Ironman Hawaii: Lucy Charles-Barclay triumphiert auf dem Alii Drive vor Anne Haug und Laura Philipp
Viermal war Lucy Charles-Barclay zuvor schon Zweite beim Ironman Hawaii, doch nie wollte es mit einem Sieg klappen im hawaiianischen Triathlon-Mekka. Zweimal war Daniela Ryf vor ihr am Alii Drive im Ziel, je einmal Anne Haug und Chelsea Sodaro. Doch diesmal sollte das Rennen anders verlaufen, sowie zuvor auch schon ihre Vorbereitung. Die Britin hatte sich nach ihrem im Frühsommer erlittenen Mittelfußbruch daheim in ihrer Londoner Heimat auf den Showdown in Kona vorbereitet. Aufgrund der Verletzung hatte sie auch in diesem Jahr noch keine Langdistanz in den Beinen und ging somit wohl auch etwas ausgeruhter wie die Konkurrenz ins Rennen.
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Charles-Barclay macht sich früh auf und davon
Entsprechend legte Charles-Barclay in ihrer Paradedisziplin Schwimmen auch gleich im Highspeed-Gang los. Kaum war der Rauch der Startkanone verflogen, da war die 30-Jährige auch schon einige Körperlängen vor der Konkurrenz, die sich ebenfalls schnell in mehrere Gruppen aufteilte. Die Britin sollten sie in den nächsten acht Stunden nur noch an den Wendepunkten zu sehen bekommen, die am Ende nach 49:36 min mit 1:40 min Vorsprung vor der ersten Verfolgergruppe, in der neben den Schwimmspezialisten um Lauren Brandon auch die zum Kreis der Mitfavoriten zählende Taylor Knibb mit dabei war. In der dritten Gruppe (Rückstand gut 4 min) waren dann die eigentlichen Favoritinnen unterwegs. Dort etwas vorweg die Titelverteidigerin Chelsea Sodaro, knapp dahinter Daniela Ryf und Anne Haug. Nicht mitschwimmen in dieser Gruppe konnte Laura Philipp (7 min zurück), die sich eine Gruppe dahinter zusammen mit Svenja Thoes abmühte.
Littering-Penalty für Knibb - Philipp gelingt der Anschluss
Auf dem Queen Kaahumanu Highway ging dann die One-Women Show von Charles-Barclay weiter, die ihren Vorsprung schon in der ersten Stunde auf dem Rad ausbauen konnte. Die erste und zugleich alleinige Verfolgerin war Taylor Knibb, die sich früh von ihren Schwimmmitstreiterinnen löste und von nun an im „Niemandsland“ durch die Lavafelder von Big Island fuhr. Die meisten Probleme schien die US-Amerikanerin mit den unhandlichen Supermarkt-Wasserflaschen zu haben, die den Athletinnen an den Aidstations gereicht wurden. Mehrmals entglitt ihr eine dieser Flaschen. Irgendwann gab es dann „Gelb“ wegen Littering. Die 1 min Zeitstrafe konnte sie aber nicht im Penaltyzelt in Hawi absitzen, da man dort noch nicht vorbereitet war. So pendelte sich der Abstand zwischen Charles-Barclay und Knibb bei 2-3 min ein.
Weiter hinten schaffte es Laura Philipp mit großer Kraftanstrengung auf den ersten 50 Radkilometern die Lücke zur großen Gruppe, um Ryf und Haug, zu schließen. Kaum war die Deutsche dran, gab es dort eine erste echte Attacke. Ryf erhöhte noch vor Kawaihae, wo es vom Queen Kaahumanu-Highway 19 auf den schmäleren 270er Highway hinauf nach Hawi geht, deutlich ihre Wattzahl.
Allerdings mit fast 8 min Rückstand an der Wendemarke in Hawi nach knapp 100 km. Der Schweizerin saß außerdem die ebenfalls stark fahrende Gruppe mit Lisa Norden an der Spitze im Nacken. Auf der Abfahrt von Hawi hatte Ryf dann eine Schwächephase und wurde von der Dreiergruppe mit Norden, Philipp und McCauley überholt, schaffte später aber wieder den Anschluss und erreichten so gemeinsam die zweite Wechselzone. Anne Haug musste sich dahinter alleine dem Gegenwind entgegenstemmen und wechselte mit über 12 min Rückstand auf die Spitze in den Marathon.
Wie schnell kann Charles-Barclay laufen?
Viel war über die verletzungsbedingten fehlenden Laufkilometer bei Lucy Charles-Barclay diskutiert worden. Auf den ersten Laufkilometern entlang des Alii Drive war davon nichts zu sehen. Im Gegenteil. Die Britin baute ihren Vorsprung auf Knibb weiter aus, die zuvor noch ihre Penalty-Minute obendrauf bekam. Und auch Philipp und Haug konnten auf den ersten 10 km nur wenige Sekunden gutmachen. Am schnellsten war trotzdem Haug unterwegs, die den Anstieg in der Palani Road deutlich aggressiver als Philipp in Angriff nahm und anschließend auf dem Queen K-Highway durch das forcierte Tempo sehr bald die Heidelbergerin im Blickfeld hatte. Meter um Meter machte die Siegerin von 2019 nun gut, bis sie auf halben Weg in Richtung Energy Lab Philipp stehen ließ und diese zunächst ihren Podiumsplatz abgeben musste.
Haug schnappt sich Knibb ausgangs des Energy Lab
Als es ins Energy Lab ging zeigte auch Charles-Barclay erstmal deutliche Ermüdungserscheinungen, mit dem Ergebnis, dass Haug nun plötzlich richtig Zeit gutmachte. Die noch dazwischenliegende Knibb streifte sich derweil ihren Einteiler ab, um einerseits den Hitzestau etwas zu beseitigen und einen Toilettengang vorzubereiten. Durch den Dixi-Stopp schmolz das Zeitpolster auf Haug nochmals weiter zusammen, die ausgangs des Energy Labs aufschließen konnte und ebenso schnell vorbeizog und nun nur noch die führende Britin vor sich hatte.
Die Leaderin mobilisierte auf dem Rückweg in Richtung Kona allerdings nochmals die letzten Kräfte, um die Pace einigermaßen aufrecht zu erhalten. Diese Kraftanstrengung war ihr auch im Gesicht nun deutlich anzusehen, dass sich mehr und mehr gespenstisch weiß ihrem Trisuit anglich. Das Zeitpolster schmolz auch noch weiter zusammen, doch näher als bis auf drei Minuten kam Haug nicht mehr heran.
Dahinter gab es aber noch einen Positionswechsel. Da die immer müder werdende Knibb nun mehrmals zwischen Geh- und Laufmodus hin und her wechselte, konnte Philipp ihren Rückstand nun schnell verkürzen und ohne Gegenwehr der US-Amerikanerin, die sogar brav Beifall zollte, vorbeiziehen und sich nach den zwei vierten Plätzen endlich den Kona-Podiumsplatz holen.
Die O-Töne von Haug und Philipp im hr-Interview
Anne Haug: „Ich bin sehr müde, aber überglücklich. Nach dem Schwimmen war ich in einer perfekten Ausgangsposition. Auf dem Rad war ich dann nach Hawi aber auf mich allein gestellt. Es war schön, endlich einmal richtig Energie im Laufen zu haben. Der Laufrekord freut mich sehr, da mir das Laufen so am Herzen liegt. Ich freue mich auch sehr für Laura Philipp, die es endlich nach ihren vierten Plätzen aufs Podium geschafft hat.“
Laura Philipp: „Es war sehr emotional. Ich musste sehr kämpfen. Das es jetzt mit dem Podium geklappt hat ist richtig toll und macht mich stolz. Selbst ein vierter Platz wäre in diesem Feld keine Schande gewesen. Aber jetzt mit dem Lorbeerkranz und Lucy und Anne das Podium zu teilen ist natürlich eine super Sache. Ich war mir nicht sicher, dass ich Taylor Knibb noch holen kann. Ich musste beim Radfahren am Anfang viel investieren, um die Gruppe zu erreichen. Das Laufen war dann ein bisschen eine Wundertüte.
Hinter dem deutschen Duo, die damit erstmals in der Kona-Geschichte für zwei deutsche Frauenpodiumsplätze sorgten, lief Knibb auf Rang vier ein, gefolgt von Daniela Ryf. Dahinter schob sich mit einem starken Marathon die entthronte Vorjahressiegerin Chelsea Sodaro noch bis auf Rang sechs nach vorne.
Svenja Thoes auf Rang 14, Laura Jansen auf Rang 19
Drittbeste deutsche Athletin war Svenja Thoes auf Rang 14, die im Marathon noch einige Plätze gutmachen konnte. Ebenfalls in die Top 20 ging es für Laura Jansen bei ihrer Hawaii-Premiere. Die Heidelbergerin wurde 19te. Knapp dahinter folgten Laura Zimmermann (22.) und Leonie Konczalla (24.). Daniela Bleymehl kam auf Rang 33 ins Ziel.