Svenja Thoes: Für Rang 20 reise ich nicht nach Hawaii

Harald Eggebrecht für tri2b.com | 10.10.2023 um 13:52
Vor sieben Jahren stand Svenja Thoes in Kona ganz oben auf dem Ironman-Thron. Gleich bei ihrer zweiten Triathlon-Langdistanz triumphierte die gebürtige Saarländerin in der Agegroup 25-29 und wäre damit auf Rang 15 bei den Profis gelandet. Seit dem Jahr 2017 startet die Flugbegleiterin mit einer Profilizenz, ein Jahr darauf folgte auf Cozumel der erste Ironman-Profisieg. Die 2022er Saison war das bisher erfolgreichste Jahr der 32-Jährigen, die gleich drei Ironman-Siege (Ironman France, Ironman Irland und Ironman Italy) feiern durfte. Auf einen Start beim Ironman Hawaii verzichtete sie allerdings im Vorjahr. 2023 folgt für Svenja Thoes die Rückkehr ins Triathlon-Mekka auf Big Island.

tri2b.com: Du kennst den Ironman Hawaii als Agegrouperin und als Profiathletin. Wenn du deine bisherigen Starts 2016 und 2019 vergleichst, was ist anders als Pro und was ist vergleichbar?
Svenja Thoes (S.T.): 2016 war der Ironman Hawaii meine zweite Langdistanz. Da war alles total neu und spannend für mich. Entsprechend habe ich auch tatsächlich alles mitgemacht was es da so gab in der Kona-Raceweek. Von der Nationenparade bis zum Underpants Run, dazu noch allerlei Besichtigungen. 2019 habe ich mir im Vorfeld dann selbst einen riesengroßen Druck gemacht, mit dem Ergebnis das eigentlich gar nichts so richtig geklappt hat. Die Vorbereitung lief super und er Wettkampf war dann Mist.

tri2b.com: Im Vorjahr hast du den Qualislot nicht angenommen, da du den finanziellen Drahtseilakt nicht auf dich nehmen wolltest. War dein Start in diesem Jahr außer Frage, nachdem du die Qualifikation schon beim Ironman Italy im Frühherbst 2022 geschafft hattest?
S.T.: Ich wollte auf jeden Fall nochmal nach Kona zurückkehren und war dann ganz froh, dass ein paar Partner mich dieses Jahr für die Reise zum Ironman Hawaii 2023 unterstützt haben. Entsprechend bin ich sehr dankbar jetzt wieder hier sein zu dürfen.

tri2b.com: Wie stellt sich aktuell die Sponsorensituation bei dir dar? immerhin hast du im Vorjahr drei Ironman-Rennen gewinnen können und dazu noch weitere Topplatzierungen eingefahren?
S.T.: Ich hätte mir das tatsächlich ein bisschen anders vorgestellt und gehofft, dass sich die Sponsorensituation mit meinen Erfolgen ad hoc verbessern wird. Was aber nicht der Fall war. Meine bisherigen Sponsoren sind bei der Stange geblieben, ansonsten aber kam niemand groß dazu.

tri2b.com: Du hast nach der superstarken 2022er Saison in diesem Jahr einige gesundheitliche Probleme bzw. wurdest von Verletzungen ausgebremst. Mit welchen Erwartungen gehst du auf Hawaii ins Rennen?
S.T.: Es war in dieser Saison ein bisschen wie eine Achterbahnfahrt, mit allerlei On an Offs. Entsprechend sind die Erwartungen nicht so hoch wie 2019, als in der in der Vorbereitung alles perfekt lief. Von daher ist es vielleicht gar nicht so schlecht mit eher etwas gedämpften Erwartungen ins Rennen zu gehen.

tri2b.com: 2019 warst du trotz deines selbsterklärten „Mistrennens“ auf Rang 20 platziert. Was ist an einem echten Sahnetag für dich bei der Ironman WM drin?
S.T.: Wie schon gesagt bin ich 2019 vor allem an meinem eigenen Erwartungsdruck gescheitert. Von daher habe ich die Hoffnung, dass es diesmal definitiv besser wird. Für Rang 20 reise ich nicht nach Hawaii, das ist nicht meine Intuition.

tri2b.com: 2022 hattest du einen regelrechten Lauf mit den drei Ironman-Siegen. War rückblickend die Gesamtbelastung mit insgesamt sechs Langdistanzen nicht zu hoch?
S.T.: Deine Frage trifft es auf den Punkt. Die Saison 2022 war sehr zehrend und ich bin auch der festen Überzeugung, dass diese Belastung immer noch in meinem Körper steckt. Das lässt sich jetzt für Kona nicht mehr ändern. Aber ich hoffe, dass ich nächstes Jahr nochmal mit voller Energie richtig aufgeladen in die Saison 2024 starten kann.

tri2b.com: In der Saison 2024 findet die Ironman WM der Frauen in Nizza statt, wo du 2022 den Ironman France gewinnen konntest. Überwiegt die Freude, dass die Ironman WM dort ausgetragen wird, oder würdest du dir eine baldige Rückkehr zum klassischen Modus wünschen?
S.T.: Ich finde es ehrlich gesagt super, dass die Wettkampforte der Ironman-WM jetzt variieren, mit einem Jahr in Nizza und einem Jahr in Kona. So bekommen unterschiedliche Typen von Athletinnen und Athleten ihre Chance auf ein starkes WM-Ergebnis. Es wäre großartig, wenn Männer und Frauen dann jeweils zwei Wettkampftage direkt hintereinander an einem Wettkampfort hätten. Wenn dies von der Logistik her aber nicht funktioniert, dann muss man das so akzeptieren.

tri2b.com: Du trainierst viel in St. Moritz und hast dort sicher auch ein Blick auf Athletinnen wie Daniela Ryf oder Laura Philipp, die zum Kreis der Sieganwärterinnen zählen. Wer ist für dich die Topfavoritin auf den Sieg?
S.T.: Daniela Ryf darf man meiner Meinung nach nicht unterschätzen, sie ist echt eine Granate. Wenn sie einen Sahnetag hat, dann ist da sehr viel drin. Ansonsten würde ich der Anne Haug einen guten Lauf am Samstag wünschen. Sie hat die Altersgrenze sehr nach oben gelegt und zeigt mit ihren 40 Jahren immer noch die Leistung wie Athletinnen, die 10 oder 15 Jahre jünger sind. Das imponiert mir. Und weil wir schon bei jungen Athletinnen sind. Da steht hinter Taylor Knibb als absoluter Ironman-Neuling ein riesengroßes Fragezeichen. Allerdings haben erst im letzten Jahr Gustav Iden und Chelsea Sodaro eindrucksvoll gezeigt, dass man als Kona-Rookie gleich ganz vorne am Alii Drive ankommen kann. Von daher ist alles drin und es wird auf jeden Fall superspannend.