Kurzmeldung


Triathlonlenker Review: LeMond erkannte die Gunst der Stunde

von Stefan Drexl für tri2b.com | 18.01.2011 um 00:00
Seit Mitte der 80er Jahre experimentierte man im Triathlon mit aerodynamischen und bequemen Lenkern, um Aerodynamik und Komfort zu optimieren. Als Greg LeMond 1989 für das Zeitfahren der letzten Etappe nach Paris als Erster einen Aero-Aufsatz der Triathleten montierte und sich damit den Tour-Sieg sicherte, begann eine Erfolgsgeschichte.

LeMond stand nicht nur für aussergewöhnliche Trainingsmethoden, sondern auch für technischen Fortschritt unter den Profis und sorgte damit oft für Überraschungen und auch Innovationen. Als erster Profi hat er neben dem Triathlonlenker auch die Klickpedale an sein Rennrad geschraubt und damit für Aufsehen gesorgt. Beide Komponenten haben sich anschliessend durchgesetzt und sind bis heute beinahe perfekt weiter entwicklet worden. Jedoch gibt es nur ein Fahrradteil, dass in seiner Formgebung derart variabel gestaltet wurde: der Lenker. Seit LeMonds zweitem Tour-Sieg hat die Entwicklung von Triathlonlenkern und Aero-Aufsätzen sprunghaft zugenommen. Es gab eine Vielzahl von Formen bis man bei den heutigen Modellen angekommen ist.

Aerodynamisch günstig und komfortabel
Der Klassiker ist natürlich nach wie vor der Rennlenker mit den auf beiden Seiten nach vorne-unten verlaufenden Bögen. Er ermöglicht die meisten Griffpositionen (5) und ist damit nicht nur ergonomisch günstig, sondern auch bei hohen Geschwindigkeiten aerodynamisch von großem Vorteil. Zusammen mit einem Aero-Aufsatz ist der Rennlenker damit der vielseitigste unter den Triathlonlenkern. Neben dem Griff am oberen geraden Teil, am oberen äusseren Bogen, auf den Bremsgriffen, im unteren Bogen und am Lenkerende, kommt durch den Aufsatz noch die sechste Möglichkeit hinzu, sich auf den Lenker mit den Unterarmen in die wahrscheinlich bequemste aller Positionen zu begeben.

Für Zeitfahrrennen gab es ab den achtziger Jahren eine verkürzte Variante des Rennlenkers. Bei den ersten Modellen wurde schlichtweg der untere Bogen verkürzt und der Lenker umgedreht. Mit einem niedrigeren Vorbau ergab sich so eine aerodynamisch günstigstere Haltung, die jedoch keine weitere Handhaltung zuliessen.

Bald wurden auch diese, sogenannten Hörnchenlenker, weiter entwickelt und es kamen eigens produzierte Modelle auf den Markt. Unter anderem waren diese Lenker schmaler, um den Luftwiderstand zu reduzieren. Aerodynamisch optimiert wurde die Sitzposition dann zusätzlich mit kleineren Vorderrädern und einer steil, nach vorne abfallenden Rahmengeometrie.

Die Erfolgsgeschichte des Triathlonlenkers
Mitte der 80er Jahre brachte „Scott“ einen Triathlonlenker auf den Markt, der wie aus einem Guss schien. Im vorderen Bereich des Vorbaus einem Rennlenker ähnelnd wurde der untere Bogen noch einmal nach innen vorne gezogen und weiter nach oben verlängert. Die Lenkerenden wurden durch eine Kunststoff-Brücke miteinander verbunden, an der später sogar die Schalthebel befestigen werden konnten.

Mit dem Scott sind auch die Schalthebel in das Blickfeld des Athleten gerückt. Verschiedenste Varianten wurden entwickelt, die erwähnte Brückenverbindung zwischen den Lenkerenden wurde anfangs für die Montage der regulären Schalthebel genutzt, für Probleme mit der Schaltgenauigkeit sorgten jedoch die langen Bowdenzüge. Ein ständiges Nachjustieren war meist die Folge, was auch die Drehgriffschaltung von Grip Shift nicht wirklich lösen konnte. Sie wurde auf das Lenkerende montiert und durch Handdrehung geschaltet. Durchgesetzt hat sich schliesslich aber die dritte Variante, der Lenkerendschalthebel. Ursprünglich bei Crossrennen eingesetzt, fand er bald auch Einsatz im Triathlon, wurde dann aber für kurze Zeit von den Verbänden wegen Sicherheitsbedenken verboten. Doch seit über zehn Jahren ist der Schalthebel die optimalste Lösung und wurde nahezu perfektioniert, in Funktion, Design und Material. Die einzige Alternative stellt die Brems-Schalthebel-Kombination dar, die jedoch nur an klassischen Rennlenkern verbaut werden kann.

Zu schnellen Zeiten, jedoch nur auf der Bahn, verhalf kurzzeitig der Obree-Lenker: Nach dem Tüftler und Ex-Stundenweltrekordler von 1993 und 1994 Graham Obree benannt, wurde dieser „Stummellenker“, der eine zwar aerodynamische, aber sehr unbequeme Position ermöglicht, von der UCI nach kurzer Zeit verboten. Straßentauglich wäre dieses Modell ohnehin nicht gewesen, dennoch hat es zu dem ein oder anderen Denkanstoß verholfen.

Der Hochauflieger wurde bereits bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta mehrfach verwendet und hat sich etabliert. Der Lenker, der die derzeit wohl aerodynamischste Position erlaubt, wurde erstmals von Chris Boardman eingesetzt und hat damit noch im September des selben Jahres einen neuen Stundenweltrekord von über 56 Kilometern eingebracht. Einziges Defizit ist das schwierige Steuerverhalten durch den Hochauflieger.

Weitere Modelle waren oder sind meist Variationen der oben genannten Triathlonlenker, doch alle haben oder hatten ein großes Ziel: die Sitzposition so aerodynamisch wie möglich und komfortabel wie nötig zu machen, damit der Fahrer seine Leistung optimal entfalten kann.