Triathlon-Laufräder: Aerodynamisch, leicht, pannensicher und gut zu bremsen

von tri2b.com | 30.09.2011 um 00:00
Laufräder im Rennrad- und Triathlonsport haben sich in den letzten 15 Jahren rasant entwickelt. In den 90er Jahren waren noch die klassischen 36- oder 32-Loch-Felge zumindest als Trainingslaufradsatz vertreten, in die die entsprechende Nabe eingespeicht wurde. Heute ist der Markt vom Einsteiger- bis zum Topmodell von den sogenannten Systemlaufrädern beherrscht: Nabenkörper, Speichen und Felge bilden eine Einheit, die vom jeweiligen Hersteller als Komplettpaket angeboten werden. Ähnlich wie der Lenker haben die Laufräder einen entscheidenden Einfluss auf das Fahrverhalten. Von den Auswirkungen auf den optischen Gesamteindruck des eigenen Rennboliden ganz zu schweigen.

Neben dieser für viele Triathleten sicher nicht ganz unwichtigen individuellen optischen Note, soll ein Wettkampflaufrad für den Triathlon vor allem schnell sein. Deshalb steht an erster Stelle der Funktionen auch die Aerodynamik, gefolgt vom Gewicht. Ebenso soll ein Laufrad aber möglichst pannensicher und gut zu bremsen sein.

Aerodynamik: Je höher die Geschwindigkeit, desto größer wird der Anteil der Energie, der zur Überwindung des Luftwiderstandes nötig ist. Das unumstößliche Gesetz des Luftwiderstands (Luftwiderstand = cw * A * Rho * v² (cw=Luftwiderstandsbeiwert, A = Stirnfläche des Radfahrers + Rad ; Rho =Luftdichte ; v= Geschwindigkeit) hat zur Folge, dass bei einer Verdoppelung der Geschwindigkeit, z.B. von 20 km/h Umherrolltempo auf 40 km/hm Zeitfahrtempo, sich der zu überwindende Luftwiderstand vervierfacht. Die dabei benötigte Leistung in (Luftwiderstand * Geschwindigkeit ) sogar verachtfacht. Bei höherem Tempo ab etwa 35 km/h nimmt die benötigte Leistung zur Überwindung des Luftwiderstands um die 80 Prozent der Gesamtleistung ein.

Top-Aerolaufräder der heutigen Generation können bei 40 km/h bis zu 10 Watt gegenüber herkömmlichen Standardlaufradlösungen einsparen. Bei höheren Geschwindigkeiten vergrößert sich die Einsparung noch weiter. Bezogen auf die Wattleistungen mit der durchschnittlich trainierte Triathleten (um die 200 Watt Durchschnittsleistung auf 180 km Ironman-Distanz; zum Vergleich: Topprofis fahren über die Ironman-Distanz um die 300 Watt) unterwegs sind, können mit strömungsgünstigem Laufradmaterial ungefähr 5 Prozent der erbrachten Wattleistung des Fahrers eingespart werden. Insbesondere auf eher flachen schnellen Kursen mit nur geringen Richtungsänderungen sorgen Aerolaufräder so für eine höhere erzielbare Durchschnittsgeschwindigkeit.

Thomas Leschik, Entwickler beim Carbon-Laufradspezialisten Lightweight bringt es den Punkt: „Hohe Felgen, ein möglichst schmales Profil und so wenig Speichen als möglich“ sind der Garant für eine gute Aerodynamik. Allerdings hat auch die verwendete Gabel entscheidenden Einfluss auf das aerodynamische Gesamtergebnis. Ein Trend der sich aktuell auch in windschnittigen Gabelformen der Zeitfahrmaschinen widerspiegelt. Am Hinterrad stellt nach wie vor ein Scheibenrad die aerodynamisch günstigste Variante dar. Die Ausnahme sind bergige Kurse und starker Seitenwind. Wie viel Zeitgewinn die durch die Aerolaufräderräder eingesparte Leistung nun über 180 km in einem Ironman bedeutet, hängt natürlich vom Gesamtsystem Fahrer und komplettem Rad ab. Hochgerechnet könnten am Ende aber bei einem Fünfstunden-Fahrer (Durchschnittsgeschwindigkeit 36 km/h) mit einem Top-Aerolaufradsatz 5 Minuten Zeitersparnis drin sein, so Leschik.

Gewicht:
Bezogen auf das sogenannte Systemgewicht: Fahrer und Rad zusammen (Beispiel: Fahrer 75 kg/Rad komplett mit Trinkflaschen etc. 9 kg = 84 kg) sind die Optimierungsmöglichkeiten (Gewicht normaler Standardlaufradsatz ca. 1.800 g/ Gewicht sehr leichter Laufradsatz 1.000-1.200g) unter einem Prozent. Allerdings rotieren die Laufräder im Vergleich zu den anderen verbauten Komponenten am Rad und müssen bei jedem Antritt von neuem beschleunigt werden. Superleichte Laufräder nehmen deshalb auf bergigen Kursen direkt Einfluss auf die Leistung, ebenso auf winkligen Stadtkursen mit beispielsweise 180-Grad-Wenden oder bei schnellen Antritten, wie sie bei Rennen mit Windschattenfreigabe mehrmals innerhalb eines Rennverlaufs vorkommen.

Pannensicherheit und Langlebigkeit:
Dies ist natürlich in erster Linie eine Frage der Reifenwahl (Thema folgt), wobei die Grundausrichtung aber mit der Wahl der Felgenform – Clincher (Draht- bzw. Faltreifenfelge) oder Tubular (Schlaufreifenfelge) - festgelegt wird. Während bei den klassischen Trainingslaufrädern heutzutage zumeist Faltreifen zum Einsatz kommen, sind viele der hochwertigen Carbonlaufräder nur mit Schlaureifen zufahren. Neuerdings kommen zwar immer mehr Carbonläufräder auf den Markt, die zwischen ihren hohen Felgenhörnern Schlauch und Drahtreifen aufnehmen können. Allerdings haben diese neben dem höheren Gewicht einen entscheidenden Nachteil: Die Notlaufeigenschaften sind im Falle einer Panne (insbesondere bei einem plötzlichen Druckverlust) auf einer Schlauchreifenfelge wesentlich besser, als bei der Drahtreifenversion. Der Schlauchreifen legt sich über die Carbonfelge, die mit ihrer abgeflachten Form zudem wesentlich unempfindlicher ist. Bei einem Drahtreifen ist ein Weiterfahren unmöglich, beziehungsweise ist ein Carbon-Clincher-Laufrad meist schrottreif. „Die Carbonstruktur an den hohen Felgenhörnern bricht dann sehr schnell aus“. weiß Oliver Kiesel, der bei der Friedrichshafener Firma Lightweight für die Serviceabwicklung von defekten Laufrädern verantwortlich ist. Ex-Radprofi Jörg Ludewig, der im gleichen Haus für den Vertrieb der superleichten Laufräder zuständig ist, rät deshalb bei Vollcarbonlaufrädern zur Schlaufreifenvariante mit Pannenschutzmilch. Diese dichtet fast immer so gut ab, dass man zumindest von der Trainingsrunde mit genügend Druck im Reifen Zuhause an kommt.

Bremssicherheit:
„Wer bremst verliert“ ist ein altes Sprichwort, dass auch heute immer wieder an den Triathlonstammtischen zu hören ist. Zeitgemäßer wäre, „wer falsch bremst verliert“. Dies gilt ganz besonders für Laufräder mit Carbonbremsflanken. Aufgrund der Hitze wandernde Reifen oder sich auflösende Laminatstrukturen sind Horrormeldungen, die immer mal wieder in diversen Radforen zu lesen sind. Besonders groß ist diese Problematik bei langen und steilen Passabfahrten. Auf den allermeisten Triathlon-Radstrecken kommt aufgrund des wesentlich flacheren Streckenprofils diese Problematik weit weniger zum tragen. Abhilfe schafft zudem technisch richtiges Bremsen; dabei sind unbedingt die empfohlenen speziellen Bremsbelege des Herstellers zu verwenden und eine regelmäßige Reinigung (nach jeder Regenfahrt) der Bremsbelege von Fremdkörpern gehört dazu. Werden die Empfehlunge beherzigt, dann lässt sich auch ein Vollcarbonlaufrad gut und sicher bremsen, sind sich Ludewig und Kiesel einig.

Insbesondere die Art des Bremsens hat Einfluss auf die störende Hitzeentwicklung. Carbon hat die Eigenschaft, dass es sehr schnell Reibungswärme aufnimmt, diese aber auch wieder sehr schnell abgibt. Kurzes, hartes Bremsen ist deshalb angesagt, anstatt ständigem leichten Dauerbremsen. Muss viel gebremst werden, wie bei Passfahrten oder einem Radmarathon, dann gilt es immer wieder einmal die Bremsen kurz aufzumachen oder je nach Fahrsituation Vorder- und Hinterradbremse getrennt, natürlich wohl dosiert, zu betätigen.