Ironman 70.3 Oceanside: Leo Bergere und Tamara Jewett gewinnen spannende Rennen in Kalifornien

von Sven Weidner & Harald Eggebrecht für tri2b.com | 01.04.2023 um 19:58
Während die Kanadierin Tamara Jewett nach dem Schwimmen einem Rückstand hinterherfahren musste und diesen in den Laufschuhen zu einem souveränen Sieg ummünzen konnte, musste Léo Bergère, nachdem er den ganzen Tag an der Spitze gelegen hatte, zum Ende des Halbmarathons noch einmal richtig zittern. Denn Der US-Amerikaner Jason West hatte sich mit dem schnellsten Halbmarathon des Tages (1:07:41) ganz nah an den Franzosen, der im Vorjahr die World Triathlon Championship Series gewann, heran geschoben. Auf Platz drei landete der entthronte Titelverteidiger Jackson Laundry aus Kanada.Bei den Frauen komplettieren die US-Amerikanerin Chelsea Sodaro, die heute nicht ganz ihre Hawaii-Laufperformance abrufen konnte, und die Britin Kat Matthews das Podest.

Ein klarer, aber kühler Morgen empfing das Ironman 70.3-Starterfeld am Oceanside Harbour. Entsprechend heiß ging es gleich nach dem Startsignal zur Sache. Wie erwartet drückte Léo Bergère gleich richtig aufs Tempo. Über die 1,9 Schwimmkilometer konnten nur der US-Amerikaner Ben Kanute und Nicholas Quenet (RSA) dem Franzosen direkt an den Fersen folgen. Mit etwas Abstand folgten die Mitfavoriten: Jason West (USA) +0:12 min, Vorjahressieger Jackson Laundry (CAN) + 1:20, Miki Tagholt (DEN) + 1:22, Sam Long (USA) + 1:56.

Sam Long brettert durchs Feld

Auf dem Rad schloss West sofort die kleine Lücke zur Spitze. Die Vierergruppe lag nach 20 km eine gute Minute vor den Verfolgern, die bereits von Long, gefolgt von Laundry, angeführt wurde. Im weiteren Verlauf rückte das Spitzenfeld noch weiter zusammen. Zur Halbzeit der Raddistanz, bevor es in den hügligen Abschnitt der Radstrecke ging, lagen acht Athleten innerhalb von einer halben Minute.

Anschließend konnte sich Long, mit Bergère, Laundry und Kanute im Schlepptau etwas absetzen von West und dem Briten George Goodwin. Auf den letzten Kilometern zurück nach Oceanside gelang es dann Goodwin die Lücke nach vorne zu schließen, während Kanute auf den finalen Radkilometern dem Tempo an der Spitze nicht mehr folgen konnte.

Léo Bergère im Halbmarathon von vorne, Jason West der schnellste Läufer

Long verließ die T2 nach einem gewohnt starken Radfahren als Leader. Bergère folgte ihm jedoch direkt auf dem Fuß, während Laundry und Goodwin etwas Zeit in der Wechselzone liegen lassen haben. Im abschließenden Halbmarathon war es dann allerdings schnell um „the big unit“ geschehen. Schon innerhalb des ersten Kilometers zog Bergère an Long vorbei und baute seinen Vorsprung kontinuierlich auf die ersten Verfolger aus. Ab Kilometer 6 zeichnete sich zunehmend ab, dass West die besten Läuferbeine im Männerfeld hat. Er konnte 10s/km auf den führenden Franzosen gut machen und auf das restliche Feld deutlich mehr. Dementsprechend lag der 29-Jährige bald auf Podestkurs . Doch damit gab er sich nicht zufrieden. Er knabberte Sekunde um Sekunde von Bergères Vorsprung ab, sodass es rechnerisch zum Überholmanöver kurz vor dem Ziel kommen sollte.

Doch als der Amerikaner den Franzosen schon beinahe in Griffweite hatte, konnte dieser in bester Kurzdistanzmanier das Tempo noch einmal deutlich steigern. Mit nervösen Blicken über die Schulter versicherte sich der Franzose über den gesamten letzten Kilometer, dass West nicht in Schlussspurtdistanz gekommen ist. Nach 3:45:25 Stunden überquerte der 26-jährige Franzose als Erster die Ziellinie, während West (3:45:37) sich nach starkem Kampf mit Platz zwei zufriedengeben musste. Vorjahressieger Laundry (3:37:38) profitierte dahinter von einem langsamer werdenden Long und konnte sich mit einem guten Halbmarathon noch auf den dritten Platz nach vorne schieben.


Holly Lawrence versuchts mit einer Soloflucht

 

Bei den Frauen brannte Holly Lawrence gleich vom Start weg ein richtiges Feuerwerk ab. Die Britin löste sich schon auf den ersten Schwimmmetern vom Rest des Feldes und schwamm 1:39 min Vorsprung auf die ersten Verfolgerinnen Tamara Jewett (CAN) und Chelsea Sodaro (USA) heraus. Knapp dahinter wechselten die beiden weiteren Favoritinnen Paula Findlay (CAN) + 1:51 und Kat Matthews (GBR) +1:53 auf ihre Zeitfahrmaschinen.

Vom Vorsprung der Britin knabberten die Verfolgerinnen auf dem Rad Sekunde um Sekunde ab. Nach der Hälfte der Raddistanz lagen Findlay, Sodaro, Matthews und Jewett nur noch eine halbe Minute zurück. Auf dem Rückweg in Richtung Oceanside war Lawrence dann gestellt, so dass eine Vierergruppe innerhalb von wenigen Sekunden in die Laufschuhe wechselte. Nur Jewett ließ im Radfinale etwas abreißen und hatte eine gute Minute Rückstand auf das Führungsquartett.

 

Die Karten werden im Halbmarathon neu gemischt

 

Der Halbmarathonstart begann mit einer Ansage von Matthews an Lawrence, mit der sie Schulter an Schulter aus der T2 stürmte. Dahinter drohte für die beiden Britinnen jedoch direkt Ungemach, denn auf ihre Verfolgung machte sich niemand geringeres als die amtierende Hawaii-Siegerin. Sodaro spielte ihre Laufstärke auch direkt aus und schloss nach zwei Kilometern auf die führende Matthews auf. Diese musste nach 500 weiteren Metern einsehen, dass am heutigen Tage keine Chance besteht, mit Sodaro mitzulaufen.

Tamara Jewett mit superschnellem Halbmarathon zum Sieg

 Dahinter war es Jewett, die erst Lawrence überholte und weiter ein extrem hohes Tempo anschlug. Bei Kilometer 11,5 war es dann soweit, dass die Kanadierin die Amerikanerin einholte und auch direkt stehen ließ. Bis ins Ziel konnte Jewett ihr hohes Tempo halten und einen überragenden Halbmarathon (1:13:00), mit dem sie auch immer Männerfeld weit vorne gewesen wäre, mit dem Sieg (4:08:09 Stunden) veredeln. Hinter ihr kam Sodaro (4:09:31) als zweite Frau ins Ziel. Das Podium vervollständigte eine sichtlich gerührte Kat Matthews (4:12:27) nach ihrem gelungenen Comeback.