demselben Rollentrainer trainieren, auf dem wir unseren Test gemacht haben.

Der FTP-Test auf der Zwift-Plattform

Kommen wir nun zur Durchführung der Leistungsdiagnostik. Zwift bietet eine Vielzahl von Testprotokollen für Leistungsdiagnostik in seinen Workouts, darunter 4 FTP-Protokolle mit unterschiedlichen Warm-up-Phasen und 2 Stufentests.

© Zwift

Die Stufentests eignen sich besonders gut für Anfänger ohne vorherige Erfahrung bzw. mit wenig Ausdauer, da sie eine erste Orientierung bieten ohne zu fordernd zu sein. Es ist jedoch ratsam, bei Personen mit höherem Körpergewicht vorsichtig zu sein, da die Zielwerte der Tests möglicherweise zu niedrig angesetzt sind. Hier lohnt es durchaus direkt mit einem FTP-Test zu starten.

Bei den FTP-Protokollen sollte man seinen Favoriten hinsichtlich des Aufwärmens auswählen und das Training starten. Nach dem Training wird der ermittelte Wert als neue FTP übernommen und die Trainingszonen ohne manuelles eingreifen direkt angepasst. Dies macht das Training auf Zwift so easy to use.

Weiterhin empfiehlt es sich, diese Tests alle 1-2 Monate zu wiederholen, um die persönliche Leistungsentwicklung im Auge zu behalten und das Training entsprechend anzupassen. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Anpassung des Trainingsplans und eine gezielte Verbesserung der Leistung.

Serie: Radtraining im Winter:

>> Teil 1: Grundlagen Winterradtraining: Auf der Rolle, dem Spinningbike oder Outdoor durch die kalte Jahreszeit?

>> Teil 3: Wie trainiere ich auf Zwift in der richtigen Trainingszone?

>> Teil 4: Wie setze ich Zwift-Workouts sinnvoll in meinem Triathlon-Trainingsplan um?

>> Teil 5: Mit Zwift-Rennen an der Form feilen

>> Teil 6: Wie performe ich bei Zwift-Rennen am besten?